Mailkonto gehackt: Handwerker bekommt Geld nur teilweise
Der Kunde muss bei der Überweisung des Werklohns umsichtig handeln. Denn er trägt eine Mitschuld, wenn er ihn wegen eines Hacker-Angriffs an einen Betrüger zahlt. Das zeigt ein aktueller Fall des Landgerichts Koblenz.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Cyber-Attacken auf Handwerksbetriebe
Wer haftet, wenn der Auftraggeber den Werklohn fälschlicherweise an einen Betrüger überweist, der das das E-Mail-Konto des Handwerkers gehackt hat? Diese Frage hatte zuletzt das Oberlandesgericht Schleswig zugunsten der Kundin entschieden.
Das Landgericht Koblenz hat jetzt in einem ähnlichen Fall anders geurteilt und sah beide Seiten in der Verantwortung: Der Auftraggeber hätte die Gefahr erkennen müssen, auch wenn der Handwerker eine Mitschuld trägt.
Der Fall
Ein Werkunternehmer hatte einen Gartenzaun zum vereinbarten Pauschalpreis von 11.000 Euro errichtet. Nachdem er die Rechnung am 9. Juli 2022 gestellt hatte, kam es zum Streit. Denn beim Handwerker war kein Geld angekommen. Der Kunde entgegnete, dass er den Werklohn bereits überwiesen habe. Als Beweis schickte er dem Handwerker per WhatsApp Screenshots von zwei Überweisungen – eine über 6.000 Euro, eine weitere über 5.000 Euro. Das Problem: Das Geld hatte der Kunde an eine Bankverbindung überwiesen, die nicht dem Werkunternehmer gehörte. Als Zahlungsempfänger war eine dritte Person angegeben, die mit dem Zaunbau nichts zu tun hatte und vermutlich ein Betrüger war.
Der Handwerker klagte auf Zahlung. Vor Gericht erklärte der Kunde, er habe am 11. Juli 2022 eine E-Mail von der Adresse des Handwerkers erhalten, in der eine neue Bankverbindung angekündigt worden sei. Daraufhin habe er am 15. Juli eine weitere E-Mail mit den "neuen Kontodaten" erhalten und die Überweisungen auf Grundlage dieser – gefälschten – Nachricht vorgenommen.
Das Urteil
Das Landgericht Koblenz urteilte, dass der Handwerker grundsätzlich weiterhin den Werklohn verlangen kann. nach § 631 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Mit der der Überweisung auf ein fremdes Konto habe der Kunde seine Zahlungspflicht nicht erfüllt. Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auf die allgemeine Gefahr von E-Mail-Betrug und Konto-Hacking – ein Risiko, das beide Parteien bei digitaler Kommunikation bewusst in Kauf genommen hätten.
Handwerker hat gegen Datenschutz verstoßen
Gleichzeitig sprach das Gericht dem Kunden einen Schadensersatz zu, den er mit dem Zahlungsanspruch des Werkunternehmers verrechnen kann. Grund dafür sei ein Verstoß des Handwerkers gegen den Datenschutz. Nach Art. 82 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Der Werkunternehmer habe es versäumt, personenbezogene Daten wie die E-Mail-Adresse und Rechnungsdetails des Auftraggebers ausreichend zu schützen, betonte das Gericht.
Kunde trägt mehr Schuld als der Unternehmer
Allerdings sah das Gericht auch beim Kunden ein erhebliches Mitverschulden. Die Mitteilung einer neuen Kontoverbindung hätte ihm Anlass zu einer kritischen Prüfung geben müssen. Mindestens eine einfache Rückfrage beim Werkunternehmer wäre angemessen gewesen. Das hatte der Kunde aber nicht getan. Auch die Sendung der Screenshots von den Überweisungen per WhatsApp reichte laut Gericht nicht aus. Denn WhatsApp-Nachrichten seien für schnelle Kommunikation gedacht und ermöglichten keine gründliche Prüfung sensibler Daten.
Zwar hätte der Werkunternehmer anhand der Screenshots erkennen können, dass das Geld an einen falschen Empfänger ging, eine entsprechende Pflicht zur Prüfung hatte er jedoch nicht. Das Risiko der Fehlüberweisung lag somit beim Kunden.
"Den Parteien, die sich darauf einigen, ihre Korrespondenz über E-Mail zu führen, sei daher bekannt, dass es sich dabei um einen unsicheren und damit fälschungsanfälligen Kommunikationsweg handele", fasst das Gericht das Problem zusammen. Zwar habe der Kunde den richtigen Riecher gehabt, als er der E-Mail misstraute. Dieses Misstrauen hätte er dem Handwerker aber deutlicher zeigen müssen.
Das Landgericht Koblenz sprach dem Werkunternehmer letztlich 75 Prozent des ursprünglichen Werklohns zu, insgesamt 8.250 Euro. Der Kunde durfte 25 Prozent, also 2.750 Euro, mit seinem eigenen Schadensersatzanspruch aus der DSGVO verrechnen.
Landgericht Koblenz, Urteil vom 26. März 2025, Az. 8 O 271/22
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Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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