simpleclub-Gründer Alexander Giesecke (r.) und Nicolai Schork expandieren in die berufliche Aus- und Fortbildung. Das Education-Tech-Unternehmen erstellt Lerninhalte wie Videos, Animationen und interaktive Übungen für Azubis. Bis zum Jahr 2022 will man die wichtigsten Ausbildungsberufe in Deutschland digital abbilden.

simpleclub-Gründer Alexander Giesecke (r.) und Nicolai Schork expandieren in die berufliche Aus- und Fortbildung. Das Education-Tech-Unternehmen erstellt Lerninhalte wie Videos, Animationen und interaktive Übungen für Azubis. Bis zum Jahr 2022 will man die wichtigsten Ausbildungsberufe in Deutschland digital abbilden. (Foto: © simpleclub)

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Simpleclub nimmt Auszubildende und Meister auf

Aus Schülern werden Azubis. Aus Gesellen werden Meister. Bislang hat sich simpleclub vor allem auf Erstere konzentriert. Nun expandiert das Education-Tech-Unternehmen in die berufliche Aus- und Weiterbildung.

"Tausende Nutzer drängen uns schon seit Jahren dazu, dass wir Lernvideos, Übungsaufgaben und Zusammenfassungen für die Ausbildung produzieren sollen", erklärt Alexander Powell, der bei der Online-Lernplattform simpleclub den B2B-Bereich verantwortet. Schließlich brauche man Mathematik und Physik etwa auch in den gewerblich-technischen Berufen. 

Didaktisches Konzept

simpleclub lässt Studenten oder Meisterschüler den Content für die Ausbildungsberufe erstellen. Um die Inhalte zu prüfen, werden aber auch externe Fachleute hinzugezogen. Foto: © simpleclubsimpleclub lässt Studenten oder Meisterschüler den Content für die Ausbildungsberufe erstellen. Um die Inhalte zu prüfen, werden aber auch externe Fachleute hinzugezogen. Foto: © simpleclub

Die Lerninhalte für die Ausbildung orientieren sich am Rahmenlehrplan des jeweiligen Berufs. "Darauf basierend erstellen wir ein didaktisches Konzept, in dessen Rahmen wir Themen festlegen und bis ins Detail clustern und ausarbeiten", erklärt Alexander Powell. Dem simpleclub ist es wichtig, dass die Autoren noch die Sprache ihrer Zielgruppe sprechen. "Ihre Ausbildung sollte nur zwei bis drei Jahre zurückliegen."

Content-Schreiber aus der Praxis

In der Regel schreiben Studenten eines verwandten Fachbereichs oder Meisterschüler den Content, auch externe Fachleute aus der Praxis werden hinzugezogen. "Ausbilder und Berufsschullehrer wissen, welcher Stoff den Auszubildenden die meisten Probleme bereitet und welche Inhalte wirklich prüfungsrelevant sind." Ihr Feedback fließt in die Produktion und Qualitätskontrolle der Erklärvideos, Animationen, Übungen und Zusammenfassungen der Ausbildungsinhalte ein.

Recruiting neuer Autoren

In Deutschland gibt es über 300 Ausbildungsberufe. Dass simpleclub die Autoren ausgehen, befürchtet Alexander Powell nicht. "Sehr viele Leute aus den unterschiedlichsten Berufen kommen auf uns zu und haben richtig Lust, die Digitalisierung der Ausbildung mit uns zu gestalten. Wir haben aber auch sehr gute Recruiter, die nach den passenden Kandidaten für uns suchen."

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Finanzierung der Inhalte

Übungen verschiedener Niveaustufen sollen dafür sorgen, dass das Gelernte sitzt. Foto: © simpleclubÜbungen verschiedener Niveaustufen sollen dafür sorgen, dass das Gelernte sitzt. Foto: © simpleclub

Bislang sind schon Lerninhalte für Maler und Lackierer sowie Bürokaufleute erstellt worden. Lizenzen für die Ausbildungsinhalte der Bankkaufleute stehen ab September 2021 zur Verfügung. Weitere sollen so schnell wie möglich folgen. Welche Ausbildungsberufe das sein werden, hängt für Co-Firmengründer Alexander Giesecke in erster Linie von zwei Faktoren ab: der Zahl der Azubis und dem Interesse möglicher Partner.

Monatliche oder jährliche Beiträge

Digitale Ausbildungsmaterialien zu produzieren, geht ins Geld. Um den Content für einen Beruf komplett digital abzubilden, muss simpleclub eine mittlere sechsstellige Summe investieren, Die Kosten sinken, wenn sich Berufe inhaltlich überschneiden. Je mehr Auszubildende die Lern-App potenziell nutzen können, desto eher refinanziert sie sich allein über den monatlichen oder jährlichen Beitrag.

Partner beteiligen sich an den Kosten

Ansonsten holt man sich Partner ins Boot. "Das hat mit Brillux bei den Malern und Lackierern sehr gut geklappt", verweist Alexander Giesecke auf die seit rund zwei Jahren bestehende Kooperation. Verbänden oder Unternehmen, die einzeln oder gemeinsam die initiale Bestellung mit genügend Lizenzen für einen Ausbildungsberuf übernehmen wollen, bietet der simpleclub-Geschäftsführer das direkte Gespräch an. "Wir schauen uns das Berufsbild an, schätzen individuell die Kosten ab und rechnen hoch, ab wann sich die Investition rechnet."

