Handwerk: Sorge wegen Pandemie überwiegt
Der Infektionsschutz belastet die Betriebe. Währenddessen nimmt die Kundennachfrage wieder zu.
Die Coronavirus-Pandemie bereitet dem Handwerk im Kammerbezirk Münster insgesamt mehr Sorge als die Infektionsschutzmaßnahmen. Das zeigt die Blitzumfrage der Handwerkskammer Münster zur aktuellen Krise, an der Anfang März 717 Handwerksbetriebe teilnahmen. 30 Prozent der Befragten sehen die Pandemie als das größere Problem. 18 Prozent empfinden die Maßnahmen dagegen als schwieriger. Der Mehrheit (52 Prozent) bereiten Pandemie und Maßnahmen gleich viel Sorgen. Die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen der Betriebe lassen gegenüber dem Vormonat leicht nach. HWK-Präsident Hans Hund fordert eine Beschleunigung des Impfens, eine schnellere Kontaktverfolgung und eine bessere Testverfügbarkeit, um die Infektionszahlen beständig zu senken. "So müssen wir die lang ersehnten Öffnungen von Unternehmen absichern und dauerhaft ermöglichen, damit Wirtschaft und Gesellschaft wieder mehr Freiräume bekommen können."
Deutliche Wahrnehmungsunterschiede
Unter den Gewerbegruppen im Handwerk variiert die Wahrnehmung, was das größere betriebliche Problem ist, zum Teil deutlich. Die Sorge wegen der Viruspandemie überwiegt in allen Gruppen bis auf im Nahrungsmittelgewerbe. Im Gesundheitsgewerbe übersteigt der Anteil der Betriebe, die unter dem Virus leiden, den Anteil derer, die die Maßnahmen belastet, am stärksten; dieser Saldo liegt bei 29 Prozentpunkten. Die Branche dürfte am ehesten merken, dass gerade Menschen mit Vorerkrankungen Außenkontakte meiden. Gleichzeitig gehört Hygieneschutz hier auch in normalen Zeiten zum Alltag. An zweiter Stelle stehen die Handwerke für den gewerblichen Bedarf (Saldo: 19 Prozentpunkte). Diese Betriebe, zu denen vor allem Zulieferer gehören, können in der Regel ihre Außenkontakte leichter minimieren und den Infektionsschutz auf ihre Räume beschränken. Hier zählt vor allem, dass das Virus nicht in den Betrieb einfällt.
Sinkende Infektionszahlen sind wichtig
Im Ausbaugewerbe (Saldo: 14 Prozentpunkte) sind Handwerker auch im Wohnbereich von Auftraggebern tätig. Sie müssen darauf achten, Ansteckungen zu vermeiden. Gleichzeitig ist das dortige Arbeiten mit Maske herausfordernd. Auch für das Kraftfahrzeuggewerbe (Saldo: 13 Prozentpunkte) zählen sinkende Infektionszahlen. Der Verkauf von Autos wird durch die Pandemie erschwert. Durch mehr Homeoffice und weniger Freizeitreisen fallen weniger Reparaturen an. Im Bauhauptgewerbe (Saldo: 7 Prozentpunkte) ist die Ansteckungsgefahr von allen Berufsgruppen am geringsten, weil die meisten Arbeiten draußen und kontaktarm ausgeführt werden. Das dürfte der Grund sein, weshalb die Sorgen wegen des Infektionsschutzes mehr Gewicht haben, so die HWK. Das personenbezogene Dienstleistungsgewerbe (Saldo: 7 Prozentpunkte) leidet besonders unter Kontaktbeschränkungen als Maßnahme gegen die Pandemie. Allein im Nahrungsmittelgewerbe (Saldo: minus 4 Prozentpunkte) dominiert die Sorge wegen der Maßnahmen für den Infektionsschutz. Geschlossene Café- und Thekenbereiche sowie der Wegfall von Veranstaltungen erschweren ihre Situation.
Corona-Effekt-Index abgeschwächt
Wenn unsere Maler bei Kunden zu Hause arbeiten, tragen sie wegen des Infektionsschutzes den ganzen Tag lang medizinische Masken. Das ist eine körperliche Belastung, sagt Unternehmerfrau Melanie Bergendahl (l.). Maler- und Lackierermeister Klaus Bergendahl (r.) hat alle Fahrzeuge mit Desinfektionsmitteln ausgestattet. Er setzt seine Hoffnungen auf mehr Tests Foto: © Andreas Buck/HWK
Der "Corona-Effekt-Index" der HWK schwächte sich gegenüber dem Vormonat um 5,3 Punkte ab. Er lag am 7. März bei 22,1 Prozentpunkten. Mit dem Index misst die HWK monatlich die Beeinträchtigung des heimischen Handwerks durch das Virus. Gegenüber Anfang Februar nahmen die starken bis sehr starken Auswirkungen auf Kundennachfrage, Beschaffung, Lieferfähigkeit, Umsatz und Personalbestand ab. Der Druck auf die Preise erhöhte sich leicht. Der Anteil der Betriebe, die von Liquiditätsengpässen, erhöhtem Kreditbedarf, Kurzarbeit und Personalabbau aktuell betroffen sind oder diese für künftig wahrscheinlich halten, sank. Der Organisations- und Verwaltungsaufwand zum Schutz vor Corona bleibt aber unverändert hoch. Die regionale Betrachtung zeigt, dass im Münsterland die Beeinträchtigungen durch Corona schwächer sind als in der Emscher-Lippe-Region. Die Sorge wegen der Pandemie überwiegt die Sorge wegen der Infektionsschutzmaßnahmen im Münsterland deutlicher als im nördlichen Ruhrgebiet.
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Text:
Vera von Dietlein /
handwerksblatt.de
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