Viele drohende Diesel-Fahrverbote sind vom Tisch
Deutschland hat beim Thema Stickoxid Unterstützung von der EU bekommen: Es kann sein Gesetz erlassen, das bei einer Konzentration bis 50 Mikrogramm Fahrverbote als unverhältnismäßig einstuft.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Gezerre um Fahrverbote
Die Europäische Kommission gibt grünes Licht für das deutsche "Gesetz gegen Diesel-Fahrverbote". Damit will die Bundesregierung Diesel-Fahrverbote bei Überschreitung von 10 Mikrogramm des Stickstoffdioxid-Grenzwertes als unverhältnismäßig erklären. Das geht über eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Bislang liegt der EU-weite Grenzwert bei 40 Mikrogramm, was in mehreren deutschen Städten zu Fahrverboten geführt hatte. Das Gesetz, das bereits zur Abstimmung im Bundestag liegt, braucht die Genehmigung (Notifizierung) der Europäischen Kommission in Brüssel. Denn es geht hierbei um die Umsetzung der europäischen Luftqualitätsrichtlinie. Die Notifizierung der EU ist nach Information der CDU-Europaabgeordneten Peter Liese und Norbert Lins jetzt erfolgt. Über das Notifizierungsverfahren bei der Kommission können technische Vorschriften bereits vor ihrem Erlass geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie mit EU-Recht übereinstimmen. Viele Juristen hatten bezweifelt, dass das Gesetz dem Europarecht entspricht.
Nicht alle Städte sind aus dem Schneider
Wichtige Fragen und Antworten zum Thema Diesel-Fahrverbote finden Sie hier.Beide EU-Parlamentarier hatten sich für Notifizierung eingesetzt und zeigten sich hocherfreut. Es sei ein wichtiges Ziel, die Luftqualität in Städten immer weiter zu verbessern und dazu gebe es viele sinnvolle Maßnahmen. "Dieselfahrverbote bei nur geringfügiger Überschreitung des Wertes – es geht hier um den Bereich 40 bis 50 Mikrogramm – sind allerdings völlig unverhältnismäßig", erklärten sie. Deswegen seien sie sehr froh, dass es jetzt von der Europäischen Kommission grünes Licht für ein entsprechendes deutsches Gesetz gibt. "Wir sind zuversichtlich, dass Bundestag und Bundesregierung die Sache jetzt zügig abschließen werden, sodass viele drohende Fahrverbote vom Tisch sind", so Liese und Lins.
Allerdings sind nicht alle Städte aus dem Schneider, in einigen deutschen Metropolen liegt der Wert deutlich über 50 Mikrogramm. So sind nach Messungen des Umweltbundesamtes unter anderem Köln, Düsseldorf, Düren und Bochum mit Werten bis zu 62 Mikrogramm weiterhin nicht im grünen Bereich.
In welchen Städten Diesel-Fahrverbote gelten oder kommen, lesen Sie hier.
Mit der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes will die Bundesregierung festschreiben, dass Fahrverbote in der Regel erst dann in Betracht kommen, wenn die NO2-Belastung oberhalb von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Diese Regelung begründet die Bundesregierung damit, dass Überschreitungen unterhalb von 50 Mikrogramm mit anderen Maßnahmen ausreichend angegangen werden können.
Von Fahrverboten sollen zudem bestimmte Diesel-Fahrzeuge ausgenommen werden. Diesel-Pkw der Schadstoffklassen Euro-6 und nachgerüstete Euro-5- und Euro-4-Pkw, sofern deren Stickoxid-Emissionen unter 270 Mikrogramm pro Kilometer bleiben, sowie unter bestimmten Bedingungen nachgerüstete Busse, schwere Kommunalfahrzeuge sowie Handwerks- und Lieferfahrzeuge sollen pauschal ausgenommen werden; Lkw der Schadstoffklasse Euro-VI im Grundsatz ebenfalls, allerdings sollen für diese gegebenenfalls Verkehrsverbote verhängt werden können.
Die Ausnahmeregelungen (Bundestagdrucksachen 19/6335 und 19/6927) stießen der Anhörung bei Juristen auf ein gemischtes Echo.
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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