Brillux LernweltFür ihre Lernwelt hat die Akademie von Brillux zusammen mit simpleclub Lernvideos für Maler, Lackierer und Stuckateure produziert. Um auf die Inhalte zugreifen zu können, müssen sich potenzielle Nutzer registrieren. Neben den reinen Zahlen will der studierte Maschinenbauer jedoch auch in den Fokus nehmen, welche Zukunftsperspektiven ein Beruf hat. In die Kategorie mit Zukunft fallen für ihn die Bereiche IT und Pflege, "aber auch das Handwerk hat extrem gute Aussichten".  

Partner mit Strahlkraft

Potenzielle Unternehmenspartner dürften vorhanden sein. "In Deutschland gibt es so viele starke Mittelständler, die Strahlkraft haben und die einen Qualitätsstempel auf ihre Ausbildungsberufe setzen möchten", ist Alexander Powell überzeugt und lobt die Zusammenarbeit mit Brillux. Das Pilotprojekt sei erst für zwei Jahre geplant gewesen, doch schon nach der Hälfte der Laufzeit habe der Lack- und Farbhersteller es um weitere drei Jahre verlängert.

Videos für Maler und Lackierer

Inzwischen seien 150 Videos für die Maler und Lackierer produziert worden, weitere 50 folgen bis zum Sommer – und das Ende muss noch nicht erreicht sein. "Wir behalten immer jemanden im Team, der den Content weiter ausbaut." Neben spezifischen Inhalten für einen Ausbildungsberuf soll es auch Material geben, das allgemeines Grundwissen für eine Ausbildung vermittelt. Hierzu sei man in Gesprächen mit einem in Deutschland bekannten Unternehmen. "In den vergangenen Jahren sind viele Schüler mit Defiziten in Mathe und Physik in die Ausbildung gestartet. Corona dürfte die Ausgangslage nicht verbessert haben."

LernvideosFür die Ausbildung zum Maler und Lackierer sind bislang 150 Erklärvideos produziert worden. Beispiel gefällig? Im Film "Emissionen – Immisionen" werden die beiden Fachbegriffe in knapp drei Minuten anschaulich erklärt. Den Kaufleuten für Büromanagement stehen bereits 180 Erklärvideos zur Verfügung. Im über fünfminütigem Video "Bestellprozess" wird beispielsweise veranschaulicht, aus welchen Phasen sich der Bestellprozess zusammensetzt.

 Zugang für Ausbilder und Azubis

Mit simpleclub kann über PC, Smartphone oder Tablet gelernt werden. Foto: © simpleclubMit simpleclub kann über PC, Smartphone oder Tablet gelernt werden. Foto: © simpleclub

Die Videos, Animationen, Übungen verschiedener Niveaustufen und Zusammenfassungen sind auf der simpleclub-Lernplattform zu finden. Zugang erhält man über jedes beliebige Endgerät – egal ob PC, Smartphone oder Tablet. Jedem Betrieb wird für alle Nutzer, Ausbilder und Auszubildende eine eigene Ansicht mit Unternehmenslogo in der App eingerichtet.

Lernen aus eigenem Antrieb

Die Philosophie von simpleclub lebt davon, dass die Schüler aus eigener Motivation heraus lernen. Dieses Prinzip soll auch für die Ausbildung gelten. "Die Ausbilder können den Lernfortschritt nachvollziehen und den Auszubildenden gezielt Aufgaben zuweisen, sie sollen aber nicht jeden Schritt überwachen." Alexander Powell verspricht, einen guten Mittelweg zu finden.

Kosten für Ausbildungsbetriebe

Für die Nutzung der Lernplattform zahlen die Unternehmen pro Azubi eine Jahresgebühr von 228 Euro netto. Dafür erhalten sie Premium Support, In-App-Branding und einen direkten Ansprechparter für die Azubis. "19 Euro im Monat sind ein sehr guter Preis", findet Alexander Powell. Die Lizenzen für die Ausbilder sind kostenlos. Die Mindestvertragsdauer liegt bei einem Jahr. Sollte ein Azubi die Ausbildung vorzeitig abbrechen, gewährt simpleclub ein außerordentliches Kündigungsrecht.

Ausbildungs-AppFür die Ausbildungsangebote hat simpleclub einen eigenen "business"-Bereich eingerichtet. Dort kann auch eine Beratung vereinbart werden. 

Content für Meisterschüler

Lerninhalte für die Ausbildung zu erstellen, ist nur der erste Schritt. Alexander Powell beobachtet, dass sich bereits viele Leute mit simpleclub auf die Prüfung zum Fachwirt vorbereiten. Der zweite Schritt wird darin bestehen, den Weiterbildungsmarkt zu erschließen. "Wer als Schüler oder Azubi unsere App nutzt, den wollen wir bis zum Meister, Betriebswirt oder Techniker begleiten."

Text: / handwerksblatt.de

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