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HWK des Saarlandes | November 2024
Wirtschaftspolitik neu ausrichten
Die Handwerkskammer des Saarlandes wünscht sich von der Landespolitik konkrete Maßnahmen, die den Mittelstand und das Handwerk entlasten.
Hans-Jörg Friese, Präsident der Handwerkskammer Rheinhessen (Foto: © Rimbach)
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Ehrenamt ist Ehrensache - Themen-Specials
Januar 2024
Hans-Jörg Friese, Präsident der Handwerkskammer Rheinhessen, begleitete 25 Handwerkerinnen und Handwerker auf eine Reise nach Ruanda.
Gemeinsam mit Berufsschülern aus Ruanda bauten sie ein Kinder- und Jugendzentrum aus, mit dem Ziel, einen Ort der Begegnung zu schaffen und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.
DHB: Herr Friese, was hat Sie dazu bewegt, bei diesem Projekt mitzumachen?
Friese: Mein Impuls, mich in sozialen Projekten zu engagieren, hat schon vor vielen Jahren seinen Anfang genommen. Damals hat Karl Heinz Böhm, ein renommierter, inzwischen verstorbener Schauspieler, sein Projekt "Menschen für Menschen" vorgestellt, mit dem er bewirkt hat, dass zwei Millionen Menschen in Afrika ein Dach über dem Kopf bekommen konnten. Und das rein privat finanziert, mit eigener Kraft und viel persönlichem Engagement. Das hat mich sehr beeindruckt. Auch die EurWanda Handcraft Foundation e.V. ist privat finanziert und lebt von Spenden und viel persönlichem Engagement. Rheinland-Pfalz ist Partnerland von Ruanda, auch daher besteht eine enge Verbindung zu dem Land. Zudem gibt es seit vielen Jahren einen sehr engen Kontakt zu Norbert de Wolf, der 2018 auf der Internationalen Handwerksmesse sein Projekt "Geselle trifft Gazelle", ein Projekt des Maler- und Lackiererverbands, vorgestellt hat. Damals habe ich mir gesagt: Da willst du dabei sein. Ursprünglich war die Reise nach Ruanda für 2020 geplant, aber dann kam der Lockdown dazwischen. Nun hat es in diesem Jahr endlich geklappt, gemeinsam mit 25 Handwerkerinnen und Handwerkern aus unterschiedlichsten Gewerken und Regionen Deutschlands.
DHB: Was war das konkrete Ziel der Reise?
Friese: Ziel war der Ausbau eines Kinder- und Jugendzentrums in Kinigi, einer Dorfgemeinschaft in Musanze. Also Hilfe zur Selbsthilfe durch die Zusammenarbeit von Handwerkerinnen und Handwerkern mit den Buddies, Berufsschülerinnen und Berufsschülern, die das International College Regional School (ICRS) in Musanze besuchen. Dieses Ziel haben wir zu 80 Prozent erreicht, was angesichts des begrenzten Zeitrahmens und der begrenzten Mittel und Werkzeuge, die uns zur Verfügung standen, enorm ist. Die Motivation, das Engagement und die Sprachfähigkeit der Buddies waren beeindruckend. Für die Handwerkerinnen und Handwerker aus Deutschland ist es die Gelegenheit, eine fremde Kultur kennenzulernen und in den praktischen Austausch zu gehen. Auch aus dieser Sicht war das für uns alle eine große Bereicherung. Parallel stehen wir im Austausch mit der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt. Hier gibt es einen Kontrakt mit Ruanda zur Fachkräfteeinwanderung. Während wir über Fachkräftemangel klagen, gibt es in Ruanda Überbevölkerung. Hier Lösungen herbeizuführen, die für alle Seiten zum Erfolg führen, ist eine große Herausforderung und mit großer Verantwortung verbunden.
DHB: Wie hat die Zusammenarbeit vor Ort funktioniert?
Friese: Im Vorfeld der Reise hat ein Technik-Team bereits die Arbeiten, die gemacht werden müssen, gesichtet und danach Teams und Aufgaben zusammengestellt. Neben Elektro-, Maler – und Ausbauarbeiten ging es dabei auch um Decken, die eingebaut werden mussten. Da ich immer gern in meiner Freizeit mit Holz gearbeitet habe, habe ich gesagt: Da mache ich mit. Die Kommunikation untereinander lief gut, wir haben uns zumeist auf Englisch verständigt. Selbstverständlich gab es auch Hindernisse, mit denen wir im Vorfeld so nicht gerechnet hatten. Wir hatten dank unserer Sponsoren einiges an Werkzeug im Gepäck, das wir nutzen konnten. Aber es mangelte beispielsweise an vernünftigen Hämmern. Was uns zur Verfügung stand, waren Hämmer mit Plastikgriffen, die schon bald nicht mehr nutzbar waren. Dübel, Schrauben oder Akkuschrauber waren nicht vorhanden. Wir hatten für die gesamte Gruppe nur einen Akkuschrauber. Als Hammer dienten uns Holzlatten, mit denen wir die Nägel einschlugen. So haben wir mangels Akkuschrauber alles genagelt, was natürlich sehr mühsam war. Ich will jedoch an dieser Stelle noch einmal betonen, wie sehr mich die unglaubliche Motivation der Buddies und der Handwerkerinnen und Handwerker aus Deutschland beeindruckt haben. Und wie viel wir letztlich gemeinsam in diesen zehn Tagen erreicht haben.
