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Die Prüfung locker meistern

Betriebsführung

Eine gute Vorbereitung ist für die Gesellenprüfung die halbe Miete. Bildungsexperten der Handwerkskammern geben zahlreiche Tipps, wie Lehrlinge die Ausbildung erfolgreich abschließen können.

Der Tag X ist nicht mehr fern. Wie jedes Jahr steht für viele Auszubildende die Gesellenprüfung an. Die Vorbereitung darauf sollte nun bald beginnen. Im Prinzip fängt sie aber schon eher an, nämlich gleich ab dem ersten Tag der Lehre. Dabei spielt das Berichtsheft eine wichtige Rolle. "Damit können der Ausbilder und der Azubi nachhalten, was bisher gelernt wurde und in welchen Bereichen noch nachgearbeitet werden muss", erklärt Martina Schaar.

Die Teamleiterin Berufsausbildung bei der Handwerkskammer Cottbus nimmt die Betriebe in die Pflicht. "Gerade anfangs der Ausbildung sollten sie regelmäßig kontrollieren, ob der Ausbildungsnachweis gepflegt wird." Eine halbe Stunde am Freitagnachmittag oder kurz vor dem Beginn der neuen Arbeitswoche reicht ihrer Einschätzung nach aus. Ausbildungsberichte sind keine Hausaufgaben. "Die Ausbilder müssen ihren Lehrlingen die Möglichkeiten geben, sie im Betrieb zu schreiben." Kehrt Nachlässigkeit ein, kann das unangenehme Folgen haben. Wenn Einträge oder die Unterschriften der Ausbildungsbeteiligten fehlen, kann der Prüfungsausschuss die Zulassung verweigern.   

Mindestens ein halbes Jahr vorher beginnen

Eine systematische Vorbereitung auf die Gesellenprüfung beginnt für Eva Gatzky rund ein halbes Jahr vor der Prüfung. Bezogen auf den Sommertermin heißt das: "Im Januar sollten sich Lehrling und Ausbilder zusammensetzen und gemeinsam einen Prüfungsplan erstellen", erklärt die Abteilungsleiterin Berufsbildung bei der Handwerkskammer Potsdam. Hilfreich ist etwa, den Prüfungsausschuss nach freigegebenen Aufgaben der vergangenen Jahre zu fragen. Aber auch die Berufsschulen dürften den Azubis zusätzliches Lernmaterial zur Verfügung stellen. Zur Vorbereitung gehört ebenfalls eine kleine Bestandsaufnahme, welche Werkzeuge der Auszubildende bereits hat und welche er unter Umständen noch braucht.

Den Beginn der aktiven Lernphase für die Sommergesellenprüfung datiert Eva Gatzky auf Februar und März. In den darauffolgenden zwei Monaten rät sie dazu, im Betrieb einige Prüfungsaufgaben durchzugehen. "In dieser Phase sollten die Auszubildenden nicht noch mit zusätzlichen Arbeiten betraut werden, sondern genug Luft für die Prüfungsvorbereitung bekommen", empfiehlt sie. Für wichtig hält sie ebenfalls, dass sich die Ausbilder die nötige Zeit nehmen, die Aufgaben ordentlich bewerten und ihren Auszubildenden ein präzises Feedback geben. Im Juni und Juli beginnt die heiße Phase. "Um sich vorzubereiten, sollte der Auszubildende vielleicht auch mal länger im Betrieb bleiben, um zu üben."

Gestreckte Prüfung hat sich sich positiv ausgewirkt

Positive Erfahrungen hat Martina Schaar bislang mit der gestreckten Gesellenprüfung gemacht. Dass der erste Part der Prüfung zu einem beträchtlichen Teil ins Gesamtergebnis einfließt, sorgt für eine kontinuierlichere Vorbereitung. "So müssen die Auszubildenden von Beginn der Lehre an auf die Prüfung hinarbeiten", sagt die Teamleiterin Berufsausbildung der Kammer Cottbus. Mitunter gibt es nach der ersten Bewährungsprobe einen heilsamen Schock. "Wer in diesem Teil der Gesellenprüfung noch Defizite hatte,  muss sich im Rest der Ausbildung richtig anstrengen."

