Die Hilfen würden jetzt gebraucht, "weil sonst viele Betriebe den Lockdown nicht überleben werden", sagt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer.

Die Hilfen würden jetzt gebraucht, "weil sonst viele Betriebe den Lockdown nicht überleben werden", sagt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. (Foto: © alphaspirit/123RF.com)

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Überbrückungshilfe III wird vereinfacht

Betriebsführung

Die Überbrückungshilfe III wird vereinfacht und erweitert. Abschlagszahlungen werden auf 100.000 Euro verdoppelt, Wertverluste und Investitionen anerkannt. Betriebe und Selbstständige haben außerdem mehr Zeit, Corona-Hilfen zu beantragen.

Die kritischen Stimmen aus der Wirtschaft an den Corona-Hilfen des Bundes wurden in den letzten Wochen lauter. Die Hilfen erreichen die Betriebe weiterhin nur schleppend. Dazu kommen komplizierte Antragsverfahren und geänderte Rahmenbedingungen. 

Um den Betrieben und deren Steuerberatern mehr Luft zu verschaffen, hat der Bund die Fristen zur Antragstellung für die November- und Dezemberhilfen und die Überbrückungshilfe II verlängert. Bei der November- und Dezemberhilfe endet die Antragsfrist jetzt am 30. April 2021 (statt 31. Januar bzw. 31. März). Überbrückungshilfe II für den Zeitraum September bis Dezember 2020 kann jetzt bis 31. März 2021 beantragt werden. Ursprünglich lief die Antragsfrist bis 31. Januar.

Vereinfachung der Überbrückungshilfe III

Außerdem hat das Bundeswirtschaftsministerium am 19. Januar bekannt gegeben, dass die Überbrückungshilfe III vereinfacht und erweitert wird. Die maximale Fördersumme der Überbrückungshilfe III wird auf bis zu 1,5 Millionen Euro pro Unternehmen und Monat erhöht.

Künftig gebe es auch nur noch ein einheitliches Kriterium für die Antragsberechtigung, und zwar ein Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent im Förderzeitraum, erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

Wichtig für den Einzelhandel sei die Anerkennung weiterer Kostenpositionen. "So werden Wertverluste für unverkäufliche oder saisonale Ware als erstattungsfähige Fixkosten anerkannt. Auch können Investitionen für die bauliche Modernisierung und Umsetzung von Hygienekonzepten ebenso wie Investitionen in Digitalisierung und Modernisierung als Kostenposition geltend gemacht werden, wie zum Beispiel Investitionen in den Aufbau oder die Erweiterung eines Online-Shops", betonte Altmaier.

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"Existenzbedrohend für sehr viele unserer Betriebe"

"Wenn es lediglich darum ginge, über das Regelungswirrwarr Frust zu schieben, wäre das zwar ärgerlich, aber noch nicht bedrohlich", sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. "Aber längst ist das nicht mehr nur frustrierend, sondern existenzbedrohend für sehr viele unserer Betriebe." Die Hilfen würden jetzt gebraucht, "weil sonst viele Betriebe den Lockdown nicht überleben werden".

Neue Regeln seit Januar 

Seit Januar gelten nun andere Regeln als im Teil-Lockdown. Statt der Umsätze werden den Betroffenen bis zu 90 Prozent der Fixkosten erstattet. Dies läuft einheitlich über das Instrument der Überbrückungshilfe III, das ein spezielles November- und Dezember-Fenster vorsieht.

Komplizierte und wechselnden Antragsbedingungen mit nun auch noch strengeren Anforderungen an die Überbrückungshilfe erschweren das Verfahren für Betriebe und deren Steuerberater, die seit Wochen am Anschlag arbeiten.

November- und Dezemberhilfe 

Für Betriebe, die seit dem 2. November 2020 direkt oder indirekt von den Schließungen betroffen sind, zum Beispiel Kosmetiker, kann die November- und separat die Dezemberhilfe beantragt werden. Anträge auf die November- und Dezemberhilfe können noch bis 30. April 2021 gestellt werden. Eigentlich sollte die Frist für die Novemberhilfen am bis 31. Januar 2021 enden und für die Dezemberhilfen am 31. März 2021.

Erstattet werden bis zu 75 Prozent des Umsatzes bei direkt und indirekt betroffenen Unternehmen und Selbstständigen. Vorab gibt es eine Abschlagszahlung von bis zu 50.000 Euro. Auszahlungen der Novemberhilfe sollen ab 11. Dezember erfolgen, wann die Dezemberhilfe vollständig auszahlt wird, ist momentan noch offen

Überbrückungshilfe II

Die Überbrückungshilfe II umfasst die Fördermonate September bis Dezember 2020. Anträge hierfür sind noch bis 31. März 2021 über die IT-Plattform der Überbrückungshilfe möglich, zwei Monate länger als geplant. Außer bei Soloselbstständigen muss der Antrag über einen Prüfenden Dritten (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc.) gestellt werden. Für Verdruss sorgen momentan nachträglich geänderte Rahmenbedingungen nach der beihilferechtlichen Genehmigung der Regeln durch die Europäische Kommission.

Die Unternehmen müssen jetzt "ungedeckte Fixkosten" nachweisen, also dass sie tatsächlich Verluste gemacht haben. Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, geht davon aus, dass dadurch weniger Unternehmen als bisher angenommen Anspruch auf die Hilfsgelder haben. Wegen falsch gestellter Anträge könne es auch zu Rückzahlungen kommen.

Hilfen ab 16. Dezember

Für Betriebe, die vom  Lockdown ab 16. Dezember betroffen sind, aber keinen Zugang zur November- und Dezemberhilfe haben, ist ein November- und Dezemberfenster in der Überbrückungshilfe III gedacht.  Hier ist die Antragstellung voraussichtlich ab Anfang (Direktantrag Soloselbstständige) bzw. Mitte Februar (prüfende Dritte) möglich.

