Wie sich Kurzarbeit auf die betriebliche Altersvorsorge auswirkt
Wegen der Corona-Krise wird in unzähligen Betrieben Kurzarbeit eingeführt – auch im Handwerk. Wie wirkt sich das auf betriebliche Versorgungslösungen aus? Ein Experte gibt Antworten.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Altersvorsorge – was sich für Handwerker lohnt
Mehr als eine halbe Million Betriebe in Deutschland haben seit Ende März Kurzarbeit angezeigt. Doch dabei wird es nicht bleiben: Die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit deutlich mehr Arbeitnehmern in Kurzarbeit als in der Finanzkrise 2008/2009. Zum Vergleich: Damals zählte man in der Spitze 1,4 Millionen Kurzarbeitende.
Welche Auswirkungen Kurzarbeit auf arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersvorsorge (bAV) hat, fasst Michael Hoppstädter, Geschäftsführer der Longial, zusammen.
Arbeitgeberfinanzierte Altersvorsorge
Bei beitragsorientierten Versorgungszusagen, die oft in Abhängigkeit vom Arbeitsentgelt einen Beitrag des Arbeitgebers vorsehen – beispielsweise zwei Prozent des Monatsgrundgehalts als monatlichen Beitrag für eine Direktversicherung – wirkt sich die Kurzarbeit leistungsmindernd aus. Denn der Beitrag sinkt oder entfällt bei Kurzarbeit "Null" sogar komplett.
Bei beitragsorientierten Zusagen mit Bezug zum Unternehmensgewinn kann es ebenfalls vorkommen, dass der Beitrag während der Kurzarbeit auf Null sinkt. "In solchen Fällen können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch abweichende Vereinbarungen treffen, welche die beiderseitigen Interessenlagen berücksichtigen. Entsprechende Regelungen könnten dann in einem Nachtrag zur Versorgung festgehalten werden", empfiehlt der Longial-Geschäftsführer.
Altersvorsorge mit Leistungszusagen
Darüber hinaus gibt es noch ältere Versorgungswerke, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmern sogenannte Leistungszusagen erteilt hat. Hier wird bei Renteneintritt, bei Berufsunfähigkeit oder Tod des Versorgungsberechtigten eine bestimmte Leistung versprochen.
Ob sich bei Kurzarbeit Änderungen an der Höhe der Versorgungszusage ergeben, hängt von der konkreten Vereinbarung in der Zusage ab: "Wenn die Kurzarbeit sich nicht so lange hinzieht, der Arbeitgeber seinerseits eine Zusage dergestalt erteilt hat, dass der Versorgungsberechtigte bei Eintritt in den Ruhestand 100 Euro Monatsrente erhält und keine sonstigen einschränkenden Regelungen enthalten sind, dann wird nach unserer Einschätzung diese Rente später auch gezahlt werden," erläutert Michael Hoppstädter.
"Bezieht sich die Versorgungszusage allerdings auf das Einkommen bei Eintritt in den Ruhestand beziehungsweise auf das bei Ausscheiden aus dem Unternehmen und befindet sich der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt in Kurzarbeit, dann darf sicherlich nicht allein auf dieses Entgelt abgestellt werden", erläutert der Geschäftsführer weiter.
Wenn die Zusage keinerlei Aussagen trifft, müssen Lösungen zwischen den Beteiligten gefunden werden. So könnte beispielsweise das Gehalt vor der Kurzarbeit als Basis berücksichtigt werden. Eine weitere Alternative ist eine Quotenregelung. Hier müssen sich die Parteien auf Regelungen, die die beiderseitigen Interessenlagen berücksichtigen, verständigen.
Entgeltumwandlung
Je nach Ausgestaltung der Versorgungszusage kann die Entgeltumwandlung auch bei einem gekürzten Entgelt durchgeführt werden. Aber: Das Kurzarbeitergeld kann dabei nicht zum gekürzten Entgelt hinzugerechnet werden, da es kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung darstellt, sondern eine Lohnersatzleistung.
Zwei Konstellationen sind zu berücksichtigen:
• Der Arbeitnehmer kann die bisherigen Beiträge für eine Entgeltumwandlung nicht mehr oder nicht mehr in voller Höhe aufbringen.
• Bei Kurzarbeit "Null" entfällt der Entgeltanspruch generell, eine Entgeltumwandlung ist nicht mehr möglich.
In beiden Fällen kommt es zu einer Leistungsreduktion. Dennoch rät der Longial Geschäftsführer zu einer Weiterführung der bAV: "Trotz Kurzarbeit sollte eine bestehende Entgeltumwandlung möglichst nicht beitragsfrei gestellt oder gar gekündigt werden. Denn Berechnungen haben gezeigt, dass sich die Gesamtvergütung häufig nur geringfügig reduziert, gleichzeitig aber ein wertvoller Baustein für die Altersversorgung erhalten bleibt."
Dies gilt insbesondere dann, wenn die Zusage eine Todesfallabsicherung für Hinterbliebene oder einen Schutz für den Fall einer Berufsunfähigkeit enthält. In jedem Fall sollte individuell geprüft werden, ob eine Fortsetzung der Versorgung mit eigenen Beiträgen oder eine Reduzierung der Entgeltumwandlung in Betracht kommt.
Sonderlösungen der Versicherer
Kann der Mitarbeiter seine Entgeltumwandlung aufgrund der Kurzarbeit nicht mehr oder nicht mehr in voller Höhe fortsetzen, bieten einige Versicherer Sonderlösungen an. Das verhindert ein zu starkes Absinken des Versicherungsschutzes.
So können beispielsweise die Beiträge temporär gestundet und auf Wunsch später nachgezahlt werden. Eine weitere Option ist die Beitragsreduktion, die allerdings mit einer Reduktion der Versorgungsleistungen verbunden ist.
Im äußersten Fall ist auch eine Beitragsfreistellung des Vertrages denkbar. Hier werden keine weiteren Beiträge eingezahlt und die Leistung infolgedessen auf die sogenannte beitragsfreie Versicherungssumme herabgesetzt. Die konkreten Auswirkungen auf den Versicherungsschutz sollten auf jeden Fall genau beleuchtet werden.
"In allen Fällen empfiehlt es sich, zusammen mit dem Versicherer pragmatische Lösungen zu suchen, um dem Problem des sinkenden Versicherungsschutzes entgegenzuwirken", so der Geschäftsführer der Longial.
Quelle: longial
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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