Die EU-Kommission schlägt vor, dass Automobilhersteller die CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2021 nur noch zu 90 Prozent verringern müssen, statt wie zunächst geplant um 100 Prozent.

Die EU-Kommission schlägt vor, dass Automobilhersteller die CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2021 nur noch zu 90 Prozent verringern müssen, statt wie zunächst geplant um 100 Prozent. (Foto: © Sergiy Serdyuk/123RF.com)

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EU-Kommission weicht Verbrennerverbot auf

Handwerkspolitik

Die Europäische Kommission lockert das Neuzulassungsverbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035. Die Autobranche soll bei der Erreichung der CO₂-Ziele durch mehr Technologiefreiheit flexibler werden.

Die Europäische Kommission hat Pläne vorgestellt, um den Automobilsektor beim Übergang zu sauberer Mobilität zu unterstützen. Sie schlägt vor, dass Automobilhersteller die CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2021 nur noch zu 90 Prozent verringern müssen, statt wie zunächst geplant um 100 Prozent. Die übrigen zehn Prozent Emissionen müssen durch die Verwendung von klimafreundlich in der EU produziertem Stahl oder durch E- und Biokraftstoffe kompensiert werden. "Dies wird es ermöglichen, dass Plug-in-Hybride, Reichweitenverlängerer oder Mild-Hybride auch nach 2035 eine Rolle spielen, zusätzlich zu vollelektrischen Fahrzeugen und Wasserstofffahrzeugen", so die Kommission.

Sie will zudem in der EU die Produktion von kleinen, preiswerteren E-Autos unter 4,20 Meter Länge in Europa fördern. Die Hersteller sollen damit Bonuspunkte, sogenannten Superkrediten, sammeln können. Für die Erreichung ihrer CO₂-Ziele vor 2035 können Automobilhersteller von speziellen Begünstigungen für kleine, erschwingliche Elektroautos (made in EU) profitieren. Für das 2030-Ziel für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge wird zusätzliche Flexibilität eingeführt: Die Ziele können im Dreijahreszeitraum 2030 bis 2032 im jährlichen Durchschnitt erfüllt werden. Das CO₂-Ziel für leichte Nutzfahrzeuge für 2030 wird außerdem von 50 Prozent auf 40 Prozent gesenkt.

Neue Regeln für Unternehmensflotten

Die EU-Kommission schlägt außerdem eine Änderung der Vorgaben zur Erreichung Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge vor, um die Einhaltung der Ziele für 2030 zu erleichtern. Für Unternehmensflotten sollen auf nationaler Ebene Ziele festgelegt werden, um die Einführung von emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeugen zu fördern. Ab 2030 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ein Mindestanteil neuer Firmenwagen und Lieferwagen, die von großen Unternehmen zugelassen werden, emissionsfrei oder emissionsarm ist, wobei ein separates Teilziel für emissionsfreie Fahrzeuge gilt. Diese Ziele unterscheiden sich je nach Mitgliedstaat.

Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) begrüßt die von der EU-Kommission vorgelegte Anpassung der CO₂-Flottenziele für Neuwagen ab 2035. Die Absenkung des Reduktionsziels von 100 auf 90 Prozent sowie die geplante Einbeziehung von Plug-in-Hybriden und Range-Extendern über 2035 hinaus seien ein notwendiger und überfälliger Schritt hin zu mehr Realismus in der europäischen Klimapolitik, denn für das Kfz-Gewerbe greife die bisherige Electric-Only-Strategie der EU greift ins Leere.

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"Technologieoffenheit und Realismus sind keine Rückschritte"

"Unsere Betriebe erleben jeden Tag, wo die europäische Regulierung an der Realität scheitert: bei hohen Ladekosten, fehlender Infrastruktur und Alltagstauglichkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher", erklärt ZDK-Präsident Thomas Peckruhn. "Klimaneutrale Mobilität funktioniert nur, wenn sie für die Menschen bezahlbar, praktikabel und verlässlich ist. Alles andere bleibt Theorie. Wir haben hocheffiziente Verbrenner im Angebot, nämlich den 48-Volt-Mild-Hybrid-Motor, der mit klimaneutralem Kraftstoff betankt einen Mehrwert für den Klimaschutz bietet. Diese Technologie gehört mit in die Erfüllungsoptionen für eine künftige CO₂-Flottenregulierung."

Bei den Emissionsmessungen am Auspuff müsse die Herkunft der Kraftstoffe eine Rolle spielen. Klimaneutrale Kraftstoffe seien hierbei herauszurechnen. Peckruhn: "Wenn künftig nur noch reine Elektrofahrzeuge nachgefragt werden sollten, dann verschwinden diese Angebote von selbst vom Markt, ohne umständliche Regulierung mit hohen Strafzahlungen." Der ZDK warnt davor, politische Zielvorgaben ohne ausreichende technische, wirtschaftliche und soziale Grundlagen festzulegen. "Die jetzt diskutierte Anpassung zeigt: Technologieoffenheit und Realismus sind keine Rückschritte, sondern klare Voraussetzungen für nachhaltigen Fortschritt", so Peckruhn. 

Vier Maßnahmen für den Hochlauf der Elektromobilität

Laut ZDK kommt es bei der Etablierung der Elektromobilität auf vier Stellschrauben an:

  • Tempo bei Ladeinfrastruktur: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur muss deutlich schneller erfolgen – vor allem im ländlichen Raum und in Mehrfamilienhäusern. Statt der benötigten rund 500.000 neuen Ladepunkte pro Jahr entstehen in der EU, derzeit nur etwa 150.000, um das 2030-Ziel von 3,5 Mio. Ladepunkten zu erreichen. Klar ist: Laden muss überall einfach, transparent und bezahlbar sein.
  • Stromnetze fit machen: Elektromobilität scheitert ohne leistungsfähige Netze und bezahlbare Ladetarife. Der Netzausbau muss mit dem steigenden Bedarf an Fahrzeugen Schritt halten, sonst bleibt die Verkehrswende abstrakte Theorie.
  • Gebrauchtwagenmarkt stärken: Die Elektromobilität muss eine breite Akzeptanz finden. Dafür sind bezahlbare gebrauchte Elektro- und Hybridfahrzeuge, stabile und kalkulierbare Restwerte sowie transparente Batteriezustände entscheidend.
  • Reparieren statt Tauschen: Diagnose und -Instandsetzung von Fahrzeugbatterien sind bereits heute in Kfz-Betrieben möglich, um hohe Austauschkosten zu vermeiden und Vertrauen in Elektromobilität zu fördern.

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Text: / handwerksblatt.de

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