Besonders für die geschlossenen Friseurbetriebe kämpften mittlerweile um ihr wirtschaftliches Überleben, so der UVH.

Besonders für die geschlossenen Friseurbetriebe kämpften mittlerweile um ihr wirtschaftliches Überleben, so der UVH. (Foto: © Ian Allenden /123RF.com)

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Lockdown: UVH fordert Öffnungsperspektiven

Handwerkspolitik

In einem Schreiben an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet fordert der UVH Öffnungsperspektiven für die zwangsgeschlossenen Handwerksbetriebe. Die Einschränkungen seien nicht mehr länger zumutbar.

Der Unternehmerverband Handwerk NRW (UVH) die nordrhein-westfälische Landesregierung dazu aufgefordert, eine Öffnungsstrategie für die vom Lockdown betroffenen, geschlossenen Handwerksbetriebe zu entwickeln. Dabei soll ihre Geschäftstätigkeit schrittweise ermöglicht werden. Besonders für die Friseurbetriebe und deren Mitarbeiter müsse es Öffnungsperspektiven geben. Sie kämpften mittlerweile um ihr wirtschaftliches Überleben – weitere Einschränkungen nicht mehr länger zumutbar.

Außerdem fordert der UVH die Wiederöffnung von Betrieben mit Ausstellungsflächen, für die wie im KfZ-Handwerk bereits fertige Hygienekonzepte vorlägen. Die Handwerksbetriebe seien bereit, zum Schutz ihrer Kunden und Mitarbeiter, weitere Hygieneanstrengungen und Vorbeugungsmaßnahmen zu unternehmen. Dazu zählten zum Beispiel der Einsatz von FFP2-Masken in Betrieben und die Ausgabe an die Kunden sowie die Durchführung von Hygieneschulungen für die Mitarbeiter.

"Betriebe steht das Wasser bis zum Hals"

In dem Schreiben an Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) adressierten Schreiben kritisiert der UVH auch die komplizierte Beantragung und verspätete Auszahlungspraxis bei den staatlichen Überbrückungshilfen. "Vielen Betriebe steht inzwischen das Wasser bis zum Hals. Ihre Rücklagen – oft auch das Privatvermögen der Inhaberfamilien – sind aufgebraucht. Wenn diese Handwerksbetriebe jetzt nicht schnell und unbürokratisch Unterstützung bekommen, die wie die November- und Dezemberhilfen an die Umsätze gekoppelt sind, werden sie die nächsten Wochen nicht überstehen", so UVH-Präsident Hans-Joachim Hering und Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Wackers.

Hier müsse es zügige Verbesserungen geben, sonst drohe ein massiver Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit von Politik und staatlichen Institutionen. Unverständlich sei zudem, dass der Gesetzgeber die großen Anstrengungen der Betriebe bei den Hygienekonzepten nicht gewürdigt und berücksichtigt habe. Bei der Umsetzung der Homeoffice-Regelung in der Corona-Arbeitsschutzverordnung sähen sich die Betriebe dagegen oft strengen Kontrollen und Überprüfungen seitens der Ordnungsbehörden ausgesetzt, die nicht selten an der betrieblichen Realität vorbeigingen.

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Das Schreiben an den Ministerpräsidenten im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, die Handwerksbetriebe in Nordrhein-Westfalen haben die erforderlichen pandemiebedingten Beschränkungen durch die Verordnungen der Landesregierung bisher stets mit großem Verständnis unterstützt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Corona-Krise das Handwerk seit März 2O2O auf sehr unterschiedliche Weise getroffen hat - mit starken Einschränkungen und Belastungen bei körpernahen Dienstleistungen wie Friseuren und Kosmetikern auf der einen Seite und einer bemerkenswerten Robustheit bei anderen Betrieben, zum Beispiel im Bau- und Ausbaugewerbe, auf der anderen Seite.

Nachdem viele Betriebe trotz großer Anstrengungen bei den Hygienevorkehrungen ihre Geschäftstätigkeit ab dem 16. Dezember 2020 erneut einstellen oder einschränken mussten, geht die Akzeptanz für diese Maßnahmen bei den Betrieben und ihren Belegschaften sowie deren Kunden inzwischen spürbar zurück. Dies betrifft im Moment besonders die von der Schließung unmittelbar betroffenen Betriebe, wirkt sich aber mehr und mehr auch mittelbar auf alle anderen Branchen aus.

Konkrete Öffnungsperspektive gefordert

lm Handwerk wird deshalb auch vor dem Hintergrund rückläufiger lnfektionszahlen der Ruf nach einer konkreten Öffnungsperspektive für die von der Schließung betroffenen Branchen lauter, die die Politik unseren Betrieben bis heute nicht hat geben können. Hinzu kommen Probleme bei den Wirtschaftshilfen und Finanzierungsinstrumenten sowie in der Beschulung von Auszubildenden. Viele unserer Betriebe leben inzwischen von der Substanz, weil sie keine Zahlungen erhalten oder stehen kurz vor dem Aufgeben.

