Matthias Goebel, Experte bei Stiebel Eltron, im Interview: "Je frischer die Luft, umso geringer das Infektionsrisiko."

Matthias Goebel, Experte bei Stiebel Eltron, im Interview: "Je frischer die Luft, umso geringer das Infektionsrisiko." (Foto: © Stiebel Eltron)

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Lüftungsgeräte: "Die Nachfrage ist sprunghaft angestiegen"

Schon seit Jahren sind Lüftungsanlagen zur Verbesserung der CO2-Werte in Innenräumen in der Diskussion. Mit der Corona-Pandemie hat das Thema mit Blick auf den Schutz vor gefährlichen Aerosolen an Fahrt aufgenommen.

Im DHB-Interview: Matthias Goebel, Experte bei Stiebel Eltron für Lüftungs- und Klimageräte.

DHB: Saubere Luft in Räumen, in denen sich mehrere Personen gleichzeitig aufhalten, ist in Corona-Zeiten zu einem zentralen Thema geworden. Nehmen Sie verstärkt Anfragen nach dem Einbau von Lüftungsgeräten wahr?
Goebel: Absolut, die Nachfrage ist insbesondere im Herbst, als die Diskussionen um Präsenzunterricht in Schulen wieder zugenommen haben, sprunghaft angestiegen. Wir selbst haben schon seit Frühsommer versucht, politische Entscheidungsträger auf die Notwendigkeit von Lüftungslösungen hinzuweisen, die perfekt für Schulklassen geeignet sind. So war im Juli 2020 die niedersächsische Gesundheitsministerium Carola Reimann bei uns, Anfang September sogar Ministerpräsident Stephan Weil. Darüber hinaus sind zahlreiche Anfragen gekommen von Schulleitern, Elterninitiativen, auch von Kommunen oder anderen Trägern von Bildungseinrichtungen.

DHB: Warum ist frische Luft so wichtig?
Goebel: Als Schutz vor Corona sollte die Luft, die man einatmet, so wenige Aerosole - also kleinste Schwebeteilchen Feuchtigkeit - beinhalten wie möglich. Denn das Virus haftet an diesen Aerosolen und gelangt unter anderem so von einem Menschen zum anderen. Deswegen empfehlen alle Experten: In Räumen am besten gegenüberliegende Fenster weit öffnen, so dass die potenziell belastete Luft durch frische Luft von draußen ersetzt wird. In stark frequentierten Räumen – wie Klassenzimmern – muss diese Lüftung alle 20 Minuten für drei bis fünf Minuten erfolgen, im Schulbetrieb bekannt als 20-5-20 Regel. In der Praxis ist das oft nur schwer durchführbar, mindestens aber immer störend. Die korrekte Durchführung ist zudem von der persönlichen Disziplin der handelnden Personen abhängig. Und in oberen Geschossen lassen sich Fenster aus Sicherheitsgründen häufig gar nicht weit öffnen. Und nachhaltig ist das natürlich auch nicht: Bei der Fensterlüftung geht viel kostbare Wärmeenergie verloren.

DHB: Gerade im Winter häuften sich an Schulen die Klagen über eiskalte Klassenräume aufgrund ständig geöffneter Fenster. Welche Alternativen gibt es zur Fensterlüftung?
Goebel: Einzige echte Alternative zur Fensterlüftung ist ein Be- und Entlüftungsgerät, das die verbrauchte Luft aus dem Raum nach draußen befördert und frische Luft hereinholt. Genau so ein Gerät bieten wir an: das VRL-C. Es ist schon vor rund 15 Jahren eigens für die Nachrüstung von Klassenräumen entwickelt worden – damals mit dem Ziel, die CO2-Belastung im Raum zu reduzieren, die dafür sorgt, dass man müde wird und Kopfschmerzen bekommt. Dass damit auch die Aerosolkonzentration minimiert wird, ist ein Zusatzeffekt, der mit Corona natürlich enorm an Bedeutung gewonnen hat. Im Vergleich zur Fensterlüftung bietet das Lüftungsgerät übrigens noch einen weiteren Pluspunkt: die Wärmeenergie der Abluft wird zu über 90 Prozent zurückgewonnen und auf die saubere, frische Zuluft übertragen. Die Vorteile: Kinder müssen nicht in Jacken in der Klasse sitzen, die Heizungsanlage muss viel weniger nacharbeiten, die Energiekosten werden reduziert und die Umwelt profitiert von weniger Energiebedarf.