Seit 11. Dezember beträgt die Höchstgrenze der Abschlagszahlungen bei Anträgen über Prüfende Dritte (etwa Steuerberater) 50.000 Euro. Antragsteller, die bereits eine auf 10.000 Euro gedeckelte Abschlagszahlung erhalten haben, werden eine weitere Abschlagszahlung bis zum Höchstbetrag von 50.000 Euro erhalten. Mehr dazu hier

Überbrückungshilfe III und Neustarthilfe

Die Überbrückungshilfe III gilt von Januar bis Juni 2021 für alle Unternehmen. Sie erhalten nun einheitlich Zuschüsse zu betrieblichen Fixkosten. Die Höhe richtet sich nach der Höhe des Umsatzrückgangs. Bis zu 90 Prozent der Fixkosten werden übernommen. Der maximale Förderbetrag soll auf 1,5 Millionen Euro erhöht werden, das wurde am 19. Januar bekannt. Erstattungsfähig sind zum Beispiel der Aufwand für Personal bei Unternehmen, die keine Kurz­arbeit nutzen können, oder Finanzierungskosten, die nicht umsatzabhängig sind wie die Grundsteuer.

Auch Mieten und Pachten, Marketing- und Werbe-, Modernisierungs- und Renovierungskosten oder Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter werden anteilig übernommen.

Die Anträge werden über einen Steuerberater gestellt. Soloselbstständige können alternativ ­eine einmalige Betriebskostenpauschale in Höhe von 25 Prozent des Vergleichsumsatzes 2019 bis 5.000 Euro bekommen. Mit der Neustarthilfe für Soloselbstständige soll der besonderen Situation von Soloselbstständigen Rechnung getragen werden.  

Zurzeit ist die Antragsstellung noch nicht möglich.

Wesentliche Punkte der Einigung zur Vereinfachung der Überbrückungshilfe III vom 19. Januar 2021 (Quelle: BMWi)

  • Einheitliches Kriterium bei der Antragsberechtigung: Alle Unternehmen mit mehr als 30 Prozent Umsatzeinbruch können die gestaffelte Fixkostenerstattung erhalten. Es gibt keine Differenzierung mehr bei der Förderung nach unterschiedlichen Umsatzeinbrüchen und Zeiträumen, Schließungsmonaten und direkter oder indirekter Betroffenheit mehr.
  • Erweiterung der monatlichen Förderhöhe: Anhebung der Förderhöchstgrenze auf bis zu 1,5 MIllionen Euro pro Fördermonat (bisher 200.000 beziehungsweise 500.000), sofern beihilferechtlich zulässig. Fördermonate sind November 2020 bis Juni 2021.
  • Abschlagszahlungen: Abschlagszahlungen werden einheitlich gewährt bei der Überbrückungshilfe III nicht nur für die von den Schließungen betroffenen Unternehmen. Sie sind bis zu einer Höhe von bis zu 100.000 Euro für einen Fördermonat möglich statt bislang 50.000 Euro.
  • Anerkennung weiterer Kostenpositionen:

    • Wertverluste unverkäuflicher oder saisonaler Ware werden als erstattungsfähige Fixkosten anerkannt
    • Investitionen für die bauliche Modernisierung und Umsetzung von Hygienekonzepten ebenso wie Investitionen in Digitalisierung und Modernisierung können als Kostenposition geltend gemacht werden, wie beispielsweise Investitionen in den Aufbau oder die Erweiterung eines Online-Shops.

Aus dem Handwerk können unter anderem Unternehmen in folgenden Bereichen betroffen sein:

  • Messebauer
  • Messe- oder Veranstaltungscaterer
  • Metallbauer und Elektrotechniker, die zum Beispiel viel für Messen arbeiten
  • Konditoreien und Bäckereien mit hohem Café- oder Catering-Anteil
  • Fotografen
  • Maschinenbau
  • Feinwerkmechaniker
  • Automobilzulieferer
  • Hotelgewerbe, etwa Textilreinigung, Tischler/Innenausbau
  • Friseure und
  • Kosmetiker 

Vereinfachte Steuerstundung

Steuerzahler können bis 31. März 2021 bei ihrem Finanzamt unter erleichterten Bedingungen einen Antrag auf Steuerstundung stellen. Die Stundungen laufen bis 30. Juni 2021 und sind in der Regel zinsfrei. Anschlussstundungen sollen in einem vereinfachten Verfahren im Zusammenhang mit einer Ratenzahlung möglich sein, die bis zum 31. Dezember 2021 dauern kann. 

Teilabschreibung

Einzelhändlern und Handwerkern, die wegen der Schließungsanordnungen im Lockdown einen Wertverlust von Waren und anderen Wirtschaftsgütern erlitten haben, sollen Teilabschreibungen ermöglicht werden. 

Vollstreckungsmaßnahmen

Die Finanzämter sollen bis 30. Juni 2021 auf Vollstreckungsmaßnahmen, zum Beispiel Kontopfändungen oder Säumniszuschläge, verzichten, wenn die fällige Steuerzahlung auf die Corona-Krise zurückzuführen ist. ­

Vorauszahlungen

Betroffene können bis 31. Dezember 2021 vereinfachte Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen der Einkommens- und Körperschaftsteuer stellen. 

Steuererklärungsfrist 

Da die Steuerberater momentan durch die Anträge auf Corona-Hilfen oder das Kurzarbeitergeld rund um die Uhr ausgelastet sind, soll die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2019 bis 31. August 2021 verlängert werden. Ein Gesetzgebungsverfahren ist eingeleitet.

Text: / handwerksblatt.de

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