Der Griff in die Kasse ist kein Kavaliersdelikt
50 Euro fürs Tanken aus der Kasse nehmen? Oder sogar mit Hilfe einer Software Umsätze löschen? Spätestens bei der Kassenprüfung fliegt das auf. Steuerstrafrechtler Alexander Littich im Interview.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Kassenführung: Worauf müssen Händler achten?
Steuerstrafrechtler Alexander Littich von Ecovis in Landshut erklärt im Interview, warum Unternehmen beim Thema Kasse sorgfältig sein sollten.
DHB: Warum ist der Griff in die Kasse so beliebt?
Alexander Littich: 50 Euro zum Tanken? Der Griff in die Kasse ist einfach, verlockend und viele denken sich nichts dabei.
DHB: Im Frühjahr sorgte der Fall der Kassen-Betrugssoftware bundesweit für Aufsehen. Die Software löschte Umsätze. Somit blieben die Einnahmen steuerfrei. Ist der Trick mit Schummelsoftware neu?
Littich: Eigentlich nicht. Schon 2015 gab es dazu ein Urteil des Bundesfinanzhofs. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle versteht bei sowas keinen Spaß. Es handelt sich dabei um einen Betrugsversuch und in der Konsequenz um Steuerhinterziehung. Das kann richtig teuer werden.
Steuerstrafrechtler Alexander Littich von Ecovis aus Landshut. Foto: © EcovisDHB: Warum ist der Griff in die Kasse kein Kavaliersdelikt?
Littich: Der Griff in die Kasse war nie ein Kavaliersdelikt. Einnahmen sind zu versteuern.
DHB: Seit Januar 2018 gibt es bundesweit Kassennachschauen. Was hat sich seitdem geändert?
Littich: Ist eine Kasse nicht kassensturzfähig oder stellt ein Kassenprüfer andere Mängel fest, dann findet spontan eine Betriebsprüfung statt. Im besten Fall verwerfen die Prüfer die Buchführung nur für die Dauer der angeordneten Betriebsprüfung, normalerweise der letzten drei Jahre. Dann schätzen sie die Umsätze. Je nach Höhe der nachzuzahlenden Steuer wird das Strafverfahren gegen Geldauflage, Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe auf oder ohne Bewährung beendet. Im schlimmsten Fall schätzen die Prüfer den Umsatz im Rahmen des eingeleiteten Strafverfahrens bis zu zehn Jahre zurück. Sie nehmen dann beispielsweise den Wareneinsatz her und schlagen je nach Branche und Jahr, zum Beispiel in der Gastronomie zwischen 186 und 355 Prozent, auf. Diese Schätzung orientiert sich an dem Rohgewinnaufschlagssatz nach Richtsatzsammlung, also sozusagen der fiktiven Handelsspanne des Unternehmers. Das Bundesfinanzministerium hat gerade die neue Richtsatzsammlung für 2018 veröffentlicht und darin die bisherige Praxis im Wesentlichen bestätigt.
DHB: Fehler passieren nun mal. Wenn bei einer Kassennachschau beispielsweise ein Z-Bon fehlt, was können Unternehmer tun?
Littich: Obwohl auch wir von Ecovis immer wieder genau erklären, wie Unternehmer ihre Kassen ordnungsgemäß führen und was zu tun ist, wenn das Finanzamt die Kasse prüfen will, passieren natürlich Fehler. Wir haben zum Teil mit den Herstellern der Kassen-Software fehlende Dokumente aus den Kassenaufzeichnungen rekonstruieren können. So konnten wir zum Beispiel eine Zuschätzung von 20.000 Euro auf 6.000 Euro drücken.
DHB: Gibt es auch Mitarbeiter, die ihre Chefs anschwärzen?
Littich: Na klar. Es kommt häufig vor, dass sich verärgerte Mitarbeiter an die Behörden wenden und ihre früheren Arbeitgeber belasten. In einem Fall wurde so aufgedeckt, dass der Gastwirt erheblichen Umsatz neben der Kasse gemacht hat. Schon die Bestellung der Gäste wurde nicht in der Kasse registriert, sondern nur per Bedienungsblock aufgenommen. Und nach dem Kassieren landeten die Einnahmen in einer Schwarzgeldkasse, aus der heraus zum Teil die Leute auch noch schwarz bezahlt wurden. Wann immer die Ermittlungsbehörden solche konkreten Hinweise zugespielt bekommen, droht ein langwieriges Strafverfahren. Sich dagegen wirklich gut zu verteidigen, wird schwierig.
Quelle: Ecovis
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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