"Wer Mehrkosten tragen muss, weil die Kasse die Hilfsmittelversorgung nicht auskömmlich finanziert, braucht keine Beschneidung seines grundrechtlich garantierten Rechts auf informelle Selbstbestimmung, sondern eine verlässliche Finanzierungsgrundlage für seine Sachleistung. Die wirtschaftliche Regelversorgung ist Aufgabe der Krankenkassen, nicht der Versicherten", erklärt BIV-OT-Präsident Alf Reuter.

"Wer Mehrkosten tragen muss, weil die Kasse die Hilfsmittelversorgung nicht auskömmlich finanziert, braucht keine Beschneidung seines grundrechtlich garantierten Rechts auf informelle Selbstbestimmung, sondern eine verlässliche Finanzierungsgrundlage für seine Sachleistung. Die wirtschaftliche Regelversorgung ist Aufgabe der Krankenkassen, nicht der Versicherten", erklärt BIV-OT-Präsident Alf Reuter. (Foto: © Brian Jackson/123RF.com)

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Orthopädiehandwerk gegen Entscheidungskontrolle

Handwerkspolitik

Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik kritisiert die Forderungen des GKV-Spitzenverbandes zur Erhebung individueller Gründe für Mehrkosten bei Versicherten.

Der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) erneuert seine Kritik an der Forderung des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen nach einer Meldepflicht für die Gründe von Mehrkosten bei der Hilfsmittelversorgung. Der BIV-OT erkennt in der aktuellen Forderung einen "klaren Richtungsfehler". Statt die Entscheidungen der Versicherten zu kontrollieren, sollten die gesetzlichen Krankenkassen eine wirtschaftlich tragfähige und bedarfsgerechte Regelversorgung sicherstellen, das sei schließlich ihr Auftrag.

"Wer Mehrkosten tragen muss, weil die Kasse die Hilfsmittelversorgung nicht auskömmlich finanziert, braucht keine Beschneidung seines grundrechtlich garantierten Rechts auf informelle Selbstbestimmung, sondern eine verlässliche Finanzierungsgrundlage für seine Sachleistung. Die wirtschaftliche Regelversorgung ist Aufgabe der Krankenkassen, nicht der Versicherten", erklärt BIV-OT-Präsident Alf Reuter. Der aktuelle Mehrkostenbericht bestätige: In etwa 80 Prozent der Fälle werden Hilfsmittel mehrkostenfrei abgegeben.

Veraltete Festbeträge

In den Produktgruppen "Einlagen" und "Hilfsmittel zur Kompressionstherapie" zeige sich aber ein anderes Bild: Dort seien Mehrkosten weit verbreitet. Laut BIV-OT liegt das an veralteten Festbeträgen, die tatsächlichen Kosten nicht mehr decken. Die Ansprüche der Patienten an die Ausstattung und die Qualität ihrer Hilfsmittel entsprächen meist nicht dem durch Festbeträge begrenzten finanziellen Rahmen für die Sachleistung. Dass genau in diesen Bereichen eine Steigerung der Mehrkosten zu beobachten ist, mache die strukturelle Unterfinanzierung sichtbar – und nicht ein angebliches Informationsdefizit auf Seiten der Versicherten, so der BIV-OT.

"Wenn Kassen wissen wollen, warum sich Versicherte für bestimmte Hilfsmittelvarianten entscheiden, sollten sie sich die eigenen Verträge anschauen – nicht die Patienten befragen", betont Reuter. Hinzu komme, dass gerade bei orthopädischen Hilfsmitteln nicht jede wirtschaftliche Lösung von der Stange eine Option ist. "Wir erleben täglich, wie differenziert und persönlich Entscheidungen über eine Hilfsmittelversorgung sind", erläutert Reuter. "Wer sich für eine bestimmte Ausführung entscheidet, tut das nicht leichtfertig – schließlich bezahlt er ja dafür aus eigener Tasche. Versicherte wählen hier bewusst und informiert – das ist Ausdruck von Mündigkeit, nicht von Fehlverhalten."

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Reformen statt Misstrauen

Die geltende Rechtslage sei vom Gesetzgeber bewusst so gestaltet, dass die Beratung zur Mehrkostenfreiheit dokumentiert werden muss – nicht aber die individuellen Entscheidungsgründe der Versicherten. Eine verpflichtende Begründung durch die Patienten wäre aus Sich des BIV-OT ein unzulässiger Eingriff in ihre Privatautonomie. Die bürokratischen Lasten für die Betriebe als systemrelevante Leistungserbringer müssen aber reduziert und nicht weiter erhöht werden. Reuter "Die Politik muss die eigentlichen Probleme angehen: Wenn die Regelversorgung wirtschaftlich nicht tragfähig ist, braucht es Reformen – nicht Misstrauen gegenüber den Versicherten", so Reuter abschließend.

Der BIV-OT fordert:

  • Finanzierung der Regelversorgung anpassen, besonders in unterfinanzierten Produktgruppen
  • Keine neuen Berichtspflichten, die Patientenrechte beschneiden
  • Stärkung der Versorgungsqualität statt Ausbau der Prüfbürokratie

Kritik an möglicher BürokratiebelastungZuvor kritisierte das Orthopädiehandwerk  den Aufbau unnötiger Bürokratie, der mit der Forderung des GKV-Spitzenverbands verbunden wäre:
Orthopädiehandwerk kritisiert Krankenkassen
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Text: / handwerksblatt.de

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