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HWK Trier | Oktober 2024
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Vor der Weiterverarbeitung werden die Getreideproben von Müllermeisterin Lisa Sendker genau analysiert. (Foto: © Handwerkskammer Dortmund)
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Müllermeisterin Lisa Sendker arbeitet in vierter Generation im Familienbetrieb Sendker GmbH in Kamen.
Mit Haarnetz und weißem Kittel steht Lisa Sendker vor den Walzenstühlen des Mühlenbetriebs Sendker GmbH in Kamen. Sie schaut sich das Mehl zwischen den beiden rotierenden Walzen an. Die junge Müllermeisterin tritt einen Schritt zurück, kniet sich hin und öffnet die Klappe im unteren Bereich des 60 Jahre alten Walzstuhls.
Sie lässt das Mehl auf ihre Handinnenflächen rieseln und verreibt es zwischen Finger und Daumen, um den Mahlgrad des Roggens zu prüfen. Sie nickt zufrieden und schließt die Klappe wieder. "Ich mag das Zusammenspiel aus Handwerk, Technik, Betriebswirtschaft und Kreativität. Wir arbeiten mit wertvollen Rohstoffen und erzeugen ein gesundes Lebensmittel. Das ist eine große Verantwortung", sagt die 28-Jährige.
"Die Produktion braucht das Handwerk und modernste Technik ersetzt nicht den Müller. Wir müssen unsere Produkte anfassen, daran riechen und sie fühlen, um die Lebensmittelsicherheit und Qualität zu gewährleisten."
Der Sendker Mühlenbetrieb vermahlt jährlich etwa 5.000 Tonnen (ca. 200 große Lastzüge) Getreide. Seit 2017 arbeitet die Müllermeisterin im Familienbetrieb mit. "Mein Vater und ich ergänzen uns super und funktionieren als Team hervorragend", erzählt sie. Dabei hatte sie nach dem Abitur ganz andere berufliche Pläne. Zunächst zog es sie zum Studium nach Köln.
Sie schrieb sich für den Bachelor-Studiengang Medien- und Eventmanagement ein, arbeitete als Werkstudentin für einen Fernsehsender in Köln und schloss das Studium 2017 erfolgreich ab. "Während des Studiums habe ich mich schon für Start-ups interessiert und mit der Selbstständigkeit geliebäugelt", so Sendker.
Das Verständnis dafür, was es bedeutet, einen Familienbetrieb zu übernehmen und die Tradition erfolgreich weiterzuführen, sei aber erst im Laufe des Studiums gekommen. Letztlich schrieb sie ihre Bachelor-Arbeit über Marketing-Strategien für Getreideprodukte. "Die Arbeit hat mir wirklich Spaß gemacht und ich habe eine Menge gelernt, dennoch wollte ich langfristig in unserem Familienbetrieb arbeiten."
Dank des Bachelor-Abschlusses musste sie als Quereinsteigerin nicht bei null anfangen. 2018 schloss sie nach nur wenigen Monaten in Stuttgart erfolgreich ihre Meisterprüfung ab. Direkt im Anschluss qualifizierte sie sich an der Müllereischule St. Gallen zur "SMS Diplom Müllereitechnikerin".
Im Meisterkurs war sie die einzige Frau von 19 Absolventen. "Früher war die körperliche Belastung in diesem Beruf größer. Heute gibt es viele Hilfsmittel, die die Arbeit im Mühlenbetrieb nicht nur für Frauen leichter macht. Außerdem bringt die Digitalisierung andere Tätigkeitsfelder mit sich."
In den Klassen der angehenden Verfahrenstechnolog* innen in der Mühlen- und Getreidewirtschaft, wie der Ausbildungsberuf des/der Müller*in offiziell heißt, gäbe es mehr und mehr Frauen, berichtet sie. Statt schwerer Mehlsäcke trügen Müller*innen heute die Verantwortung für komplexe, hochtechnisierte Anlagen und strenge Qualitätskontrollen.
"In einem Familienbetrieb den Beruf und die Familie unter einen Hut zu bringen, ist wahrscheinlich einfacher. Ich bin selbst in der Mühle groß geworden und war immer mittendrin. Selbst habe ich noch keine Kinder, aber ich denke, wenn man sich gut organisiert und die Arbeitsabläufe ein wenig abstimmen kann, klappt das auch. Es liegt halt viel an einem selbst. Und die Digitalisierung bringt natürlich neue Möglichkeiten mit sich."