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DHB: Ebenfalls oftmals diskutiert sind Luftfilter. Was sind die Unterschiede zu Lüftungsgeräten und welche Maßnahme eignet sich am besten wofür?
Goebel: Luftfiltergeräte ersetzen nicht den notwendigen Luftaustausch über Fensterlüftung oder die oben beschriebene Lüftungsanlage. In einem vom Bundesbildungsministerium in Auftrag gegebenen und durch ein Expertengremium erstellten Leitfaden mit Handlungsempfehlungen für den Schulalltag während der Corona-Pandemie heißt es wörtlich: "Luftfiltergeräte sollen nur als ergänzende Maßnahme zum Einsatz kommen, wenn grundsätzlich ausreichend gelüftet werden kann." Zudem sollte man wissen, dass Luftfiltergeräte für große Räume mit hohen Belastungen auch einige tausend Euro kosten und mit Hepafiltern ausgestattet sind, die regelmäßig mit entsprechenden Schutzvorkehrungen gewechselt werden müssen. Zudem gibt es keine Garantie, dass die komplette Luft tatsächlich durch den Filter geleitet wird. Der gravierendste Nachteil ist jedoch, und das gilt auch für Lösungen mit UV-Licht, dass trotz Luftfilter ganz normal gelüftet werden muss, also bei einer Fensterlüftung die komplette Wärmeenergie verloren geht und die Kinder weiter frieren.  Schließlich werden die Geräte nach einem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie überflüssig – da sie nicht die CO2-Konzentration im Raum senken, muss auch dann weiterhin regelmäßig gelüftet werden. Die Folge: Die Geräte landen eben auf dem Müll. Nachhaltig ist das nicht.

DHB: In welchem Rahmen bewegen sich die Kosten für den Einbau einer Lüftungsanlage?
Goebel: Das VRL-C mit der größten Leistung schafft einen Luftvolumenstrom von bis zu 870 Kubikmeter pro Stunde. Wenn man von einem typischen Klassenraum mit rund 95 Quadratmetern Fläche und drei Metern Raumhöhe ausgeht, kann die Luft pro Stunde also etwa drei Mal ausgetauscht werden – Experten sprechen vom dreifachen Luftwechsel. Die Nachrüstung eines Klassenraums mit einem solchen Gerät kostet inklusive Installation durch einen Sanitär-Heizungs- oder Elektro-Fachbetrieb rund 8.000 bis10.000 Euro. Allerdings gibt es im Moment für die Nachrüstung von Lüftungsanlagen in Schulen und Kindertagesstätten eine Bundesförderung von bis zu 50 Prozent aller Kosten der Maßnahme, und auch für andere Bereiche gibt es Förderprogramme.    

DHB: Welche Qualifikation muss ein Handwerksbetrieb für Einbau und Wartung von Lüftungsanlagen haben?
Goebel: Die Heizung-Lüftung-Klima-Anlagenbauer sind durchweg mit dem nötigen Grundwissen zu Lüftungsanlagen gut aufgestellt. Natürlich erfordern die Planung und Auslegung einer Lüftungsanlage spezielle Kenntnisse, hier spielt sicher auch Erfahrung eine wichtige Rolle. Doch egal, ob Neueinsteiger oder "alter Hase": Es kann natürlich nicht schaden, Schulungs- und Seminarangebote zu prüfen und die ein- oder andere Fortbildung zu absolvieren. Hier bei Stiebel Eltron bieten wir für jeden Bedarf die passende Schulung – vom einstündigen Webseminar "Lüftungskonzept in 5 Minuten erstellen" über das Seminar "Planung und Auslegung von Lüftungsgeräten sowie Luftverteilsystemen" bis hin zur Tages-Praxisschulung "Der Lüftungsführerschein – Installation, Inbetriebnahme sowie Wartungstätigkeiten" .

DHB: Auch im Handwerk gibt es zahlreiche Gewerke mit Ladenlokalen, die über den Einbau einer Lüftungsanlage nachdenken, von der Investitionssumme jedoch abgeschreckt werden. Gibt es spezielle Lösungen für diese Betriebe, die Sie empfehlen würden?
Goebel: Auch hier gilt wie überall: Je frischer die Luft, umso geringer das Infektionsrisiko. Deswegen ist das VRL-C, das ursprünglich für Schulklassen entwickelt wurde, auch in diesen Bereichen gut für die Nachrüstung geeignet. Oder es kommen Pendellüfter mit Wärmerückgewinnung zum Einsatz, die werden einfach direkt in der Außenwand installiert. Wie auch immer, die kontrollierte Lüftung bietet viele Vorteile: Niemand muss sich um die regelmäßige Lüftung kümmern, an kalten Tagen geht so gut wie keine Wärmeenergie verloren, je nach Belegung kann die Lüftungsintensität durch das Gerät entweder von Hand eingestellt werden oder – wie beim VRL-C - per integriertem CO2-Sensor automatisch erfolgen.

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Text: / handwerksblatt.de