Handwerk fordert Bildungswende
Laut des Ausbildungsreports des DGB ist die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen im Jahr 2023 erneut spürbar gestiegen. Gleichzeitig bleiben viele Bewerber unversorgt. Der ZDH fordert deshalb eine verbesserte Berufsorientierung, die gleichwertig über akademische und berufliche Bildung informiert.
Der Deutsche Gewerkschaftbund (DGB) hat seinen Ausbildungsreport für 2024 veröffentlicht. Demnach ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent gestiegen. Sie liege dennoch um 6,8 Prozent unter dem Niveau von 2019 vor Ausbruch der Corona-Pandemie.
Einen ähnlichen Anstieg gab es beim Ausbildungsplatzangebot und der Ausbildungsnachfrage. Das Angebot stieg um 3,4 Prozent während die Nachfrage um 3,2 Prozent zunahm. Trotz dieser grundsätzlich günstigen Rahmenbedingungen für Ausbildungssuchende ist 2023 die Zahl erfolgloser Ausbildungsnachfragender erstmals seit 2020 wieder gestiegen, heißt es im Ausbildungsreport. Sie sei um 5,4 Prozent gestiegen.
Zahl unbesetzter Lehrstellen deutlich gestiegen
AusbildungsreportHier finden Sie den 84-seitigen Ausbildungsreport des DGB.Auch die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen ist deutlich größer und um 6,6 Prozent gestiegen. 13,4 Prozent aller gemeldeten Ausbildungsstellen blieben unbesetzt. Fast 67.000 junge Menschen suchen demnach noch einen Ausbildungsplatz. Demgegenüber stehen 73.400 offene Lehrstellen.
Der DGB identifiziert sich weiter verschärfende Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt. Die erkennt auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Auch im Handwerk gebe es noch viele unbesetzte Ausbildungsstellen, erklärt Handwerkspräsident Jörg Dittrich. Das liege auch an den Passungsproblemen am Ausbildungsmarkt.
Berufsorientierung stärker fördern
Seine Analyse: "Um diese Passungsprobleme nachhaltig zu lösen, muss Politik endlich die Bildungswende umsetzen. Dafür gilt es zunächst, die Berufsorientierung noch stärker in den Fokus zu rücken und gerade an allgemeinbildenden Schulen und in der gymnasialen Oberstufe auszubauen. Unabhängig vom angestrebten Schulabschluss müssen Jugendliche gleichwertig über akademische und berufliche Bildung informiert werden."
Für Jugendliche müsse deutlich werden, dass sie ihre Karriere auf dem beruflichen Bildungspfad genauso selbstbestimmt, frei und individuell gestalten können wie mit einem Studium. Nur dann würden sie sich für eine Karriere im Handwerk entscheiden. Dittrich: "Diese Gleichwertigkeit muss für junge Menschen aber auch nach der Entscheidung für eine Ausbildung spürbar bleiben."
Bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende gefordert
Genauso wie Studierende bräuchten auch Auszubildende bezahlbare Wohnraumangebote. Wichtige Programme wie "Junges Wohnen" müssten daher die Ausbildungsförderung noch deutlich besser einschließen. Vor allem seien die Länder gefordert, Auszubildende endlich stärker in den Blick zu nehmen und zusätzliche Angebote für das Azubi-Wohnen zu schaffen.
Branchenübergreifend ist die Ausbildungsbetriebsquote laut DGB auf einem historischen Tief und liegt nur noch bei 18,9 Prozent. Der Rückgang betreffe Betriebe aller Größenklassen mit Ausnahme der Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten. Besonders schwierig sei die Situation in Kleinstbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten (Quote unter zehn Prozent) und Betrieben mit zehn bis 49 Mitarbeitern (42 Prozent).
Ausbildungsfähigkeit verbessern
Jörg Dittrich will die im Handwerk "überdurchschnittliche Ausbildungsbetriebsquote" sichern und fordert dazu "deutlich mehr Unterstützung aus Politik und Gesellschaft – für die Ausbildungsbetriebe genauso wie für Jugendliche". Wichtig sei es, die Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger zu verbessern, viele hätten mit Lerndefiziten beim Lesen, Rechnen und Schreiben zu kämpfen.
"Mit der Aufgabe, diese Lernlücken zu schließen, darf das Handwerk nicht allein gelassen werden", betont Dittrich. Die betroffenen Jugendlichen bräuchten die Unterstützung aus Bund und Ländern. Neben bestehenden Instrumenten wie der Einstiegsqualifizierung oder der assistierten Ausbildung seien zusätzliche Angebote erforderlich, die Schulabgänger praxis- und lebensnah auf ihrem Weg in die Ausbildung begleiten.
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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