Wolfgang Wettengel ist der wissenschaftliche Leiter der Ausstellung.

Wolfgang Wettengel ist der wissenschaftliche Leiter der Ausstellung. (Foto: © Theodor Oskar Krath)

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Der Tut kommt nach Mannheim

Im Jahr 1922 wurde die Grabkammer von Tutanchamun entdeckt. Eine interaktive Ausstellung begleitet die einzigartige Geschichte der Entdeckung in das Jubiläumsjahr.

"Können Sie etwas sehen? – Ja, wunderbare Dinge." Am 4. November 1922 entdeckte Howard Carter im Tal der Könige das Grab des Pharaos Tutanchamun. Selbst der Fluch des Pharaos schreckte den Entdecker nicht ab, der Faszination von goldenen Särgen und Schreinen, Masken und dem Schmuck des Königs nachzugehen. Auf dem Weg ins Jubiläumsjahr kommt die spektakuläre Ausstellung "Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze" endlich nach Deutschland zurück. Dank des original- und maßstabsgetreuen Nachbaus der Grabkammer wird der Moment der Entdeckungen hautnah spürbar.

Bis heute zählt der Grabschatz zu den bedeutendsten Entdeckungen der Menschheitsgeschichte. Mit neun Jahren bestieg Tutanchamun (circa 1341 – 1323 v. Chr.) den Thron. Er folgte seinem Vater Echnathon. Dieser galt als Ketzerkönig, da er die Götter von ihrem Thron stieß. Tutancha­mun war es, der mit Hilfe seiner Berater eine Abkehr von den radikalen religiösen Reformen seines Vaters vorantrieb. Nach nur neun Jahren auf dem Thron verstarb Tutanchamun wahrscheinlich an einer Knieverletzung.

Wer lange sucht ...

Die elf Kilo schwere Goldmaske Pharaos gehörte zu den bedeutendsten Schätzen der Grabkammer. Foto: © A.-M. v. Sarosdy/Semmel Concerts EntertainmentDie elf Kilo schwere Goldmaske Pharaos gehörte zu den bedeutendsten Schätzen der Grabkammer. Foto: © A.-M. v. Sarosdy/Semmel Concerts Entertainment

Die Suche Carters nach dessen Königsgrab verläuft fünf Jahre vergeblich. Selbst sein Geldgeber begann zu zweifeln. Der Finanzier George Herbert, Earl of Carnarvon, räumte Carter eine allerletzte Chance ein. Dann endlich, der Volltreffer. Am Morgen des 4. Novembers legen Arbeiter eine im Fels gehauene Stufe frei. Sofort eilt Carter an den Ausgrabungsort. Nach weiteren zwölf Stunden werden 16 Stufen freigelegt. Die enden vor einem gemauerten Eingang. Eine Inschrift in den Wänden im Eingangsbereich gibt einen ersten Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich um das Grab des jungen Königs handeln musste.

Vorsichtig bohrte der britische Ägyptologe ein Loch in die Wand. Gerade groß genug, um mit einer Lampe einen Blick in den Innenraum zu werfen. Ausgestattet mit der größten Hoffnung seines Lebens, verschließt er zunächst wieder das Loch. Zuvor jedoch sendete er ein Telegramm an den Earl of Carnarvon: "Habe endlich wunderbare Entdeckungen im Tal gemacht. Ein Grab mit unbeschädigten Siegeln. Gratuliere."

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"Spannender lässt sich eine Ausgrabungsgeschichte wohl kaum erzählen", sagt Wolfgang Wettengel, dass in der Ausstellung die Entdeckung im Tal der ­Könige 1:1 für die Besucher erlebbar wird. Auf Basis der Aufzeichnungen von Howard Carter erzählt ein Audioguide in der Ausstellung die Höhen und Tiefen der Ausgrabung und was sich damals alles abgespielt hat. "Die Entdeckung, die Bergung, die Spannung. Damals konnten nur ganz wenige Menschen diesen Moment miterleben", weiß der wissenschaftliche Leiter. Es ist dem Metropolitan Museum zu verdanken, dass heute so viele Erkenntnisse vorliegen und die Ausstellung die ganze Pracht des Königsgrabes wiedergeben kann.

Foto: © A.-M. v. Sarosdy/Semmel Concerts EntertainmentFoto: © A.-M. v. Sarosdy/Semmel Concerts Entertainment

Denn mit Harry Burton gaben sie Carter einen hervorragenden Fotografen an die Seite. Dieser dokumentierte das Grab von Tutanchamun lückenlos. Es sind seine Aufnahmen, die den Pharao unsterblich werden ließen. "Auf Grundlage dieser Fotografien konnten wir die Ausstellung so aufbauen", erklärt Wettengel, dass es quasi eine Reinszenierung der Entdeckung ist. Dank seiner Bilder war es möglich, dass die Grabbeigaben von ägyptischen Kunsthandwerkern unter wissenschaftlicher Leitung detailgetreu nachgebildet wurden. Objekte, die Carter bei der Entdeckung als "seltsames und wundervolles Durcheinander von außergewöhnlichen und wunderschönen Objekten" bezeichnete.

Darunter das vielleicht berühmteste Stück, die elf Kilogramm schwere Totenmaske aus Gold. Doch auch die Gebrauchsgegenstände spiegeln eindrucksvoll das königliche Leben im alten Ägypten wider. Darunter 93 Teile von eleganten bis bequemen Sandalen, die in den Grabkammern gefunden wurden. Heute sagen wir Flip Flops dazu. Entwickelt vor über 3.000 Jahren von ägyptischen Schuhmachern.

Nach wie vor werden die beliebten Sommertreter nach dem gleichen Prinzip mit Zehensteg hergestellt. "Es gibt viele Designer, die durch die Grabbeigaben inspiriert wurden", räumt Wolfgang Wettengel gerne ein, dass der junge Pharao durchaus auch als Trendsetter verstanden werden kann. Hergestellt aus Binsen oder Leder gab es die besonderen Modelle mit magischen Darstellungen auf den Sohlen. "Sie zeigen die besiegten Feinde des Pharaos, der sie alle unter seinen Füßen zermalmt hat", erklärt Wettengel die königlichen Schlappen mit Symbol­charakter.

Lehrreich und faszinierend

Zwei Mini-Särge. Foto: © A.-M. v. SarosdySemmel Concerts Entertainment, Rechte: Semmel Concerts GmbHZwei Mini-Särge. Foto: © A.-M. v. SarosdySemmel Concerts Entertainment, Rechte: Semmel Concerts GmbH

Mit einer Einführung in das ägyptische Leben, der Entdeckungsgeschichte und den Nachbildungen der Schätze ist die Mannheimer Ausstellung mit rund 1.000 Replikaten lehrreich und entfacht erneut die Faszination der Grabentdeckung auf einer Fläche von 2.000 Quadratmetern. Vom 10. September bis zum 27. Fe­bruar sind im Reiss-Engelhorn-Museum drei der vier Schreine, alle Särge, die berühmte Goldmaske, der Sarkophag, Möbelstücke, ein Streitwagen, hundert kleine Gebrauchsgegenstände und natürlich die Flip Flops des Pharaonenkönigs Tutanchamun zu sehen.

Der Tut in MannheimTutanchamun - Sein Grab und die Schätze
10.09.2021 - 27.02.2022
Reiss-Engelhorn-Museum, Museum Zeughaus C 5, 68159 Mannheim

Öffnungszeiten: 10 bis 18 Uhr (letzter Einlass 17 Uhr)
Montags geschlossen
Informationen über Kartenkauf und ­Führungen im Internet tut-ausstellung.com

Text: / handwerksblatt.de

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