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Trendwende bei Firmenpleiten

Betriebsführung

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist weiter rückläufig. Die Creditreform Wirtschaftsforschung geht aber davon aus, dass der Rückgang stagniert. Seit Jahren stabil ist das frühere Sorgenkind "Bau".

Seit Jahren sinkt die Zahl der Insolvenzen in Deutschland. Mit 19.900 Unternehmensinsolvenzen wurde 2018 der niedrigste Wert seit 1994 registriert. Zum Vergleich: In den Jahren 2003 und 2004 gab es jeweils noch fast 40.000 Firmenpleiten. So spektakuläre Fälle wie die Schlecker-Insolvenz gab es in diesem Jahr nicht. Allerdings zeichnet sich ab, dass der langjährige Rückgang in Zukunft gebrochen wird, das erklärte Volker Ulbricht, Hauptgeschäftsführer der Creditreform vor der Presse in Frankfurt.

Schwächere Wirtschaftsentwicklung bremst den weiteren Rückgang

"Die schwächere Wirtschaftsentwicklung im dritten Quartal 2018 bremste den weiteren Rückgang der Insolvenzzahlen in Deutschland, insbesondere der Unternehmensinsolvenzen", so Ulbricht. 2018 lag der Rückgang bei 1,2 Prozent, 2017 noch bei 6,6 Prozent. "Es wird aber aktuell auch sehr viel in Moll geblasen. Die Dinge sind nicht so düster wie sie wahrgenommen werden", betonte der Creditreform-Chef. Das Ende des Aufschwungszyklus sei keineswegs schon erreicht.

Viele "Zombie-Unternehmen" am Markt

Die Creditreform Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass die Insolvenzzahlen im kommenden Jahr auf dem jetzt erreichten Stand beharren werden. "Auch weil nicht wenige Unternehmen in Deutschland trotz guter Wirtschaftslage in den letzten Jahren fortwährend Verluste erwirtschafteten. "Zombi-Unternehmen" nennt Creditreform diese Firmen, die trotz negativer Ergebnisse nicht aus dem Markt ausscheiden, und beziffert deren Anteil am Markt auf 6,8 Prozent.

Stärkerer Rückgang bei Verbraucherinsolvenzen

Foto: © stylephotographs/123rf.comWie sieht es bei den Verbrauchern aus? Hier ging die Zahl der Insolvenzen stärker zurück als bei den Unternehmen. Creditreform zählt für 2018 insgesamt 68.600 Verbraucherinsolvenzen, 4,7 Prozent weniger als in 2017. Einen vergleichbar guten Wert gab es zuletzt 2005.

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Ausschlaggebend für die anhaltend positive Entwicklung sei die gute Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland. Die Arbeitslosenquote lag im Oktober auf dem niedrigsten Stand seit 1990. Die Bruttolöhne und -gehälter lagen im dritten Quartal um 2,7 Prozent höher als im Vorjahr.

Großer volkswirtschaftlicher Schaden

Foto: © CreditreformJede Insolvenz verursacht einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden, zahlreiche Gläubiger und Arbeitnehmer sind betroffen. Die durchschnittliche Schadenssumme 2018 allein bei den privaten Gläubigern, also Banken, Lieferanten und anderen Kreditgebern lag bei 915.000 Euro. Dazu kommt der Schaden für den Fiskus. Creditreform schätzt die Insolvenzschäden für dieses Jahr auf insgesamt 26 Milliarden Euro (2017: 228,3 Milliarden Euro).

Fast 200.000 Arbeitnehmer waren betroffen. Allein 5.000 Arbeitnehmer müssen durch die Insolvenz der Paracelsus-Kliniken um ihren Job bangen. Im Sommer übernahm ein Investor den privaten Krankenhausbetreiber. Außerdem haben die Kettler GmbH und mehrere Produzenten von Photovoltaikanlagen Insolvenz angemeldet. Mit der Frischback-Gruppe und der Bäckereikette "Karl" gab es auch größere Insolvenzfälle im Nahrungsmittelgewerbe.

Stark betroffen ist der Handel

Während sich im Handel die harte Konkurrenzsituation mit dem Onlinegeschäft in der Zahl der Firmenpleiten bemerkbar macht (4.300 Unternehmen, plus 0,2 Prozent), nahm die Zahl der Insolvenzen im Baugewerbe erneut ab (minus 2,3 Prozent). "Früher war der Bau das Sorgenkind, aber seit zehn Jahren zeigt sich die Branche sehr erholt und verzeichnet eine starke Eigenkapitalquote", berichtet Michael Bretz, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung. In relativen Zahlen sei der Bausektor mit knapp 3.000 Insolvenzen aber immer noch stark betroffen. 

Kritik an der Unternehmergesellschaft (UG)

Die meisten Pleiten gab es mit 11.310 Fällen aber wie die Jahre zuvor im Dienstleistungsgewerbe. Die Creditreform kritisiert in dem Zusammenhang die Rechtsform der Unternehmergesellschaft (UG). Diese wurde vor zehn Jahren als Gegengewicht zur britischen Limited geschaffen und ist als Mini-GmbH vor allem bei Dienstleistern und Freelancern sehr beliebt (71,5 Prozent). I

Im Baugewerbe firmieren nur 6,7 Prozent als UG. Die haftungsbeschränkte Rechtsform kann man schon mit einem Euro gründen, während man für eine GmbH mindestens 25.000 Euro Einlage benötigt. Ulbricht: "Die UG ist markant insolvenzanfälliger als alle anderen Rechtsformen."

Insgesamt stehe der Mittelstand – auch dank einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 30 Prozent – sehr stabil da. Ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen sei ein unwahrscheinliches Szenario.

Text: / handwerksblatt.de

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