Karsten Wolf (l.) mit seinem Team. Jeder übernimmt die Aufgaben, die zu ihm passen. Dann tritt die Schulausbildung in den Hintergrund.

Bauunternehmer Karsten Wolf (l.) mit seinem Team. Jeder übernimmt die Aufgaben, die zu ihm passen. Dann tritt die Schulausbildung in den Hintergrund. (Foto: © Wolf Bauunternehmung GmbH)

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Ausbildung von Förderschülern: "Würde es jederzeit wieder machen"

Betriebsführung

Maurermeister Karsten Wolf bildet nicht nur einen Abiturienten und einen Jugendlichen mit mittlerer Reife aus, im Sommer hat auch ein ehemaliger Förderschüler die Gesellenprüfung bestanden. Eine starke Leistung.

Im Bauunternehmen von Maurermeister Karsten Wolf arbeiten außer ihm selbst noch drei Gesellen, zwei Auszubildende und eine Bürokraft – ein kleines Team also, bei dem alle Räder ineinandergreifen müssen, damit der Laden läuft. Und trotzdem hat Karsten Wolf die Herausforderung angenommen und einen ehemaligen Förderschüler als Azubi eingestellt - inzwischen ist er einer der drei Gesellen. Der Kontakt kam über die Deutsche Angestellten Akademie (DAA) zustande, die die Wolf Bauunternehmung GmbH in Bann (Landkreis Kaiserslautern) darauf angesprochen hatte.

Dass der heute 20 Jahre alte Marko im Sommer 2023 die Gesellenprüfung mit der Note drei bestehen konnte, war lange nicht abzusehen und hat dem Jugendlichen viel mentale und körperliche Kraft gekostet und den Kollegen viel Geduld abverlangt. Bis kurz vor der Prüfung hätten sie gemeinsam in der Halle an Bauteilen geübt, damit Marko die praktische Prüfung schafft, erzählt Karsten Wolf. Umso stolzer war hinterher das gesamte Team auf die Leistung. Während der Lehre wurde der Betrieb von der DAA unterstützt – sowohl finanziell als auch mit schulischer und sozialer Nachhilfe im Rahmen des Programms "AsA flex" (Assistierte Ausbildung) der Arbeitsagentur.

Der Jugendliche habe Schwierigkeiten bei der Findung einer Zukunftsperspektive gehabt, erzählt Karsten Wolf. Was Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit bedeuten, habe Marko erst lernen müssen. Und auch bei fachlichen Themen habe er deutlich mehr Zeit und Unterstützung als andere Auszubildende benötigt. "Im ersten Lehrjahr konnte er noch gar keine Leistung bringen, und auch später brauchten wir einen langen Atem. Daher war es für uns gut, dass es Zuschüsse vom Staat gab."

Handwerkskammern beraten Ausbildungsbetriebe Die Handwerkskammern unterstützen Betriebe vor und während der Ausbildung bis hin zur Prüfung. Sie informieren über Angebote für leistungsstarke Jugendliche (Stiftung Begabtenförderung, Berufswettbewerbe etc.) und vermitteln Beratungsangebote für Azubis mit Leistungs- und Entwicklungsstörungen.

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Die beiden anderen Auszubildenden sind Thorben (20), der 2022 das Abitur gemacht hat, und Kevin, der erst 18 ist und die mittlere Reife hat. Die stärkeren Jugendlichen fordern und die schwächeren fördern, das gehört bei Karsten Wolf in den letzten Monaten zum Arbeitsalltag. "Thorben kam über einen Ferienjob zu uns und hat schon nach einer Woche gemerkt, dass er gerne mit den Händen arbeitet", erzählt der Unternehmer.

"Nach dem Abitur hatte er keine Lust mehr auf Schule und hat bei uns die Ausbildung begonnen." Weil er schon einen Führerschein hatte, konnte er schnell selbstständig arbeiten. "Was bei der Entwicklung sehr gut half." Nach der Gesellenprüfung möchte er gleich seinen Meister machen.

Als Ausbildungsbotschafter angeworben

Dr. Till Mischler, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer der Pfalz, hat den Betrieb im Herbst besucht und Thorben gleich als neuen Ausbildungsbotschafter für die Handwerkskammer angeworben. Der 18-jährige Kevin ist ebenfalls im zweiten Lehrjahr, und auch er entwickele sich sehr gut, sagt Wolf. "

Er zeigt immer mehr Stärke darin, Leistungen schnell und ordentlich auszuführen." Damit das Team mit seinen unterschiedlichen schulischen Hintergründen und Altersstrukturen – zwei langjährige Gesellen sind über 50 – weiterhin gut zusammenarbeitet, hat der Unternehmer ein tägliches Teammeeting am Morgen eingeführt. "Das ist Gold wert", betont Wolf, der den Betrieb vor einem Jahr von seinem Vater übernommen hat.

Assistierte Ausbildung Für Jugendliche mit Lernschwäche gibt es Förderprogramme wie die Assistierte Ausbildung (AsA flex) der Agentur für Arbeit. Die Azubis werden individuell unterstützt und die Ausbildungsbetriebe intensiv begleitet. 
In Zukunft will er noch Arbeitspläne ausarbeiten, um mehr Struktur in die Abläufe zu bringen. Viele Betriebe scheuen davor zurück, Jugendliche mit einer Lernschwäche einzustellen, weil der Betreuungsbedarf intensiver ist. Karsten Wolf hat die Entscheidung nicht bereut. "Ich würde es jederzeit wieder machen. Auch um diesen Jugendlichen eine Chance zu geben, damit sie sich weiterentwickeln und nicht auf der Straße rumlungern." Bis jetzt klappe es gut, "selbst wenn er auch heute noch manchmal vergisst, sich bei Krankheit oder Arztterminen abzumelden".

Genau wie es anspruchsvolle Aufgabenbereiche für Abiturienten im Handwerk gebe, gebe es einfache, serielle Tätigkeiten, die man nur abarbeiten muss, sagt der Unternehmer. "Jeder kann eine Position übernehmen, die zu ihm passt. In Zeiten des Nachwuchs- und Fachkräftemangels sollte man nach allen Seiten offen sein."

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Text: / handwerksblatt.de

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