Der heute 64-jährige Familienunternehmer Bernd Matthes hat die Firmenübergabe an seine beiden Söhne Michael und Matthias Matthes von langer Hand geplant.

Der heute 64-jährige Familienunternehmer Bernd Matthes hat die Firmenübergabe an seine beiden Söhne Michael und Matthias Matthes von langer Hand geplant. (Foto: © Christian Lord Otto/NRW.BANK)

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Die Nachfolge solide finanzieren

Für Handwerksmeister ist der Rückzug aus dem eigenen Betrieb ein großer Schritt. Neben der Suche nach einem Nachfolger gilt es etliche finanzielle Fragen zu klären. Die NRW.Bank unterstützt sie dabei.

Der deutsche Mittelstand steckt mitten im Generationswechsel. Rund 227.000 Mittelständler wollen ihr Unternehmen bis Ende 2020 in neue Hände geben. Das ergab eine aktuelle Sonderauswertung des KfW-Mittelstandspanels 2018. Der Analyse zufolge haben mit 141.000 Betrieben fast zwei Drittel die Nachfolge bereits geregelt oder führen Verhandlungen mit dem Nachfolger. Weitere Chefs befinden sich in der Planungsphase. Viele Unternehmenslenker sind sich also mittlerweile sehr bewusst, dass sie die Weichen für ihre Firmennachfolge frühzeitig stellen müssen. Doch für eine Gruppe von 36.000 Inhabern wird die Zeit allmählich knapp. Sie haben sich so gut wie noch gar nicht mit der Übergabe ihres Unternehmens auseinandergesetzt. Dabei kann der Übergabeprozess bis zu fünf Jahre in Anspruch nehmen.

Nachfolge braucht Zeit

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Sowohl die Suche nach einem geeigneten Nachfolger und die Gestaltung des Übergabeprozesses wollen gut geplant sein. Denn auch im Handwerk gestaltet sich eine familieninterne Firmennachfolge immer häufiger als schwierig – entweder, weil keine Kinder da sind oder diese andere Pläne haben und das Familienunternehmen nicht führen möchten. Wenn niemand aus der Familie als Nachfolger zur Verfügung steht, muss die Zukunft des Unternehmens auf anderem Wege gesichert werden – etwa durch ein Management Buy-Out oder ein Management-Buy-In eines externen Handwerksmeisters.

Für einen gelungenen Nachfolgeprozess ist es wichtig, dass der amtierende Unternehmer die Stärken und Schwächen seines Unternehmens wie ein Finanzier bewertet und die Gelegenheit nutzt, Versäumnisse nachzuholen. Das kann zu Investitionen führen, die finanziert werden müssen. Vor dem Verkauf sollte der Übergeber dafür Sorge tragen, dass kein Investitionsstau vorherrscht. Denn das könnte einen potenziellen Übernehmer abschrecken und dazu führen, dass sich der erwartete Kaufpreis nicht durchsetzen lässt. Dabei lohnt es sich, die Hausbank möglichst früh ins Boot zu holen und auch nach Förderprogrammen zu fragen.

Finanzbedarf richtig abschätzen

Auch für den potenziellen Nachfolger ist die frühzeitige Auseinandersetzung mit der Finanzierungsfrage von entscheidender Bedeutung. Denn häufig geht es um deutlich größere Summen als den ausgehandelten Kaufpreis. In der Regel fallen zusätzlich Transaktionskosten an. Außerdem gilt es für den zukünftigen Unternehmer bereits vor dem Kauf im Blick zu haben, dass das Unternehmen über ausreichend Betriebsmittel sowie Finanzmittel für Ersatz- und Neuinvestitionen verfügt. Nur so lässt sich der Geschäftsbetrieb nachhaltig sichern.

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Als Förderbank bietet die NRW.BANK sowohl den Übergebern als auch den Übernehmenden von Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen vielfältige Lösungsmöglichkeiten zur Nachfolgefinanzierung an. Das Spektrum reicht von zinsgünstigen Darlehen über Haftungsfreistellungen bis hin zu Beratungsangeboten. Bei Übernahmen von wachsenden ertragreichen Unternehmen bietet sie auch Eigenkapitalprodukte an. In den Fördersprechtagen der NRW.BANK und den Beratertagen der Kammern vor Ort beraten die Fachleute der NRW.BANK zu Förderprodukten für konkrete Nachfolgevorhaben. Darüber hinaus bietet die NRW.BANK individuelle und kostenfreie Einzelberatungen mit dem "Blick einer Bank" an, analysiert Unternehmensunterlagen oder diskutiert mit den abgebenden Unternehmern als auch mit potenziellen Nachfolgern erste Lösungsansätze und Fördermöglichkeiten.

Mit Nachfolge Neuaufstellung anstoßen

Ein Beispiel, wie sich eine Firmennachfolge optimal gestalten lässt, ist die Matthes & Henze Siebdruck GmbH aus Iserlohn. Der heute 64-jährige Familienunternehmer Bernd Matthes hat die Firmenübergabe an seine beiden Söhne Michael und Matthias Matthes von langer Hand geplant. Beide Kinder wählten schon ihre Ausbildung so, dass sie später den Familienbetrieb fortführen können: Michael Matthes ist Siebdruckmeister, sein Bruder Matthias Medienfachwirt Print. Gemeinsam führen sie bereits die Geschäfte der Siebdruckerei.

Um den Betrieb im Zuge der Nachfolge strategisch neu aufzustellen, initiierte die Familie eine Potenzialanalyse mit externer Beratung und nahm auch die Förderberatung der NRW.BANK in Anspruch. Sie prüfte die Zahlen und Daten des Unternehmens aus Sicht einer Bank, gab Rückmeldung zur Analyse des Wettbewerbsumfelds und der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und beriet die Unternehmerfamilie in puncto öffentliche Fördermittel. Ergebnis dieser Prozesse war, dass sich die Matthes & Henze Siebdruckerei ein weiteres wichtiges Standbein aufgebaut hat. Neben den klassischen Druckaufträgen gehören jetzt bedruckte Frontfolien und Folientastaturen zum Portfolio der Druckerei. Damit verbinden die beiden Nachfolger die Tradition der Drucktechnik mit aktuellem Grafik-Know-how.  Im nächsten Jahr kann der Seniorchef Bernd Matthes beruhigt in Rente gehen – auch weil er sein Lebenswerk in guten Händen weiß.

Laut Mittelstandspanel sind derzeit vier von zehn Chefs mittelständischer Unternehmen älter als 55 Jahre. Mit ihnen nähert sich die Generation der Babyboomer dem Rentenalter. Als Arbeitgeber stehen sie für Millionen von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, die nur erhalten bleiben, wenn ihnen die Übergabe ihrer Unternehmen gelingt. Mit der NRW.BANK haben sie dabei in Nordrhein-Westfalen einen starken und unabhängigen Partner an ihrer Seite, der sie bei der Nachfolge-finanzierung umfassend unterstützt.

Der Autor Michael Stölting ist Mitglied im Vorstand der NRW.BANK.

Text: / handwerksblatt.de

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