Grundsteuer: Eine Mogelpackung
Gewerbeimmobilien werden zu hoch bewertet. Und man kann sich nicht dagegen wehren. Lesen Sie, warum Dr. Michael Burg von der HWK Potsdam die Reform der Grundsteuer für eine Mogelpackung hält.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Grundsteuer: Das ändert sich und das kommt jetzt auf Eigentümer zu
"Egal wohin das Schiff jetzt fährt: Die Grundlagen, die der Bund gerade regelt, führen tendenziell zu zu hohen Werten für Gewerbeimmobilien." Das sagt Dr. Michael Burg, Leiter der Abteilung Betriebsberatung Betriebsberatung und Wirtschaftsförderung der Handwerkskammer Potsdam. Dazu kommt: Die Betriebe können sich gegen die Bewertung nicht mit einem Gegengutachten wehren.
DHB: Was sind Ihre Hauptkritikpunkte an dem Gesetzentwurf zur Grundsteuer?
Michael Burg: Die unterschiedliche Regelung der Werte für Ost und West wurde abgeschafft, da ist das Gesetz sauber. Die Gleichbehandlung bei der Besteuerung von Grund und Boden war überfällig. Für sehr problematisch halte ich aber die Bewertungsregelungen der selbst genutzten Gewerbegrundstücke nach dem wertabhängigen Modell. Das ist im Gesetz unzureichend geregelt.
Dr. Michael Burg, HWK Potsdam Foto: © privatDHB: Was genau kritisieren Sie?
Burg: Im Bewertungsgesetz gibt es bei der Bewertung zur Festsetzung der Grunderwerbsteuer oder der Erbschaft- und Schenkungsteuer die Möglichkeit, über ein Nachweisgutachten einen anderen, niedrigeren Wert zu ermitteln als den, den die Finanzverwaltung ermittelt hat. Dieser Wert wird dann üblicherweise angesetzt. Diese Regelung fehlt für die Grundsteuer komplett. Von der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiß ich, dass unsere Mitgliedsbetriebe da einen enormen Bewertungsbedarf haben. Bei der Bewertung einer Immobilie für die Grundsteuer sind die Berater der Handwerkskammern jedoch raus und können die Interessen der Betriebe nicht mehr vertreten, indem sie solche Gegengutachten für die Mitglieder kostenfrei schreiben. Damit habe ich ein Problem.
DHB: Die Kritik des ZDH bezieht sich auch auf den bürokratischen Aufwand bei der Erhebung der Daten ...
Burg: Ich sehe als weiteres großes Problem neben den Ungereimtheiten bei der Bewertung und der Bürokratie, dass auch in Zukunft auf das Sachwertverfahren abgestellt werden soll. Alle Sachverständigenverbände in Deutschland sind sich einig, dass das Sachwertverfahren kein marktwertkonformes Verfahren zur Bewertung Gewerbeimmobilien ist. Wenn, dann ist es das Ertragswertverfahren. Die Datengrundlagen, auf die die Finanzämter zugreifen, sind nicht ausreichend, um Gewerbeobjekte zu bewerten. Das ist meines Erachtens ein Fehler im Gesetz, in der Umsetzung. Die meisten Gutachterausschüsse ermitteln schlicht und ergreifend nicht die ausreichende Anzahl an Daten und Vergleichsfaktoren, um Betriebsimmobilien schnell und schematisch bewerten zu können. Das ist bedauerlich.
Lesen Sie, was der Zentralverband des Deutschen Handwerks an dem Gesetz zur Grundsteuer kritisiert!
DHB: Haben Sie ein Beispiel dafür?
Burg: Der Gesetzentwurf fängt bei Geschäftsgrundstücken erst bei 500.000 Euro an. Viele Grundstücke im Handwerk sind aber unter diesem Wert. Dieser wird dann mit der Wertzahl 0,8 oder 0,9 multipliziert. Unserer Erfahrung nach liegt der Wert für Handwerksbetriebe aber bei 0,4 oder 0,5. Hier ist also eine überhöhte Grundlage in der Bewertung. Wenn schon die Bemessungsgrundlage für die Immobilienbewertung um fast den doppelten Wert zu hoch ist, dann spielt es ja fast keine Rolle mehr, welchen Hebesatz die einzelne Kommune verlangt. Als Ergebnis kommt immer eine zu hohe Belastung für den Betrieb raus. Und dagegen kann er dann noch nicht einmal Widerspruch erheben. Das ist eine Mogelpackung. Für Wohngrundstücke ist das Verfahren unproblematisch. Aber für Betriebsimmobilien gibt es einfach nicht die passende Datengrundlage. Ich verstehe nicht, warum der Bund nicht auf eine wasserdichte Bewertungsmethodik wie für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer aufgesetzt hat. Das wäre transparent und es gäbe die Möglichkeit für ein Gegengutachten.
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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