Halten Cyber-Versicherungen hiesigen Angriffen russischer Hacker Stand?
Im Handwerk sind elektronische Prozesse nicht mehr wegzudenken. Damit wächst die Abhängigkeit von Ausfällen der IT. Cyber-Versicherungen versprechen finanzielle und tatkräftige Hilfe im Ernstfall.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Cyber-Attacken auf Handwerksbetriebe
Angesichts des Kriegs in der Ukraine mehren sich die Sorgen, dass russische Hacker auch hiesigen Firmen vermehrt im Netz zusetzen. Die Versicherer sind alarmiert. Einige Anbieter sollen bereits die Kriegsausschluss-Klausel ziehen wollen, weil ihnen das Risiko zu hoch ist, berichten Makler. Was ist dran an solchen Meldungen?
Besondere Wachsamkeit gefragt
Deutsche Behörden erwarten vermehrt Hackerangriffe und raten deutschen Firmen und ihren Mitarbeitenden zu besonderer Wachsamkeit. Mit einer sogenannten Cyber-Versicherung fühlen viele sich ein Stück weit geschützt. Ist dies womöglich ein Trugschluss, weil Kriegsereignisse in Versicherungspolicen ja üblicherweise ausgeschlossen werden?
Dieser Frage ist das Deutsche Handwerksblatt vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine nachgegangen. Das Fazit vorweg: Die Einschätzungen gehen zwar auseinander, unter dem Strich dürften die meisten Policen aber dem Krieg standhalten.
Der Teufel steckt hier wie immer im Detail
Knackpunkt sind die im Kleingedruckten üblichen Kriegsausschluss-Klauseln. Die besagen im Kern, dass Schäden durch "Krieg und kriegsähnliche Ereignisse" nicht versichert sind. So weit, so klar. "Vereinzelte Versicherer haben bereits angekündigt, dass sie die Kriegsausschlussklausel im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg grundsätzlich für anwendbar halten", beobachtet Dennis Wrana, Product Manager Cyber beim Spezialmakler Finlex: "Ein Angriff russischer Hacker auf deutsche Unternehmen wäre bei einer solchen Auslegung nicht versichert", konstatiert er. "Die Ansicht der Versicherer kann jedoch nicht überzeugen", ist der Spezialmakler überzeugt.
Versicherer kommen mit Argumentation nicht durch
Auch sein Kollege und Finlex Head of Legal und Schadenexperte Marcel Straub ist skeptisch, ob die Versicherer mit der Berufung auf die Kriegsklausel durchkommen. Er hat schon vor dem Krieg in der Ukraine derlei Versuche von Versicherern beobachtet. Doch: "Verfangen hat diese Argumentation nicht, denn regelmäßig fehlte es bei den Angriffen an der zielgerichteten Handlung eines angreifenden Staates. Zudem ist herrschende Meinung, dass sich der Kriegsausschluss vornehmlich auf physische Kriegsakte bezieht." Die Experten gehen davon aus, dass solange Deutschland sich nicht im Krieg mit Russland befindet, die klassische Kriegsausschluss-Klausel nicht herangezogen werden könne, insbesondere wenn die Attacken von nicht-staatlichen Hackergruppen ausgingen. Die Versicherer müssten hier erst einmal das Gegenteil nachweisen.
Auf womöglich jahrelange Rechtsstreitigkeiten hat natürlich kaum jemand Lust. Gerade bei Cyberangriffen kommt es auf rasche Hilfe an. Häufig verlangen die Cyber-Angreifer Lösegeld, um die Stilllegung der IT wieder aufzuheben. Die gute Nachricht: Lösegelder sind heutzutage problemlos mitversicherbar. Früher galt dies als moralisch verwerflich und unvereinbar mit geltenden Versicherungsgesetzen. Dennoch dürfte es in akuten Fällen zu Zahlungsproblemen kommen. Die Versicherer dürfen zum Beispiel dann gar nicht zahlen, wenn der oder die Hacker auf einer Sanktionsliste stehen.
Versicherer werden vorsichtig
Versicherungsschutz besteht in Versicherungen grundsätzlich nur, soweit keine auf die Vertragsparteien direkt anwendbaren Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen oder Embargos der EU oder der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen. Darauf weist Regina Schulz, Mitglied der Geschäftsleitung vom Assekuranzmakler Gossler, Gobert & Wolters (GGW) hin. Dies gelte auch für Wirtschafts-, Handels- oder Finanzsanktionen und Embargos der Vereinigten Staaten, soweit dem nicht Rechtsvorschriften der EU oder der Bundesrepublik entgegenstehen. Nicht versichert sind in der Regel auch Schäden durch die Abschaltung von Telekommunikations- und Datennetzen durch staatliche Stellen, so GGW bereits am 4. März 2022 auf seiner Homepage.
Mit anderen Versicherungen sieht es noch düsterer aus. So haben die staatlichen Hermes-Bürgschaften bereits den Hahn zugedreht. Die privaten Kreditversicherer sind nicht minder vorsichtig und nehmen bis auf Weiteres keine neuen Risiken mehr an. Selbst die Transportversicherung, die sich von anderen Versicherungen durch die geringste Risikoscheu abhebt und sogar Kriegsrisiken ausdrücklich mitversichert, macht die Schotten dicht – zumindest für politische Risiken in Belarus, Russland und der Ukraine.
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Text:
Rita Lansch /
handwerksblatt.de
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