Parallel zur Bundesregierung hat die Europäische Kommission an einem Lieferkettengesetz gearbeitet und den Entwurf einer Richtlinie vorgelegt.

Parallel zur Bundesregierung hat die Europäische Kommission an einem Lieferkettengesetz gearbeitet und den Entwurf einer Richtlinie vorgelegt. (Foto: © Felix Pergande/123RF.com)

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EU-Lieferkettengesetz: ZDH befürchtet zusätzliche Belastungen für Betriebe

Nachdem 2021 das deutsche Lieferkettengesetz beschlossen wurde, liegt nun ein Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vor. Darin geht sie weiter als der deutsche Gesetzgeber. Das würde Betriebe zusätzlich belasten, sagt der ZDH.

Im Handwerk stieß das auf Bundesebene beschlossene Lieferkettengesetz (Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten) auf Skepsis. Ziel des Gesetzes ist, den Schutz von Menschenrechten zu verbessern. Besonders Kinderarbeit soll mit den neuen Regeln eingedämmt werden. Zusätzlich spielen Umweltaspekte eine Rolle, insofern sie sie zu Menschenrechtsverletzungen führen beziehungsweise dem Gesundheitsschutz dienen. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) warnte vor zusätzlichen bürokratischen Belastungen für Handwerksbetriebe und forderte Verhältnismäßigkeit. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens seien zwar Änderungen im Sinne des Handwerks erreicht worden, aber erst nach Inkrafttreten des Gesetzes Anfang 2023 werde sich zeigen, welchen bürokratischen Aufwand es für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verursachen wird.

Parallel zur Bundesregierung hat die Europäische Kommission an einem Lieferkettengesetz gearbeitet und Ende Februar den Entwurf einer Richtlinie vorgelegt. Nach Einschätzung des ZDH geht der Entwurf deutlich über die auf Bundesebene gefassten Regelungen hinaus und würde die Betriebe zusätzlich belasten. Auch hier geht es um die Achtung der Menschenrechte und der Umwelt. Adressiert werden alle EU-Betriebe mit mindestens 500 Beschäftigten und einem jährlichen Umsatz von mindestens 150 Millionen Euro beziehungsweise Unternehmen, die in bestimmten ressourcenintensiven Branchen (Herstellung von Kleidung, Leder, Schuhen sowie Großhandel mit Textilien, Kleidung und Schuhen) tätig sind und mehr als 250 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von mindestens 40 Millionen Euro weltweit haben.

KMU-Ausnahme läuft ins Leere

Solche Betriebe müssen laut EU-Kommission auf Grundlage eines Verhaltenskodexes einen Präventionsplan erstellen. Sie sollen die Sorgfaltspflicht zum zentralen Bestandteil ihrer Unternehmenspolitik machen und tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt ermitteln, um beides abzustellen oder auf ein Minimum zu reduzieren. Außerdem sollen sie ein Beschwerdeverfahren einrichten, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht kontrollieren und öffentlich über die Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflicht kommunizieren. Bei Verstößen und fahrlässiger Handlung sieht die Kommission sowohl eine zivilrechtliche Haftung des Betriebs als auch eine persönliche Haftung der Betriebsinhaber vor. Die zivilrechtliche Haftung entfällt, wenn Unternehmen von all ihren direkten und indirekten Geschäftspartnern Erklärungen einfordern, dass sie die Regeln des Kodexes einhalten.

KMU mit weniger als 250 Mitarbeitern sind zwar über eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, müssen aber auch allen direkten und indirekten Geschäftspartnern vertragliche Zusicherungen geben. Nach Ansicht des ZDH läuft die Ausnahmeregelung für viele Betriebe aus dem Handwerk ins Leere. "Denn die Verpflichtung der Unternehmen, unternehmenseigene Verfahren auf ihre Vertragskette auszuweiten, schafft eine Verpflichtung jenseits der in Deutschland geltenden Rechtsordnung", so der Verband. Zudem könnten sich Unternehmen verpflichtet fühlen "über die Vorgaben der geltenden Gesetzgebung" hinauszugehen, um Haftungsrisiken vorsorglich zu vermeiden. Ergebnis wäre ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand durch eine "Vielzahl von Dokumentationspflichten".

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Zusätzliche Anforderungen vermeiden

In Anbetracht der ohnehin prekären Lage für viele mittelständische Betriebe durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen Folgen müssten "alle vermeidbaren zusätzlichen Anforderungen an Betriebe und Beschäftigte vermieden werden". Der ZDH fordert deswegen eine "wirksame KMU-Ausnahme entlang der Lieferkette". Für EU- und EWR-Mitgliedstaaten müsse es eine "Safe Harbour-Klausel" geben. Zulieferer aus diesen Ländern müssten wegen ihrer durchweg hohen Menschenrechtsstandards vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sein. Der Verband fordert auch, dass die zivilrechtliche Haftung auf den direkten Vertragspartner beschränkt wird. Schließlich müssten Nachweispflichten auf Importe in die Europäische Union beschränken, denn Handwerks betriebe bezögen ihre Waren in den meisten Fällen über Zwischenhändler.

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Text: / handwerksblatt.de