Großeinsatz: So geht der Zoll gegen Schwarzarbeit am Bau vor
Im gesamten Bundesgebiet gab es einen Großeinsatz des Zolls gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung am Bau. Noch vor Ort wurden hunderte Verfahren eingeleitet. Finanzminister Klingbeil kündigt ein härteres Vorgehen gegen Schwarzarbeit an.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Offensiv gegen Schwarzarbeit
Auf vielen Baustellen arbeiten Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis, werden die Arbeiter ausgebeutet oder gibt es bandenmäßigen Betrug mit undurchschaubaren Subunternehmerstrukturen. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls führt deshalb regelmäßig bundesweite Schwerpunktprüfungen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung in der Baubranche durch. Die Razzien betreffen vor allem, aber nicht nur Großbaustellen. Am 16. Juni 2025 waren bundesweit 2.800 Zöllnerinnen und Zöllner vom Morgen bis in die Abendstunden im Einsatz. Sie haben über 8.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ihren Beschäftigungsverhältnissen befragt und etwa 280 Geschäftsunterlagen geprüft. Noch vor Ort leiteten die Zöllnerinnen und Zöllner rund 300 Straf- sowie über 400 Ordnungswidrigkeitenverfahren ein. Von den rund 300 Strafverfahren handelt es sich in mehr als 200 Fällen um Verfahren wegen des Aufenthalts ohne Aufenthaltstitel.
"Nach bisherigen Erkenntnissen ergaben sich darüber hinaus in mehr als 1.800 Fällen erste Hinweise auf mögliche Verstöße", meldet die Generalzolldirektion. In knapp 560 Fällen geht es um das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen sowie in mehr als 260 Fällen um die Einhaltung der Mindestlöhne. Diesen Hinweisen gehe die FKS nun weiter intensiv nach.
Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) will die Gangart gegen Schwarzarbeit weiter verschärfen. Er sagt: "Wir wollen die Ermittlungen weiter intensivieren und so noch mehr aufdecken, Menschen vor Ausbeutung schützen und staatliche Einnahmen sichern. Wir werden deshalb die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls weiter stärken und die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Kampf gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung zügig verbessern." Noch vor der Sommerpause will Klingbeil einen Gesetzentwurf dazu vorlegen. Mehr dazu auch hier
Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes unterstützt die Prüfungen und fordert seit Längerem mehr Kontrollen und mehr Personal beim Zoll. Am Ende ist der Schaden nicht nur für den Staat enorm, sondern auch für die ehrlichen Bauunternehmen.
Jetzt folgen umfangreiche Nachermittlungen
An die Schwerpunktprüfung schließen sich in allen Hauptzollämtern jetzt umfangreiche Nachermittlungen an. Hier werden die vor Ort erhobenen Daten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit der Lohn- und Finanzbuchhaltung der Unternehmen abgeglichen und weitere Geschäftsunterlagen - insbesondere der Lohn- und Finanzbuchhaltung- geprüft. Die Zoll-Ermittler tauschen sich dabei mit anderen Behörden und der Rentenversicherung aus.
Beispiele aus den Regionen
Foto: © ZollIn Köln, Leverkusen und Umgebung überprüften mehr als 110 Zöllnerinnen und Zöllner der FKS etwa 280 Beschäftigte von knapp 90 Arbeitgebern. Elf Männer - drei Belarussen, zwei Kosovaren, ein Albaner, drei Ukrainer, ein Serbe und ein Türke - konnten keine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis vorlegen. Gegen alle Männer und ihre Arbeitgeber wurden noch vor Ort Ermittlungsverfahren eingeleitet.
"Über die weiteren aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen bezüglich der Männer entscheiden jetzt die zuständigen Ausländerbehörden. Die weiteren Ermittlungen unserer Finanzkontrolle Schwarzarbeit konzentrieren sich nun auf die Arbeitgeber", so Jens Ahland, Pressesprecher des Hauptzollamts Köln.
Die vorläufige Bilanz aus Köln: Bei drei Firmen gibt es erste Hinweise, dass den Beschäftigten nicht der Mindestlohn gezahlt wird. In fünf Fällen werden Ermittlungen wegen fehlender Meldung zur Sozialversicherung aufgenommen. Für den Missbrauch von Sozialleistungen gibt es in fünf Fällen Anhaltspunkte.