Schritt für Schritt ist geplant, dass sie in vierter Generation den Mühlenbetrieb ihres Vaters, Dirk Sendker, einmal übernimmt. "Mein Vater wird nächstes Jahr 60, da hat er noch eine Menge Zeit, mich in die komplexen Bereiche einzuarbeiten und ich kann von seinen Erfahrungen lernen. "In unserer Mühle muss jeder – bedingt durch unsere Betriebsgröße – mit den verschiedenen Arbeitsbereichen vertraut sein."
Zwei weitere Müller, ein gelernter Bäcker sowie zwei Aushilfen unterstützen Familie Sendker in der Mühle, eine Mitarbeiterin hilft im Büro. "Gerne würden wir auch einmal wieder ausbilden, aber in einem Familienbetrieb muss die Chemie stimmen und alles gut zusammenpassen", erzählt sie.
Müller würden immer gebraucht, ist die junge Meisterin überzeugt. Der anspruchsvolle und abwechslungsreiche Beruf sei bei den jungen Leuten, die vor der Berufswahl stünden, jedoch zu unbekannt. Viele würden lieber studieren und eine Ausbildung nicht in Betracht ziehen.
"Für diesen Beruf muss man ein gewisses technisches Verständnis und Interesse an Rohstoffen und Endprodukten mitbringen. Außerdem sollte man Spaß am eigenverantwortlichen Arbeiten haben, denn wir erzeugen schließlich ein Lebensmittel."
Gerade im Handwerk und allen technischen Berufen rate sie auch denjenigen, die lieber studieren wollten, vorher ein Praktikum oder eine Ausbildung zu machen, um zu verstehen, was den Beruf ausmacht. Ihr Beruf verändere sich, sagt sie. Das zeige sich auch an der geänderten Berufsbezeichnung.
"Wenn man noch ganz am Anfang des Berufslebens steht und noch nicht weiß, was man machen möchte, sollte man einfach anfangen. Irgendwo reinschnuppern, ein Praktikum machen und verschiedene Dinge ausprobieren. Und wenn man dann den Beruf wechselt und am Ende das Perfekte für sich herausfindet, ist das ja kein Scheitern."
Die Freude an ihrem Beruf steht Lisa Sendker ins Gesicht geschrieben. Die Tätigkeiten im Müllerhandwerk seien sehr vielfältig und genau das fasziniere sie. In der Warenannahme wird das Getreide von überwiegend regionalen Erzeugern auf Verunreinigungen, Feuchtigkeit, Farbe und verschiedenen anderen Qualitätsparametern geprüft . Dann wird das Getreide mehrfach gereinigt und anschließend entweder in großen Silos eingelagert oder vermahlen.
"Wir bedienen die komplexe Anlage und müssen natürlich im Störfall eingreifen können. Letztes Jahr haben wir unsere Prozesssteuerung automatisiert. Im Steuerungsraum definieren wir die Abläufe am Computer und müssen die gewählten Einstellungen permanent überprüfen." Der Mühlenbetrieb produziere die Produkte, die für den jeweiligen Verwendungszweck in der Lebensmittelindustrie oder in der Bäckerei gewünscht werden.
Dafür muss die Müllerin sich auch mit den Teig-, Knet- und Backeigenschaften der Mehle auskennen, diese testet sie in der mühleneigenen Versuchsbäckerei. Besonders wichtig sei ihr der respektvolle Umgang mit den Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten, Transparenz und Spaß an der Arbeit. "Nur, wenn man motiviert ist und hinter den Dingen steht, die man macht, macht der Beruf auch Freude. Und auch nur dann ist man gut in seinem Beruf ."
Um die Produktqualität und Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, müsse man sich ständig weiterbilden und auch entwickeln, sagt Sendker. Sich ändernde gesetzliche Vorschriften, zum Beispiel im Lebensmittel- oder Explosionsschutz, brächten oft ein technisches Nachrüsten der Mühlenanlage mit sich. Für den Mühlenbetrieb in Kamen wäre eine Automatisierung bei der Abfüllung der Endprodukte ein möglicher, nächster Schritt. "Aber das hat für uns noch ein wenig Zeit".
Vor zwei Jahren hat sie einen Online-Shop und eine eigene Marke für ihre selbst entwickelten Brotbachmischungen und einige Mühlenprodukte aufgebaut . Über brotstoff.de verkauft sie in kleinen Abpackungen Mehle, Brotmischungen, Schrote, Körner und Saaten. Mehrmals in der Woche füllt sie die bestellten Artikel in liebevoll gestaltete und nachhaltige Verpackungen ab und verschickt sie klimaneutral zu Kunden in ganz Deutschland.
Kontakt brotstoff.de
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