Werkzeuge: Ein Blick in die Zukunft
Digitalisierung, Automatisierung und Nachhaltigkeit bewegen den Werkzeugmarkt. Ein Besuch bei dem Hersteller Sandvik Coromant in Schweden, der auf der Eisenwarenmesse 2021 in Köln zu sehen sein wird.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Neue Werkzeuge für das Handwerk
Achtung, wichtiger Hinweis! Ursprünglich war die Internationale Eisenwarenmesse vom 1. bis zum 4. März 2020 geplant. Nun wurde sie kurzfristig auf einen neuen Termin im Februar 2021 verschoben. Die Koelnmesse trägt damit der sich in jüngster Vergangenheit zunehmend verschärfenden weltweiten Lage rund um das Auftreten des Corona-Virus Rechnung.
Was sich mit den Produkten herstellen lässt, kennt jeder. Doch den weltgrößten Hersteller von Werkzeugen, Werkzeuglösungen und Know-how für die Metallverarbeitung kennt kaum einer: Sandvik Coromant. Zusammen mit der Eisenwarenmesse haben wir die Schweden besucht.
Teilnehmer an der Europäischem Fachpressekonferenz Internationale Eisenwarenmesse Stockholm. Foto: © KoelnMesseGut eine Stunde dauert die Fahrt vom Stockholmer Flughafen Arlando. Wir passieren noch Uppsala, danach geht es in unbekannte Gefilde. Oder ins "Nirgendwo", wie Claes Nord von Sandvik Coromant augenzwinkernd beschreibt. Dass im schwedischen Gimo Werkzeuge für die Metallbearbeitung entstehen, weltweit in 150 Länder geliefert werden und illustre Kunden wie Apple, Airbus, Rolls-Royce und Scania mit ihren Präzisionswerkzeugen arbeiten, weiß kaum einer. Dabei arbeiten für den Weltmarktführer Sandvik global knapp 8.000 Mitarbeiter und täglich verlassen im Schnitt sechs neue Produkte die Fertigungshallen. Ihr Know-how steckt in Getrieben genauso wie in der Handyschale etwa des iPhones.
Ressourcenschonender Materialeinsatz
Zwei Dinge sind es, die den Konzern bewegen: Höchste Präzision bei der Entwicklung und Fertigung der Produktpalette – und die Einhaltung der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, wie sie die UNO festgeschrieben hat. Oder in der Version des schwedischen Werkzeugherstellers: Ein noch genaueres und präziseres Arbeiten erlaubt einen ressourcenschonenden und nachhaltigen Einsatz von Materialen. So lässt sich ein wichtiger Beitrag für die Umwelt leisten – und das schon lange vor "Fridays for Future".
Einsatz digitaler Technologien
Präzision heißt dabei der Einsatz digitaler Technologien – und Automation. Menschen arbeiten nur noch wenige in den Gimoer Produktionshallen, teilweise ist ein Mitarbeiter für zehn Maschinen verantwortlich, die rund um die Uhr laufen. Arbeitsplätze hat die Digitalisierung nicht gekostet. "Heute arbeiten hier rund 1.450 Mitarbeiter", sagt Nord. "Vor zehn Jahren waren es auch 1.450 Mitarbeiter – nur machen die heute teilweise etwas völlig anderes."
Wenig manuelle Arbeit
Manches ist (noch) gleichgeblieben. Manuell werden beispielsweise Schneidwerkzeug und Wendeplatten kontrolliert – als Kontrolle der Maschinen. Eine Mitarbeiterin sitzt an einem kleinen Tisch, dreht und wendet das jeweilige Kleinteil, misst nach und schaut, ob alles wirklich passt. Ob die fertigen Produkte tatsächlich den Qualitätsstandards und Messvorgaben entsprechen, ist künftig eine Aufgabe von Maschinen, die die Arbeitsschritte schneller und damit effizienter übernehmen können. Demnächst sollen 3D-Kameras diesen manuellen Schritt – jedes Teil anfassen und unter dem Mikroskop genau untersuchen – übernehmen.
Transporte per Roboter
Zwischen den Stationen kreuzen immer wieder Roboter den Weg. Denn das Material gelangt mit automatischen Lieferrobotern von Station zu Station, und das schon seit 1989. Die Metallblöcke finden so automatisch zu den jeweiligen Bearbeitungsmaschinen, werden automatisiert aufgenommen und von Industrierobotern fertig bearbeitet: Bohren, Drehen, Fräsen, Schneiden bis hin zur Härtung, Beschichtung und Verpacken ist fest in Maschinenhand, der menschliche Faktor kontrolliert und überwacht, ob die Maschinen laufen, und greift nur im Bedarfsfall ein. Fertig sind Präzisionswerkzeuge für die Metallbearbeitung.
Über 500 Patente
Dabei betritt Sandvik Coromant oft Neuland. Über 500 Patente haben die Schweden bereits gesammelt, sie kooperieren mit Partnern weltweit, aber auch mit der Königlichen Technischen Hochschule im nahen Stockholm. Dort werfen wir einen kurzen Blick in das "Powertrain Manufacturing for Heavy Vehicles Application Lab" und des "Swedish-German Testbed for Smart Production". Ein Ergebnis ist zum Beispiel Coro+, ein Service für die Maschinenanwender weltweit.
Damit werden die Maschinen überwacht, um bei Funktionsstörungen oder Fehlern sofort eingreifen zu können. Ein Smartphone überträgt ein Livebild der laufenden Maschine, die auch per Computer verbunden ist. Standortunabhängig, also überall in der Welt, kann der Controller auf Unregelmäßigkeiten reagieren, eine funktionierende Datenleitung vorausgesetzt. Mehr noch: Er kann über den PC in den Arbeitsablauf eingreifen und erhält in Echtzeit Daten, wie sich dieser Eingriff auf das Produkt auswirkt.
Ausgebuchte Eisenwarenmesse
In Halle 5.2 wird auf der Internationalen Eisenwarenmesse die Sonderschau 3D-Druck - Additive Fertigung zu sehen sein. Foto: © KoelnMesseDass wir bei Sandvik Coromant und der Königlichen Technischen Hochschule sind, ist kein Zufall. Wir erleben live vor Ort Produkte, wie sie im Frühjahr 2021 in Köln zu sehen sein werden. Der Direktor der Eisenwarenmesse, Matthias Becker, kann ein voll ausgebuchtes Gelände vermelden. Rund 2.800 Aussteller werden dort die neuesten Trends zeigen, aufgeteilt in die vier Bereiche Werkzeuge, Industriebedarf, Befestigungs- und Verbindungstechnik sowie Home-Improvement.
Größter Bereich ist natürlich das Segment Werkzeuge, das sich gleich in fünf Hallen findet. Ein besonderes Highlight ist die Verleihung des "EISEN Innovations-Awards powered by ZHH" auf dem EISENforum. Die Eisenwarenmesse zeichnet die besten, innovativsten Produkte aus. Ausstellende Unternehmen können ihre Produkte noch bis zum 7. Februar 2020 einreichen, in der Jury ist unter anderem Stefan Buhren vom Deutschen Handwerksblatt.
Text:
Stefan Buhren /
handwerksblatt.de
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