Ein Streifenwagen vom Hauptzollamt Duisburg Foto: © ZollIm Kreis Kleve und in Duisburg zum Beispiel waren den ganzen Tag über knapp 40 Zöllnerinnen und Zöllner des Hauptzollamts Duisburg auf Baustellen unterwegs. Sie haben 120 Personen befragt und sich die Geschäftsunterlagen vieler Unternehmen angeschaut. Die Bilanz: Acht Verfahren wegen Verdachts des illegalen Aufenthalts, drei Verfahren wegen Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und 20 Ordnungswidrigkeiten. Etwa wegen fehlender Meldungen zur Sozialversicherung, nicht mitgeführter Ausweispapiere und nicht vorliegender Arbeitsgenehmigungen bei Ausländern. In 32 Fällen sind weitere Prüfungen der Geschäftsunterlagen notwendig, da sich daraus weitere Verstöße ergeben könnten.
Im Bereich der FKS Karlsruhe wurden 88 Personen befragt und bei vier Unternehmen die Geschäftsunterlagen geprüft. Dabei wurden gleich vor Ort sechs Strafverfahren und zwei Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, darunter wegen des illegalen Aufenthalts in Deutschland. Zwei Personen versuchten zu fliehen, wurden aber von den Einsatzkräften daran gehindert. Eine Person wurde angetroffen, die mit Haftbefehl gesucht wurde.
In der Region Heilbronn haben die Zöllnerinnen und Zöllner 20 Großbaustellen geprüft - insgesamt 38 Betriebe und vier Einzelselbstständige. Auch das hat sich gelohnt. In fünf Fällen gab es den Verdacht auf das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, in sieben Anhaltspunkte für eine mögliche illegale Ausländerbeschäftigung und in einem Fall besteht der Verdacht auf einen Leistungsbetrug. 29 mal stellten die Zöllnerinnen und Zöllner Meldepflichtverstöße oder Verstöße gegen arbeitnehmerüberlassungsrechtliche Vorgaben fest.
Sechs Arbeitnehmer im Raum Frankfurt vorläufig festgenommen
Bei den Kontrollen des Hauptzollamts Frankfurt am Main waren 48 Zöllnerinnen und Zöllner sowie sechs Bedienstete des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main im Einsatz und auf Baustellen sowie am Frankfurter Flughafen unterwegs. Insgesamt wurden 55 Arbeitgeber überprüft und vor Ort 166 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ihren Arbeitsverhältnissen befragt.
In 61 Fällen gab es Anhaltspunkte dafür, dass der Meldepflicht zur Sozialversicherung nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen wurde. Das muss jetzt anhand der Geschäftsunterlagen bei den jeweiligen Arbeitgebern überprüft werden. Darüber hinaus wurden noch vor Ort sieben Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Arbeitnehmer eingeleitet, da sie ihren Personalausweis, Pass oder Passersatz nicht dabei hatten. Im Baugewerbe besteht für Arbeitnehmer eine Mitführungs- und Vorlagepflicht von Ausweispapieren. Außerdem wurden 71 Verstöße gegen die Sofortmeldepflicht festgestellt (Hintergrund: im Baugewerbe müssen Arbeitgeber ihre Beschäftigten spätestens bei Arbeitsaufnahme bei der Sozialversicherung anmelden).
Im Rahmen der Prüfungen wurden zudem auf mehreren Baustellen insgesamt drei serbische Staatsbürger sowie je ein albanischer, kosovarischer und belarussischer Staatsbürger angetroffen. Alle verfügten nicht über den erforderlichen Aufenthaltstitel. Gegen diese sechs Arbeitnehmer wurden Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des illegalen Aufenthalts eingeleitet. Sie wurden vorläufig festgenommen und zur weiteren Sachbearbeitung auf die Dienststelle der FKS beziehungsweise der Polizei verbracht.
Hier stellte sich unter anderem heraus, dass der albanische Staatsbürger bereits zur Festnahme ausgeschrieben war, weil er seiner Ausreiseaufforderung aus März 2025 nicht nachgekommen ist. Er wurde an die Polizei übergeben. Die Ermittlungen gegen die Arbeitgeber dauern noch an.
Christine Straß, Pressesprecherin beim Hauptzollamt Frankfurt am Main, zur Schwerpunktprüfung: "Gerade in der Baubranche gibt es zahlreiche und sehr komplizierte Umgehungs- und Verschleierungsformen. Wir nehmen daher alles genau unter die Lupe - unter risikoorientierten Aspekten und aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung, von Verbänden oder auch anderen öffentlichen Stellen. Wir befragen die Personen vor Ort und prüfen sämtliche Geschäftsunterlagen, egal, wo diese sich befinden. Die anschließenden Ermittlungen brauchen dann oft viel Zeit, gerade dann, wenn sogenannter Kettenbetrug vorliegt. Das bedeutet, dass durch Vortäuschen vermeintlicher Nachunternehmer Geld generiert wird, mit dem dann Schwarzlöhne gezahlt werden."
Quelle: Generalzolldirektion
DHB jetzt auch digital!Einfach hier klicken und für das digitale Deutsche Handwerksblatt (DHB) registrieren!
Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
Kommentar schreiben