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Tipps für den Start ins neue Ausbildungsjahr im Handwerk

Die betriebliche Integration der neuen Auszubildenden beginnt schon vor dem Ausbildungsstart. Eine Checkliste hilft Betrieben dabei. Wichtig ist auch die Frage nach dem Schulabschluss.

"Um die wenigen Bewerberinnen und Bewerber, die noch eine Ausbildung machen möchten, muss man sich richtig gut kümmern", sagt Karin Praus von der Handwerkskammer Trier. Die Zeiten, in denen ein Azubi bis zur Gesellenprüfung im Betrieb einfach "mitläuft", sind lange vorbei. Die guten Lehrlinge müssen gefördert werden, damit sie dem Betrieb treu bleiben, und diejenigen, die sich sich mit mathematischen Formeln, der Sprache oder anderen Themen schwertun, brauchen Unterstützung, damit sie den Anschluss nicht verlieren und die Ausbildung abbrechen. Zur Checkliste!

Aber wie können Betriebe einschätzen, ob die Bewerberinnen und Bewerber den Aufgaben überhaupt gewachsen sind? Die Herausforderung beginne schon beim Bewerbungsgespräch, weiß die Mitarbeiterin im ESF-Projekt "Abbruchvermeidung". Das Projekt wird durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung Rheinland-Pfalz aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) gefördert. Hier geht es für die Betriebe auch darum, das Zeugnis richtig zu lesen und die Abschlüsse richtig einzuschätzen.

Schulabschlüsse richtig einordnen

In Rheinland-Pfalz zum Beispiel wurden vor etwas mehr als zehn Jahren die Haupt- und Realschulen zusammengeführt. Die Jugendlichen können an der "Realschule Plus" entweder die Berufsreife (früher Hauptschulabschluss) oder die Mittlere Reife erwerben. Was bedeutet, dass nicht jedes Abschlusszeugnis der "Realschule Plus" die Mittlere Reife einschließt.

"Viele Handwerkerinnen und Handwerker, die keine Kinder in dem Alter haben, kennen den Unterschied nicht und schätzen die Bewerber dann falsch ein", berichtet Karin Praus. "Sie sollten sich deshalb auf jeden Fall nicht nur das Zwischenzeugnis zeigen lassen, sondern auch nachfragen, in welcher Klassenstufe der Kandidat ist und welchen Abschluss er oder sie anstrebt.

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Gerade die Ausbildung in den theorielastigen, technischen Berufen wie Kfz-Mechatroniker, Anlagenmechaniker SHK oder Elektroniker sei für Azubis mit Berufsreife sehr schwer, so Praus. "Hier wird mit Formeln gerechnet, was in der neunten Klasse noch gar nicht so intensiv gelernt wird."

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Schwächere Schüler von Anfang an fördern

Viele Betriebe seien heute sehr wohlwollend und geben auch den Schwächeren eine Chance. "Das ist grundsätzlich auch gut", sagt die Beraterin. "Aber die Jugendlichen brauchen dann von Anfang an eine intensivere Unterstützung durch den Betrieb und möglicherweise eine externe Nachhilfe wie zum Beispiel die Assistierte Ausbildung über die Agentur für Arbeit." Das kann schon vor Ausbildungsstart geklärt und organisiert werden. Dabei helfen die Ausbildungsberaterinnen und -berater bei den Handwerkskammern.

Praus appelliert zudem an die Betriebe, mindestens ein Gespräch in der Probezeit zu führen, wenn möglich gemeinsam mit den Eltern.

Das "Ghosten" vermeiden 

Ein weiteres Problem sei auch das "Ghosten", also dass Azubis ohne eine Info an den Betrieb zum ersten Ausbildungstag gar nicht erst erscheinen. Die Ausbildungsexpertin empfiehlt, ab dem Tag der Vertragsunterzeichnung den Kontakt zu halten. "Man kann zum Beispiel eine Bindung aufbauen, indem man die Jugendlichen vorab zu Firmenveranstaltungen einlädt." Oder man schickt ihnen vor dem Ausbildungsstart ein paar Infos zum Betrieb und den neuen Kollegen zu, damit sie sich von Beginn an leichter zurechtfinden.

To-Do: Vor Beginn der Ausbildung

Das muss der Betrieb erledigen:

- Berufsausbildungsvertrag abschließen. Muster gibt es bei den Handwerkskammern. 

