(Foto: © Tal der Schlösser)

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Stonsdorf zieht Künstler und Kunsthandwerker an

Panorama - Reise

Eine der größten Flotten Polens ankert in Staniszów (Stonsdorf) am Rande des Riesengebirges. Luigi Augusto Carta fertigt dort Nachbauten historischer Galeonen.

Im Kulturzentrum des Stonsdorfer Schlosses stehen mittelalterliche Schiffe wie zur Schlacht gerüstet. Die "Sovereign oft the seas“, 1637 in England gebaut, führt mit ihren stolzen 2,20 Metern Länge die Armada an, die schwedische Galeone "Vasa“ von 1628, die spanische "San Felipe“ aus dem Jahre 1690 und viele andere bekannte Kriegsschiffe gesellen sich dazu.

Luigi Augusto Carta präsentiert stolz seine Arbeit der vergangenen zwölf Jahre. Maßstabsgerecht und mit vielen filigranen Details hat er die Modelle der historischen Schiffe aus Holz und Metall gefertigt und erzählt mit glänzenden Augen von deren Geschichte. "Ich liebe alte, elegante Schiffe“, schwärmt Luigi, der auf Sardinien geboren wurde, die meiste Zeit seines Lebens in Frankreich verbrachte und über Deutschland schließlich nach Polen kam. Seit sechs Jahren lebt er mit seiner polnischen Frau Alina in Staniszów, dem früheren Stonsdorf, am Rande des Riesengebirges – und findet dort als Rentner genügend Zeit für sein Lebenswerk. Gearbeitet hat er ursprünglich als Chemieingenieur, aber seine Liebe galt schon immer alten Schiffen. Das erste Modell hat er als 14-jähriger gebaut. Jahre später schlug ihm der Architekt seines Hauses in Frankreich vor, seine Modelle zu verkaufen. Luigi griff den Ratschlag auf. Ein paar Monate danach war mit den Schiffen der Kredit für sein Haus abbezahlt.

Später sattelte Luigi Augusto Carta ganz auf den Modellbau um. Für seine Schiffe erhielt er zahlreiche Preise, eines seiner Modelle befindet sich heute im Londoner Greenwich-Museum, andere wurden von Liebhabern aus der ganzen Welt gekauft. Auch mit stolzen 78 Jahren bleibt Luigi seiner Leidenschaft treu. Ein Jahr lang baut er an einem großen Modell, das bis zu 25.000 Euro kostet. Kleinere Schiffe sind einfacher in der Herstellung und entsprechend schon für weniger als 1.000 Euro erhältlich. In seiner neuen Heimat fühlt sich Luigi Augusto Corte wohl, liebt das Land und die Leute, auch wenn er nach Italienisch, Französisch und Deutsch keine neue Sprache mehr lernen möchte. Dafür spricht seine Frau inzwischen fließend italienisch.

Wie Luigi Augusto Carta braucht auch Tadeusz S?odyczka einen langen Atem für seine Arbeiten. Mindestens drei Monate dauert es, bis der Geigenbauer ein neues Instrument in seinen Händen hält. Hunderte Arbeitsschritte sind nötig, bevor aus den oft jahrzehntelang gelagerten Hölzern eine neue Geige entsteht. Bis zu 60 Schichten Lack trägt er auf, um ihr das charakteristische Aussehen zu geben. Auf Wunsch arbeitet Tadeusz Sodyczka dabei gleich die nötige Patina ein, um das neue Instrument alt aussehen zu lassen. Vor allem nach der Vorlage der berühmten Stradivari fertigt der Meister seine Geigen. Tadeusz S?odyczka, der in der Tatra-Region auswuchs, war der Geigenbau nicht in die Wiege gelegt.

Eher durch Zufall kam er zur Geigenbau-Schule in Nowy Targ, arbeitete danach in Lubin als Kontrolleur in einer staatlichen Instrumentenfabrik. Weil er sich dort jeden Tag über die schlechte Verarbeitung der Instrumente ärgerte, begann er nach Feierabend sein zweites Leben. In einer kleinen Werkstatt baute er seine ersten eigenen Geigen, machte sich später selbstständig, schnupperte bei den Großen seines Faches in anderen Ländern hinein und wurde bald selbst einer der ganz großen Geigenbauer. Rund 300 Instrumente hat er im Laufe seines Lebens gebaut – und zahlreiche internationale Preise dafür erhalten. Beim renommierten Geigenbau-Wettbewerb in Prag gewann er neben der Goldmedaille für die schönste Geige auch den Preis für den besten Klang.

Viele seiner Geigen und Cellos gehen ins Ausland, denn noch immer seien Instrumente aus Polen bei vergleichbarer Qualität sehr viel preiswerter als in Westeuropa, erzählt er. Nach vielen Jahren im Flachland packte S?odyczka wieder die Sehnsucht nach den Bergen. Janusz Nykiel konnte ihn für die Riesengebirgsregion begeistern. Dort gebe es eine Philharmonie und eine Musikschule, aber keinen Geigenbauer, war sein Argument. Es verfing bei Tadeusz S?odyczka, und so siedelte er vor sechs Jahren nach Stonsdorf um, genießt seitdem von seiner Terrasse und aus der Werkstatt den Blick auf die Schneekoppe und widmet sich dort weiter mit Leidenschaft dem Geigenbau.

In Janusz Nykiel hat er den perfekten Partner vor Ort, der seine neuen Instrumente testen und bewerten kann. Der ehemalige Erste Geiger der Philharmonie in Jelenia Góra (Hirschberg) hat sich inzwischen selbstständig gemacht, tritt mit mehreren Musikensembles auf und organisiert mit seiner Firma "farma artystyczna“ von Stonsdorf aus zahlreiche Musikveranstaltungen im Hirschberger Tal.

Allgemeine Informationen über das Hirschberger Tal unter www.talderschloesser.de

Foto: Tal der Schlösser 

Text: / handwerksblatt.de