Wir bitten Sie deshalb, sich anlässlich der Bund-Länder-Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 10. Februar 2021 dafür einzusetzen, dass die von Schließungsmaßnahmen betroffenen Betriebe des Handwerks und ihre Mitarbeiter kurzfristig eine Öffnungsperspektive erhalten, die eine schrittweise öffnung ihrer Geschäftstätigkeit ermöglicht. Von besonderer Wichtigkeit sind die Öffnungsperspektiven für die Friseurbetriebe und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die inzwischen um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen und denen weitere Einschränkungen nicht mehr länger zuzumuten sind.

Friseure fallen oft durch das Förderraster

Notwendig ist aber auch die Öffnung der Ausstellungsflächen und Handelssparten unserer Betriebe, für die ebenfalls bereits fertige Hygienekonzepte vorliegen. Die Handwerksbetriebe sind bereit, zum Schutz ihrer Kunden und Beschäftigten, weitere Hygieneanstrengungen und Vorbeugungsmaßnahmen zu unternehmen. Dazu zählen u.a. der Einsatz von FFP2-Masken in Betrieben und die Ausgabe an die Kunden sowie die Durchführung von Hygieneschulungen für die Mitarbeiter. Von unseren Mitgliedsverbänden wird weiter davon berichtet, dass bislang nur wenige Betriebe, die von der Pandemie stark betroffen sind, die angekündigten Hilfsgelder erhalten haben.

Besonders die ohnehin schon gebeutelten Friseurbetriebe fallen oftmals ganz durch das engmaschig konditionierte Förderraster, wenn sie bei einer Fixkostenerstattung im Rahmen der Überbrückungshilfen keine Mieten geltend machen können, weil sie Wohneigentum besitzen. Vielen dieser Betriebe steht inzwischen das Wasser bis zum Hals. lhre Rücklagen – oft auch das Privatvermögen der lnhaberfamilien – sind aufgebraucht.

Steuerliche Lösungen finden

Wenn diese Handwerksbetriebe jetzt nicht schnell und unbürokratisch Unterstützung bekommen, die wie die November- und Dezemberhilfen an die Umsätze gekoppelt sind, werden sie die nächsten Wochen nicht überstehen. Es muss zügig nachgebessert werden, sonst droht ein massiver Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit von Politik und staatlichen lnstitutionen. Der geringe Mittelabfluss bei den Hilfen zeigt, dass die Förderinstrumente zu komplex angelegt sind.

lm weiteren Verlauf der Krise sollten auch unkomplizierte steuerliche Lösungen geschaffen werden, die von jedem Betrieb genutzt werden können. Konkret und schnell würde helfen, wenn die Betriebe während der Corona-Krise erst später die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen an das Finanzamt abführen müssen. Damit könnte insbesondere solchen Betrieben wirkungsvoll geholfen werden, die die Anforderungen der anderen Krisenhilfen nicht erfüllen, aber trotzdem empfindliche U msatzeinbußen auffangen müssen.

Akzeptanz geht zurück

Schließlich erhalten wir von den Betrieben Hinweise darauf, dass die Akzeptanz für pandemiebedingte Einschränkungen auch deswegen zurückgeht, weil große Anstrengungen bei den Hygienekonzepten ergriffen wurden, diese aber bisher nicht vom Gesetzgeber gewürdigt und berücksichtigt wurden. Bei der Umsetzung der Corona-Arbeitsschutzverordnung vom 27. Januar 2021 sehen sich die Betriebe dagegen oftmals strengen Kontrollen und Überprüfungen seitens der Ordnungsbehörden ausgesetzt, die nicht selten an der betrieblichen Realität vorbeigehen. Dies betrifft vor allem die Verpflichtung des Arbeitsgebers, Beschäftigten, die im Büro arbeiten, eine Tätigkeit in ihrer Wohnung anzubieten.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, die Handwerksbetriebe unterstützen Sie in lhrem Bemühen, alles nur Menschenmögliche gegen die weitere Verbreitung der Pandemie zu unternehmen. Dazu sind und waren wir bereit, Einschränkungen und Umsatzeinbußen hinzunehmen und umfangreiche Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Damit Betriebe und Unternehmen für die Zukunft ihre Existenz bewahren und Arbeitsplätze erhalten können, ist es bei weiter zurückgehendem lnfektionsgeschehen geboten, verantwortbare Lockerungen für deren Geschäftstätigkeit vorzunehmen. Dieser Zeitpunkt ist aus unserer Sicht jetzt gekommen.

Quelle: UVH

Text: / handwerksblatt.de