Waren sich einig –  Klimaschutz braucht das Handwerk (v.r.): Frank Steffens, Hans Hund, Prof. Dr. Sabine Flamme, Prof. Dr. Volker Quaschning und Katharina Semmler..

Waren sich einig – Klimaschutz braucht das Handwerk (v.r.): Frank Steffens, Hans Hund, Prof. Dr. Sabine Flamme, Prof. Dr. Volker Quaschning und Katharina Semmler. (Foto: © HWK/Studio Wiegel)

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Mut für eine Klimarevolution durch Energiewende

Prof. Dr. Volker Quaschning diskutierte auf dem Nachhaltigkeitstag der Handwerkskammer Münster zum Klimawandel.

"Wir brauchen eine echte Klimarevolution." Mit diesem Weckruf wandte sich Prof. Dr. Volker Quaschning an die Bauunternehmerinnen und -unternehmer, die am Nachhaltigkeitstag der Handwerkskammer Münster auf Haus Kump in Münster teilnahmen. Der Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft verlangte eine völlig andere Klimapolitik. Nur so lasse sich das Ziel des Pariser Klimaabkommens erreichen: den globalen Anstieg der Durchschnittstemperatur auf 1,5 bis 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dafür würden auch mehr Fachkräfte im Handwerk gebraucht.

Der Wissenschaftler skizzierte die Auswirkungen des drohenden Klimawandels: den Anstieg der Meeresspiegel, das Zusammenbrechen der Nahrungsmittelversorgung, einen extremen Anstieg tödlicher Hitzetage. Er prognostizierte gewaltige soziale Folgen und Generationenkonflikte. Hauptproblem sei der fehlende Wille zu mehr Klimaschutz. 

Problem: Unsanierte Häuser

Als problematisch sah er konkret unsanierte Häuser an. Der Energiebedarf von Gebäuden müsse deutlich sinken; Dämmung und Holzbau optimierten die Klimabilanz. Quaschning appellierte an ein sofortiges Ende des Einbaus von Öl- und Gasheizungen. Wärmepumpen seien die Alternative. Eine radikale Verkehrswende erfordere ein anderes Mobilitätsverhalten. Die Produktion von Benzin- und Dieselautos müsse enden, Elektromobilität für alle ermöglicht werden. Der Bedarf an mehr Flächen für Windräder müsse gedeckt und jedes Dach mit Photovoltaik ausgestattet werden. Zudem: "Wir brauchen tausendmal so viele Speicher wie heute." Langzeitspeicher seien die Lösung für eine regenerative Stromversorgung. Dies scheitere nicht am Ressourcenmangel. Klimaschutz sei eine Herkulesaufgabe für die nächste Bundesregierung, bekräftigte Quaschning.

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Für das nötige Tempo der Energiewende fehlten in Deutschland die Fachkräfte – gebraucht würden etwa eine Million, davon 200.000 allein für die Installation von Photovoltaik, so der Experte. Deren Aus- und Fortbildung sei die größte Herausforderung. "Handwerksbetriebe sind die Umsetzer der Energiewende", betonte auch HWK-Präsident Hans Hund. Es seien die Handwerkerinnen und Handwerker, die den Klimaschutz in den Gebäuden installieren müssten. Er schrieb den Betrieben eine weitere Herausforderung zu: Ein zukunftsfähiges und wirtschaftlich stabiles Unternehmen brauche auch selbst eine nachhaltige Betriebsführung. Hierfür halte die Handwerkskammer ein breites Angebot bereit.

"Klimaschutz gelingt nicht ohne Bauwende"

In der anschließenden Diskussion, die HBZ-Leiterin Katharina Semmler moderierte, betonte Prof. Dr. Sabine Flamme vom Institut für Infrastruktur, Wasser, Ressourcen, Umwelt der FH Münster: "Klimaschutz gelingt nicht ohne Bauwende. Wir brauchen neben Geld und Fachkräften eine Kreislaufschließung zur Ressourcenschonung." Es gelte, mit Material zu bauen, das im Kreislauf gehalten werden könne, und wiederverwendbares Material einzusetzen. Die Wissenschaftlerin empfahl, mehr über Baustandards und weniger über Individualisierung nachzudenken.

Aus der Unternehmerpraxis teilte Geschäftsführer Frank Steffen seine Erfahrungen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit des Baubetriebs Brüninghoff in Heiden: "Eine Zertifizierung beispielsweise durch Umsetzung der Umweltmanagementnorm DIN ISO 14001 kann eine Möglichkeit der Bewusstseinsänderung sein, die einen Paradigmenwechsel herbeiführt." Letztlich komme es auf das persönliche Wollen an. 

Mehr Mut zu guten Rahmenbedingungen

Alle Diskutanten waren sich einig, dass beim Neubau weniger mehr sei: kleiner Bauen, weniger Flächen verschwenden, nachhaltiges Material auswählen und Ressourcen durch Recycling schonen. Übereinstimmend wurde die Digitalisierung als wesentlicher Baustein gesehen, um Änderungen zu koordinieren, zum Beispiel in der Kreislaufwirtschaft

Quaschning forderte auf der einen Seite mehr Mut zu guten Rahmenbedingen und Regeln, die weiterbrächten; Förderprogramme allein funktionierten nicht. Auf der anderen Seite müssten blockierende Regeln weg. Das Durchbrechen dieses Zwiespalts sei eine große Herausforderung. Steffen fand mehr Regeln schwierig und setzte mehr auf die persönliche Motivation. Flammes Credo: "Man kann mehr Nachhaltigkeit nicht komplett der Wirtschaft überlassen, aber wir dürfen die Macher nicht behindern."

 

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Text: / handwerksblatt.de

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