  • Die für den Vertrag notwendige Betriebsnummer finden Arbeitgeber auf Steuerbescheiden oder auf den monatlichen Meldungen an die Sozialversicherung. Infos zu Ausbildungsvergütungen und Urlaubsansprüchen gibt es bei den Handwerkskammern.
  • Der Vertrag muss vom Betriebsinhaber, Ausbilder, Auszubildenden und bei Minderjährigen zusätzlich von den Gesetzlichen Vertretern unterschrieben werden.
  • Der Vertrag muss danach unverzüglich entweder im Original oder als eingescanntes Dokument per E-Mail an die HWK weitergeleitet werden. Bei Minderjährigen auch eine Kopie der Bescheinigung über die Erstuntersuchung.
  • Bei Verkürzung der Lehrzeit: Nachweis über den Verkürzungsgrund.  
  • Gegebenenfalls kann der Betrieb Zusatzvereinbarungen zum Lehrvertrag abschließen.


- Teilzeitausbildung: Die Berufsausbildung kann auch in Teilzeit durchgeführt werden. Dazu können sich Arbeitgeber bei ihrer Handwerkskammer beraten lassen.
- Anmeldung bei Berufsschule
- Anmeldung bei der Krankenkasse: Spätestens zwei Wochen nach Beginn der Ausbildung!
- Anmeldung beim zuständigen Finanzamt: Formulare gibt es beim für den Betrieb zuständigen Finanzamt.
- Anmeldung zur Berufsgenossenschaft: Am besten zeitgleich mit der Anmeldung beim Finanzamt.  
- Bauhauptgewerbe: Auszubildende müssen zusätzlich bei der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) angemeldet werden, um die Ausbildungsnachweiskarten und die Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung und zu den ÜLU-Gebühren zu erhalten (soka-bau.de
- Dachdeckerhandwerk: Azubis müssen für Zuschüsse bei den ÜLU-Gebühren bei der Lohnausgleichskasse des Dachdecker-Handwerks angemeldet werden (soka-dach.de). 
- Personalakte: Verzeichnis der Jugendlichen anlegen oder ergänzen.
- Ausbildungsnachweis: Berichtsheft kostenlos zur Verfügung stellen (gibt es häufig auch schon als APP).
- Ausbildungsordnung bereitstellen (Download: bibb.de)
- Ausbildungsplan erstellen und bereithalten. 
- Ausbildungsmittel müssen Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung stellen (auch Fachliteratur für Prüfungen).
- Jugendliche: Arbeitgeber, die regelmäßig mindestens einen Jugendlichen beschäftigen, müssen einen Ausdruck des Jugendarbeitsschutzgesetzes und die Anschrift der Aufsichtsbehörde im Betrieb zur Einsicht auslegen oder aushängen. Bei mindestens drei Jugendlichen muss es einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen Arbeitszeit und der Pausen geben.

Vom Azubi einholen:

- Schulabschluss: Eine Kopie des letzten Schulzeugnisses oder das Zeugnis des Schulabschlusses.
- Fragen klären, ob Nachhilfe von Beginn an notwendig ist, ob es Lernbeeinträchtigungen oder andere Besonderheiten gibt.
- Erstuntersuchungsbescheinigung: Wer noch nicht 18 Jahre alt ist und eine Ausbildung beginnen will, muss sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen.
- Gesundheitszeugnis nach dem Bundesseuchengesetz (nur in Betrieben der Nahrungsmittelhandwerke). Es muss eine Belehrung beim Gesundheitsamt erfolgen. 
- Aufenthaltstitel. Der Betrieb muss Kopien der Ausweisdokumente und gegebenenfalls auch Bescheide der Ausländerbehörde dem Ausbildungsvertrag beifügen.
- Steuer-ID des Lehrlings 
- Bankverbindung
- Name und Anschrift der Krankenkasse 

Das bekommt der Lehrling:

- Eine Kopie des unterschriebenen Berufsausbildungsvertrages. 
- Ein Originalexemplar des eingetragenen Berufsausbildungsvertrages wenn er von der Handwerkskammer zurückgeschickt wurde. 
- Ausbildungsordnung / betrieblicher Ausbildungsplan. Vorlagen zum Download unter: bibb.de/dienst/berufesuche/de/index_berufesuche.php
- Ausbildungsnachweis / Berichtsheft (gegebenenfalls digital) kostenlos zur Verfügung stellen. 
- Ausbildungsmittel 
- Unfallverhütungsvorschriften 
- Sicherheitskleidung 
- Vielleicht auch ein Willkommensgeschenk und/oder eine Informationsmappe mit allen wichtigen Abläufen und Ansprechpartnern im Betrieb. 

Mehr Checklisten für Ausbildungsbetriebe gibt es bei den Handwerkskammern!

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Text: / handwerksblatt.de

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