Ob die meisten Probleme eher im theoretischen oder im praktischen Teil auftauchen, kann Eva Gatzky nicht genau festmachen. "Wegen der handlungsorientierten Prüfung, bei der Praxis und Theorie ineinander greifen, lässt sich das schwer trennen", begründet die Abteilungsleiterin Berufsbildung bei der HwK Potsdam. Nach ihrer Einschätzung tun sich die größten Defizite aber im Theorieteil auf.   

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Arbeitsagenturen zahlen Nachhilfestunden

Wenn die Leistungen dort nicht stimmen, können ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) – vom Arbeitsamt geförderte Nachhilfe – eine Lösung sein. Jörg Wiesniewski, Ausbildungsberater der Handwerkskammer Frankfurt/Oder, legt sie den Ausbildungsbetrieben regelmäßig ans Herz. Allerdings hat er beobachtet, dass die Betriebe erst anrufen, wenn es richtig klemmt. "Ausbildungsbegleitende Hilfen muss man rechtzeitig bei der Arbeitsagentur beantragen, da die Bewilligung einige Wochen dauern kann." Doch das Warten zahlt sich aus. "Für diejenigen, die es in Anspruch nehmen, ist es eine gute Sache", meint Jörg Wiesniewski. Ein weiterer Tipp von Martina Schaar: der Senior Experten Service. Dort können berufserfahrene Handwerker, die im Ruhestand sind, angefordert werden. Sie unterstützen hilfsbedürftige Azubis bei schulischen und auch privaten Problemen.  

Kammern & Co. bieten Vorbereitungskurse an

Während der Ausbildung macht die Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) die Auszubildenden fit in der Fachpraxis. Für viele Berufe bietet sie kurz vor der Prüfung auch Vorbereitungskurse an. Jörg Wiesniewski hält sie für eine "wertvolle Ergänzung" neben den schulischen und betrieblichen Hilfestellungen. "Die Kurse sind ein freiwilliges Angebot und kostenpflichtig", so der Ausbildungsberater der Kammer Frankfurt/Oder. Zudem müssten sich die Azubis dafür Urlaub nehmen oder vom Betrieb freigestellt werden. Die drei- bis fünftägigen Lehrgänge finden vier bis sechs Wochen vor der Gesellenprüfung statt. "Die Bestehensquote ist nach dem Besuch wesentlich besser", kann Martina Schaar für den Kammerbezirk Cottbus sagen.  

Tipps gegen Prüfungsangst

Die beste Vorbereitung nützt nichts, wenn am Prüfungstag das große Nervenflattern einsetzt. "Von den jungen Menschen hören wir verstärkt, dass sie Prüfungsangst haben", erklärt Martina Schaar. Regelmäßige Fachgespräche mit dem Gesellen oder Meister können dabei helfen, sicherer und souveräner die Prüfungssituation zu meistern. "Vielleicht sollte beim nächsten Kundenbesuch der Auszubildende – natürlich  unter der Aufsicht des Meisters – mit den Kunden sprechen", schlägt die Berufsbildungsexpertin der Kammer Cottbus vor. Viele Lehrlinge haben nach ihren Erfahrungen große Schwierigkeiten, in der Prüfung frei zu sprechen und ganze Sätze zu formulieren. Ein weiteres Problemfeld: das Fach Wirtschafts- und Sozialkunde. "Dort beobachten wir oft schlechte Leistungen. Dabei wäre eine gute Note ganz einfach zu bekommen, wenn sich die Auszubildenden für Politik und Gesellschaft interessieren würden."

Wenn der Tag der Wahrheit naht, muss auch Zeit für Entspannung sein. Ein Kardinalfehler: "Man sollte nicht noch bis tief in die Nacht lernen", warnt Eva Gatzky. Sie empfiehlt, am Abend vor der Prüfung ausreichend zu schlafen und rechtzeitig loszufahren. "Dann sollte nichts mehr schiefgehen." 

Text: / handwerksblatt.de

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