Nur nicht verzweifeln: Jugendliche, die über den Abbruch ihrer Ausbildung nachdenken, finden mithilfe der Bundesagentur für Arbeit oder den Kammern oft eine Alternative

Nur nicht verzweifeln: Jugendliche, die über den Abbruch ihrer Ausbildung nachdenken, finden mithilfe der Bundesagentur für Arbeit oder den Kammern oft eine Alternative (Foto: © sebra/123RF.com)

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Online-Test der BA spürt Ausbildungsabbrecher auf

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"PraeLab" soll dabei helfen, drohende Lehrabbrüche zu erkennen. Der von der Bundesagentur für Arbeit (BA) entwickelte Online-Fragebogen wird inzwischen an vielen berufsbildenden Schulen eingesetzt.

Im Handwerk wird fast ein Drittel aller Ausbildungsverträge innerhalb der ersten vier Monate gelöst. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Azubis fühlen sich überfordert, sie werden von ihrem Ausbilder unfair behandelt oder haben finanzielle Probleme. Vor zwei Jahren hat die Hochschule der Bundesagentur für Arbeit ihr selbstentwickeltes Instrument zur Prävention drohender Lehrabbrüche (PraeLab) an ausgewählten Standorten erprobt. Inzwischen setzen es viele Arbeitsagenturen bundesweit an den berufsbildenden Schulen ein.

Stärken und Schwächen erkennen

Auf den ersten Blick ist PraeLab ein Instrument, um fachliche Kompetenzen wie Kooperations- und Konfliktfähigkeit, zielorientiertes Handeln oder Pflichtbewusstsein zu ermitteln. Erst am Ende des über 100 Fragen umfassenden Online-Tools geht es um die Ausbildungszufriedenheit und darum, ob der Jugendliche darüber nachdenkt, die Lehre abzubrechen. Wer zufrieden ist, erhält als Auswertung des Tests ein Stärken-Schwächen-Profil. Droht dagegen der Abbruch, öffnen sich innerhalb des Programms weitere Seiten mit Fragen. "Hier gehen wir den Gründen nach. Liegt es am Ausbilder, an der Berufsschule oder haben die Auszubildenden finanzielle oder persönliche Probleme?", führt Berufsberaterin Brigitte Scholz von der Arbeitsagentur Leverkusen als Beispiele an.

Die Teilnahme an PraeLab ist freiwillig. Alle Daten des Frühwarnsystems sind anonymisiert. Nur die PraeLab-betreuenden Lehrkräfte erfahren vom möglichen Ausbildungsabbruch und weisen die Auszubildenden auf das Beratungsangebot der anwesenden Berufsberater hin. "Diese Zusammenarbeit ist sehr wichtig, weil die meisten Lehrer ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Klassen haben und ein Türöffner für PraeLab sind", erklärt Beat Kieper, Berufsberater bei der Arbeitsagentur Bergisch Gladbach. Das Gespräch mit dem abbruchwilligen Azubi wird direkt nach dem Test gesucht. "Bei schulischer Überforderung können wir sofort ausbildungsbegleitende Hilfen anbieten oder auf die assistierte Ausbildung verweisen. Liegt finanziell etwas im Argen, schauen wir, ob Berufsausbildungsbeihilfe beantragt werden kann." Für die Jugendlichen sei dabei vorteilhaft, dass die Berufsberater unmittelbar nach der PraeLab-Diagnose die nächsten erforderlichen Schritte mit den jeweiligen Kollegen aus den Arbeitsagenturen oder etwa einem Berater der Kammer gezielt organisieren können.

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Herausfinden, wo es hakt

"Wir konzentrieren uns derzeit auf elf Ausbildungsberufe mit einer hohen Abbrecherquote", erklärt Beat Kieper. Er und Brigitte Scholz bieten PraeLab an sechs Berufskollegs in Leverkusen, Bergisch Gladbach und Wermelskirchen an. Aus dem Handwerk testen sie regelmäßig angehende Bäcker, Fachverkäufer, Friseure, Metallbauer, SHK-Anlagenmechaniker sowie Maler und Lackierer. "Den Arbeitsagenturen ist die Auswahl der Berufe freigestellt. In Köln oder Münster können es also ganz andere sein als bei uns."

In der frühen Phase der Ausbildung besteht die Chance, bei Problemen rechtzeitig einzugreifen. Deshalb laufen die meisten Testverfahren in den Fachklassen des ersten Ausbildungsjahres von November bis Januar ab. "Wird blockweise beschult, kann es auch April werden, weil die Lehrer ihre Schüler dann erst besser kennen und einschätzen können", so Beat Kieper. Doch nicht jede negative Äußerung zieht gleich das Schlimmste nach sich. Oft kommt nach einem halben Jahr auch der erste moralische Durchhänger. "Dann erleben wir uns manchmal in der elterlichen Rolle und motivieren die jungen Leute, dass sie trotz der Schwierigkeiten durchhalten sollen, weil sie eigentlich alle Anforderungen für die Ausbildung mitbringen", sagt Brigitte Scholz.

PraeLab ist für sie "kein Allheilmittel". Arbeitszeiten, Ernüchterung über den gewählten Beruf, zu niedrige Ausbildungsvergütung oder private Gründe oder Konflikte – PraeLab hat darauf wenig Einfluss. Aber es ist ein neues Angebot an den Berufskollegs, das auch junge Menschen erreicht, die sonst nicht in die Beratung gegangen wären. Jugendliche, die an ihrer Ausbildung zweifeln, ändern dadurch ihre Haltung. "Sie schmeißen nicht mehr einfach die Brocken hin, sondern sie entwickeln gemeinsam mit uns Ideen, wie es weitergehen könnte", sagt Brigitte Scholz. Das Gesprächsangebot am Ende eines PraeLab-Tages nehmen auch immer mehr Jugendliche mit anderen Anliegen an. "Inzwischen informieren sich auch viele junge Leute darüber, welche Perspektiven sie nach der Lehre haben."

Text: / handwerksblatt.de

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