DHB: Wie haben Sie persönlich die Tage in Ruanda erlebt?
Friese: Für mich war der Genozid in Ruanda von 1994 ein großes Thema. Wir haben gleich zu Beginn der Reise das Kigali Genocide Memorial Center besucht. Die Eindrücke waren für mich als deutscher Bürger sehr belastend. Wir durften mit einer Überlebenden sprechen, deren Schilderungen sehr betroffen gemacht haben. Der jetzige Präsident Kagame legt größten Wert darauf, dass die Unterscheidung in verschiedene Bevölkerungsgruppen beigelegt wurde. Heute sprechen alle von einem einheitlichen Volk, und so habe ich es auch in der Praxis erlebt. Ich habe das heutige Ruanda als ein sehr friedliches Land kennengelernt. Man fühlt sich sicher, die Menschen dort haben ein riesengroßes Herz. Gleichzeitig herrscht in manchen Teilen des Landes große Armut. So auch in Kinigi, der Dorfgemeinschaft in Musanze, die sich auf 2.300 Höhenmetern an der Grenze zum Kongo befindet. Es handelt sich dabei um ein Urwaldgebiet, das bekannt ist für seine Gorillavorkommen, somit auch für den Tourismus besonders attraktiv ist. Das hatte für die Waldbewohner zur Folge, dass sie aus dem Wald umgesiedelt wurden und ihnen an einem neuen Ort Hütten zur Verfügung gestellt wurden. Diese waren jedoch mit nichts ausgestattet, die Bevölkerung wusste nichts mit den Häusern anzufangen. Sie machten ein offenes Feuer in den Hütten, was zu Kohlenmonoxidvergiftungen führte, die Ziegen, die sie erhielten, überlebten nicht, weil das Know-how zur Viehhaltung fehlte. Die Bewohner schlafen dort in den Hütten auf dem nackten Boden. Das wiederum führt zu Lungenentzündungen in großem Ausmaß. Der Hunger der Menschen in Kinigi ist eine Form von Armut, die mit deutscher Armut nicht vergleichbar ist. Wir haben jeden Tag gekocht und das Essen in die 20 Minuten entfernte Communitiy gebracht. Am letzten Tag war ich bei der Zubereitung der Speisen und der Essensausgabe dabei. Wir wurden beinahe überrannt und es hat Mühe gekostet, die Essensausgabe in geordnete Bahnen zu lenken. Angesichts dieser großen Armut haben wir noch vor Ort gespendet, so dass von dem Geld 750 kg Lebensmittel besorgt werden konnten, die der Community wöchentlich in kleinen Tranchen zur Verfügung gestellt werden. Auch haben alle ihre Kleidung dort gelassen, spontan konnten wir mit Unterstützung den Mitgliedern der Community eine Krankenversicherung für ein halbes Jahr organisieren. Die Raumausstatter haben Betten gebaut, um nachhaltige Verbesserungen der Gesundheit zu schaffen. Darüber hinaus gibt es schon jetzt ermutigende Beispiele. Da das Kinder- und Jugendzentrum direkt gegenüber der dortigen Schule liegt, konnten wir sehen, wie wichtig die Investition in Bildung ist. Die Schülerinnen und Schüler dort sind sehr diszipliniert, es wird viel gesungen und getanzt. Auch aus der Community gehen inzwischen drei Kinder in die Schule.
DHB: Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Friese: Das kann ich ganz klar sagen: Es war die Herzlichkeit der Menschen, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Und aus Sicht der Reisegruppe gesprochen: Der Teamspirit, der sich sofort unter allen gebildet hat. Es waren Menschen zwischen 21 und 65 Jahren vor Ort, aus den unterschiedlichsten Gewerken, vom Elektriker über Tischler, Maler, Raumausstatter, Fahrzeug- und Karosseriebauer, KFZ-Mechatroniker und Friseur bis hin zum Influencer oder Verwaltungsangestellten. Hier hat vom ersten Augenblick an ein enormer Teamgeist geherrscht.
DHB: Was können Leserinnen und Leser tun, um die Arbeit der EURwanda Handcraft Foundation zu unterstützen?
Friese: Natürlich helfen Spenden, die Arbeit der EURwanda Handcraft Foundation zu unterstützen, um dort weiterhin Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen. Darüber hinaus gibt es immer wieder für Interessierte die Möglichkeit, sich selbst bei einem Projekt persönlich einzubringen.
Infos unter: eurwanda-handcraft.org
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