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HWK Koblenz | November 2024
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Alkoholisierte Mitarbeiter sind eine Gefahr für den Betrieb und die Kollegen. Hier lesen, wie Sie sich diesen gegenüber richtig verhalten. (Foto: © udra/123RF.com)
Vorlesen:
Juni 2008
Er lutscht pausenlos Pfefferminzbonbons, hat gerötete Augen, spricht unsicher und steht ziemlich wackelig auf den Beinen. Eigentlich ein klarer Fall: Der Kollege ist nicht ganz nüchtern. Für Arbeitgeber ist die Situation heikel.
Muss ich den Mitarbeiter nach Hause schicken, wer zahlt das Taxi, und was ist, wenn auf dem Heimweg etwas passiert?
9,5 Millionen Menschen konsumieren Alkohol in riskanter Weise, etwa 1,3 Millionen sind alkoholabhängig, heißt es im aktuellen Drogen- und Suchtbericht des Bundesgesundheitsministeriums vom Mai 2008. Besonders bei jungen Menschen gibt es eine bedenkliche Entwicklung: Die Konsummengen von Alkohol sind bei ihnen stark angestiegen.
Dass ein Mitarbeiter berauscht zur Arbeit kommt, kann also in den besten Betrieben vorkommen. "Auf Flatrate-Partys, bei denen Jugendliche bis zum Umfallen trinken, sind nun einmal nicht nur Studenten, sondern auch Auszubildende und junge Facharbeiter", betont Andreas Oehme, Geschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertages (WHKT). Die Vorgesetzten müssen dann erst einmal entscheiden, ob der Mitarbeiter tatsächlich unter Drogen steht (Achtung: einem Alkholtest muss der Mitarbeiter in den meisten Fällen zustimmen) und ob sie ihn nach Hause schicken.
Auf die leichte Schulter sollte man das Thema nicht nehmen: Vorgesetzte haben eine Fürsorgepflicht. Sie dürfen den betrunkenen Mitarbeiter je nach Alkoholisierungsgrad nicht eigenverantwortlich nach Hause schicken und ihn auch nicht ohne Begleitung in einen Bus setzen. Sie müssen ihn unbedingt daran hindern, dass er sich auf sein Motorrad oder ins Auto setzt. "Das gilt auch dann, wenn der Rausch erst nach Feierabend auffällt", erklärt Andreas Oehme. Denn im Fall der Fälle – der Mitarbeiter verletzt auf dem Heimweg einen anderen Menschen oder demoliert ein parkendes Auto – kann der Vorgesetzte sogar Schadenersatzpflichtig sein.
Bestellt der Chef ein Taxi oder fallen hohe Arztkosten an, dürfte er sich die Kosten dafür zurückholen. Bei einem Auszubildenden wird das allerdings schwierig auf Grund hoher Pfändungsfreibeträge (940 Euro Nettolohn, wenn keine Unterhaltspflicht besteht). Wann und wie viel der Betrieb vom Lohn oder Gehalt pfänden kann, kann er bei den Betriebsberatern der Handwerkskammer erfragen. Für eine Abmahnung oder Kündigung oder Kürzung des Gehalts muss der Arbeitgeber unterscheiden, ob es sich um einen Gelegenheitstrinker handelt oder ob der Alkoholkonsum krankheitsbedingt ist.
Ein Beispiel: "Eine Mitarbeiterin, die nach ein paar Gläsern Bier und Schnaps vom Stuhl aufstehen will, stürzt und sich verletzt, hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung", erklärt WHKT-Geschäftsführer Oehme. Das gleiche gelte, wenn die Mitarbeiterin nach einem Verkehrsunfall auf dem Weg zur Arbeit mit 2,7 Promille Alkohol im Blut krank geschrieben wird. Wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung einstellen möchte, ist er allerdings in der Beweispflicht. Er sollte dann auf jeden Fall Zeugen haben, den Vorfall schriftlich dokumentieren (Ort, Datum und Uhrzeit) und darauf achten, dass er seine Fürsorgepflicht nicht verletzt hat.
Ist die Mitarbeiterin aber nachweislich alkoholkrank, dann bleibt ihr meist ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Schwierig wird es dann auch mit einer Kündigung. Denn eine verhaltensbedingte Kündigungen mit vorherigen Abmahnungen ist dann nicht mehr möglich, sondern nur die personenbedingte Kündigung.
Doch so weit muss es nicht immer kommen. Gespräche und Hilfe von außen, beispielsweise das Angebot einer Therapie, können sicher mehr bewirken als gleich die Androhung einer Kündigung: Hilfe zu Rechtsfragen gibt es bei der Handwerkskammer oder der Kreishandwerkerschaft, zur Suchtproblematik finden die Betroffenen aber auch ihre Arbeitgeber Unterstützung bei den örtlichen Beratungsstellen (siehe unten).
Quelle: MCH Personalmanagement
Ein generelles gesetzliches Verbot gibt es nicht. Arbeitgeber können ein solches Alkoholverbot aussprechen. Gibt es einen Betriebsrat, muss er zustimmen.
Ins Röhrchen pusten lassen darf der Chef den alkoholisierten Mitarbeiter nur mit dessen Einverständnis. Ausnahmen für den Einsatz von Atemmessgeräten kann es bei einem alkoholsensiblen Arbeitsplatz geben oder wenn die Kontrolle im Interesse der Belegschaft ist (zum Beispiel bei Kranführern).
Neue Mitarbeiter darf man im Einstellungsgespräch nicht nach "normalen" Trinkgewohnheiten fragen. Ist ein Bewerber allerdings Alkoholkrank, dann muss er das sagen.
Wenn sich ein Mitarbeiter angetrunken falsch verhalten oder die Betriebsordnung gestört hat, kann ihm fristgerecht verhaltensbedingt gekündigt werden, wenn er vorher abgemahnt wurde und wenn der Mitarbeiter nicht alkoholkrank ist. Bei einer Alkoholerkrankung gibt es nur die Möglichkeit der personenbedingten Kündigung.
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