Bundesweit gibt es gerade eine Serie von Diebstählen aus Handwerkerfahrzeugen. Die Täter haben es auf hochwertige Werkzeuge, Maschinen und Material abgesehen. Selten hat der Betrieb Glück, dass er sein gestohlenes Werkzeug (schnell) wiedersieht, so wie es gerade in Wülfrath der Fall war. Hier konnte die Polizei zwei mutmaßliche Autoknacker fassen.
Was war passiert? Gegen 4 Uhr morgens am 21. Juni stellten Polizisten bei einer Streife einen verdächtigen BMW fest. Als der Fahrer den Streifenwagen bemerkte, gab er Gas und fuhr in hohem Tempo und ohne Licht davon. Er flüchtete quer durch die Stadt, bis die Fahrt an einem Absperrpfosten und einem erhöhten Bürgersteig unfreiwillig endete. Vier Personen sprangen aus dem BMW und liefen davon.
Die Polizisten konnten zunächst einen 19 Jahre alten Serben einholen und festnehmen. In dem Auto fanden sie mehrere Koffer mit Werkzeugen und Maschinen, die kurz zuvor aus einem Handwerkerfahrzeug gestohlen worden waren. Bei der Fahndung nach den drei übrigen Fahrzeuginsassen konnte - auch mit Hilfe eines Suchhundes und eines Polizeihubschraubers - ein weiterer Serbe (32) gestellt und festgenommen werden. Die anderen beiden Personen aus dem Auto werden noch gesucht.
Ermittelt wird jetzt, ob die Tatverdächtigen noch weitere Handwerkerfahrzeuge in der Umgebung geknackt haben. Zum Beispiel gab es eine Diebstahlserie in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai in der zehn Kilometer entfernten Stadt Velbert. Hier wurden gleich drei Transporter von Handwerksbetrieben aufgebrochen und leergeräumt. Der Gesamtschaden wird allein bei den drei Fahrzeigen auf einen hohen vierstelligen Betrag geschätzt.
Im Rhein-Erft-Kreis (ebenfalls NRW) gab es im gesamten Monat Mai sogar eine "Strategische Fahndung", angeordnet vom Landrat. Der Grund: "Im ersten Quartal dieses Jahres ist die Anzahl der Diebstähle aus Transportern von Handwerksbetrieben signifikant angestiegen", erklärt die örtliche Polizei. Insgesamt zählte sie in den ersten fünf Monaten des Jahres rund 350 Taten im Kreis, bei etwa einem Drittel blieb es bei Versuchen.
Die Polizei geht von mobilen, überregional agierenden Banden aus und hat deshalb mobilisiert. In einer Nacht Ende Mai kontrollierten die Polizisten über 300 Fahrzeuge und mehr als 400 Personen. "Wir müssen den Tätern klare Signale setzen", sagte Landrat Frank Rock. Bei der Großkontrolle haben die Beamten die Papiere der Fahrerinnen und Fahrer überprüft und in das Innere der Autos geschaut. Auch Kofferräume mussten geöffnet werden. Dabei wurden gleich in mehreren Fahrzeugen Einbruchwerkzeug gefunden
Verdienstausfall droht
Diebstähle aus Handwerkerfahrzeugen - beispielsweise Ford Transit, Citroen Jumper, Mercedes Sprinter oder VW-Transporter - häufen sich gerade im gesamten Bundesgebiet. Die Einzeltäter oder Banden haben es auf Werkzeug und Maschinen aber auch auf Materialien und Spezialausrüstungen abgesehen. Oft brechen sie die Schiebetüren auf, bohren Löcher in die Türen oder schlagen Fenster ein. Teilweise brechen die Diebe die Fahrzeuge sogar auf den Firmengeländen der Handwerksbetriebe auf.
Die betroffenen Betriebe müssen dann nicht nur den Verlust verkraften, sondern auch den Verdienstausfall, weil sie ihre Werkzeuge und Maschinen neu beschaffen und die Fahrzeuge in die Werkstatt bringen müssen. Aufträge können dann natürlich nicht wie geplant durchgeführt werden.
Wie schützt man den Fahrzeuginhalt am besten?
Prävention ist möglich. Das Landeskriminalamt von Nordrhein-Westfalen hat aufgrund des starken Anstiegs der Diebstähle aus Handwerkerfahrzeugen, der bereits seit zwei Jahren beobachtet wird, den Ratgeber "Schutz vor Diebstählen aus Firmenfahrzeugen" herausgegeben. Da geht es um Verhaltensweisen, mechanische und elektronische Sicherungen und das Kennzeichnen von Werkzeugen.
Auch wenn es trivial klingt, aber es kann schon helfen, die Materialien und Werkzeuge nicht sichtbar im Fahrzeug liegen zu lassen: "Täter machen sich in der Regel vor dem Aufbrechen des Fahrzeugs oder dem Einschlagen einer Scheibe ein Bild von der zu erwartenden Beute", so die Polizei.
"Es gibt keinen absoluten Schutz vor Autoaufbrüchen, aber die Empfehlungen unserer Kriminalprävention können den Diebstahlsschutz verbessern. Zudem können versteckt verbaute Ortungssysteme nach einer Tat helfen, die gestohlenen Werkzeuge wiederzufinden und die Täter zu identifizieren", so Kriminaldirektor Dirk Schuster 2024 bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Handwerkskammer zu Köln.
Wie sich Ortungssysteme rechnen, zeigt ein Fall aus Köln von April 2023. Hier war aus dem Ford Transit einer Heizungs- und Sanitärfirma ein Werkzeugkoffer gestohlen worden. In dem Werkzeugkoffer war ein GPS-Tracker verbaut. (Hier ein Link zu einem Artikel aus dem Jahr 2021 zum Thema GPS-Tracker) Ein Mitarbeiter des SHK-Betriebs konnte den Koffer orten und informierte sofort die Polizei. Die Beamten fanden in einem Einfamilienhaus nicht nur den Werkzeugkoffer, sondern beschlagnahmten gleich mehrere weitere hochpreisige Werkzeuge und Werkzeugkisten, für die die Bewohnerinnen keinerlei Eigentumsbelege vorlegen konnten.
Tipps von der Polizei und der Handwerkskammer zu Köln:
1. Sicherheitsmaßnahmen für das Handwerkerfahrzeug
✓ Sicherheitsverriegelung und Alarmanlage: Rüsten Sie Ihr Fahrzeug mit einer zusätzlichen Sicherheitsverriegelung und einer modernen Alarmanlage aus. Der Aufwand für Diebe, solche Systeme zu umgehen, ist in der Regel zu groß, sodass sie durch akustische und/oder optische Alarme abgeschreckt werden. Auch Warnaufkleber, die auf entsprechende Systeme hinweisen, können einen abschreckenden Eindruck hinterlassen.
✓ Verstärkte Scharniere und Schlösser: Ergänzen Sie Ihre Schiebetüren und Hecktüren mit verstärkten Scharnieren und Spezialschlössern. Diese bieten zusätzlichen Schutz und erschweren das Aufbrechen der Türen.
✓ GPS-/Bluetooth-Tracking: Installieren Sie Ortungssysteme im Fahrzeug sowie an Ihrem Werkzeug, um den Standort Ihres Fahrzeugs und Ihres Inventars jederzeit verfolgen zu können. Im Fall eines Diebstahls ermöglichen die Tracker der Polizei schnelleres Handeln.
✓ Keine Wertgegenstände sichtbar aufbewahren: Auch wenn es trivial klingt – achten Sie darauf, keine Werkzeuge oder Materialien sichtbar im Fahrzeug zu lassen. Decken Sie Werkzeuge ab oder verstauen Sie sie in fest installierten/montierten Wertbehältnissen im Fahrzeug.
2. Bewusste Verhaltensweisen zur Prävention
✓ Nie unverschlossen lassen: Auch für kurze Momente – lassen Sie das Fahrzeug niemals unverschlossen und stellen Sie sicher, dass alle Türen verschlossen sind, selbst wenn Sie sich nur kurz vom Fahrzeug entfernen.
✓ Über Nacht leeren: Wenn möglich, nehmen Sie Werkzeuge und wertvolle Maschinen über Nacht mit ins Lager oder in Ihre Werkstatt. Fahrzeuge auf offener Straße sind nachts besonders gefährdet.
✓ Standorte bewusst wählen: Parken Sie Ihr Fahrzeug möglichst auf gut beleuchteten Plätzen und in Sichtweite von Überwachungskameras. Wenn Ihr Unternehmen einen abgeschlossenen Parkplatz hat, nutzen Sie diesen.
✓ Anwesenheitskontrolle durch Sensoren: Moderne Systeme bieten Sensoren, die das Fahrzeuginnere überwachen und bei unbefugtem Zugriff Alarm schlagen können. Kameras im Innenbereich, die sich beim Abstellen des Fahrzeugs aktivieren lassen, schrecken Diebe zusätzlich ab und können entscheidend zur Aufklärung beitragen.
✓ Werkzeug inventarisieren: Notieren Sie sich die Individualnummern Ihrer Werkzeuge und Maschinen und schreiben Sie diese auf. Die Rechnung enthält meist nur die Typenbezeichnung.
✓ Werkzeug individuell kennzeichnen: Markieren Sie ihr Werkzeug und ihre Werkzeugkoffer möglichst unveränderbar und großflächig mit ihrem Firmennamen, um den Weiterverkauf zu erschweren und die Wertgegenstände anhand der Markierungen eindeutig zu erkennen. Hierfür nutzen Sie am besten Brand- oder Brennstempel und/oder Gravuren
✓ Inventarliste führen: Für Schadensmeldungen ist eine aktuelle Liste mit Fotos, Kaufbelegen und Werten hilfreich
3. Was tun, wenn das Fahrzeug aufgebrochen wurde?
Wenn es zu einem Aufbruch oder Diebstahl kommt, sollte man sich direkt an die zuständige Polizei wenden. Die Polizei benötigt unter anderem eine detaillierte Auflistung der gestohlenen Werkzeuge sowie die Individualnummern.
Quelle: HWK zu Köln; Landeskriminalamt NRW
Kann man Werkzeug und Maschinen im Handwerkerfahrzeug versichern?
Um Werkzeug, Waren oder Ersatzteile in einem Handwerkerauto zu versichern, braucht man eine spezielle Versicherungslösung, denn der normale Kfz-Versicherungsschutz deckt das Werkzeug in der Regel nicht ab. Hierzu gibt es die Autoinhaltsversicherung.
Die Versicherung muss explizit Transport und Aufbewahrung im Fahrzeug einschließen. Nicht alle Versicherungen bieten eine Nachtzeitklausel: Sie regelt, ob der auch nachts (meist 22 bis 6 Uhr) versichert ist. Manche Versicherungen setzen auch eine Alarmanlage voraus.
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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