Seit der Handwerksnovelle 2004 besteht nur noch in 41 Handwerksberufen eine Meisterpflicht. Zurzeit wird über eine Wiedereinführung in den zulassungsfreien Gewerken diskutiert. (Foto: © Volker Schlichting/123RF.com)

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Handwerk widerspricht der Monopolkommission

Betriebsführung

Die Monopolkommission lehnt es ab, die Meisterpflicht auszuweiten. Damit würden nur zusätzliche Hürden für den Markt- und Berufszugang errichtet. Das Handwerk läuft Sturm gegen .

Policy Brief der MonopolkommissionIn ihrem jüngsten "Policy Brief" spricht sich die Monopolkommission "gegen die diskutierte Ausweitung des Meisterzwangs" aus. Nach Einschätzung des fünfköpfigen, unabhängigen Expertengremiums, welches die Bundesregierung und die gesetzgebenden Körperschaften berät, liefere die Marktentwicklung seit der teilweisen Liberalisierung des Handwerks keine überzeugenden Argumente für eine solche Zugangsbeschränkung.  Um die Qualität zu sichern und die Ausbildung zu stärken, "sei kein Meisterzwang erforderlich". Die drohende Rückabwicklung der teilweisen Liberalisierung des Handwerks ist "ein Schritt in die falsche Richtung".

Fakten werden außen vor gelassen

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer hat umgehend reagiert. "Es ist erschreckend, wenn ausgerechnet die Monopolkommission als Wächterin über den Wettbewerb jetzt Wettbewerbsverzerrungen und unfairen Wettbewerbsbedingungen das Wort redet und bei ihrer Argumentation offensichtlich Fakten völlig außen vor lässt", zitiert ihn die F.A.Z. Anders als von der Kommission behauptet würde die Wiedereinführung der Meisterpflicht in bisher zulassungsfreien Gewerken wieder zu mehr Wettbewerbsgerechtigkeit und zu fairen Marktbedingungen führen. "Von Wettbewerbshütern erwarte ich, dass sie das große Ganze in den Blick nehmen und nicht einfach wohlbekannte Positionen wiederholen. Das ist Schreibtischargumentation, die mit der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Realität nichts zu tun hat."

Duale Ausbildung in Gefahr

Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) kommentiert die Einschätzung der Wettbewerbshüter scharf. Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa sieht dringenden Handlungsbedarf. "Seit der Handwerksnovelle gibt es in einigen Gewerken drastische Einbrüche bei den Zahlen der Meisterschüler, wie etwa bei den Fliesenlegern um rund 80 Prozent!" Damit sei in diesen Gewerken die duale Ausbildung in Gefahr, denn ohne Meisterschüler gebe es in absehbarer Zeit auch keine Meisterbetriebe. "Von einer laut Monopolkommission so verbraucherfreundlichen Wahlfreiheit, bei der Verbraucher je nach gewünschter ,Preis-Leistungs-Kombination‘ einen Meister- oder Nichtmeisterbetrieb wählen können, kann dann keine Rede mehr sein", kommentiert Pakleppa den am 24. Januar veröffentlichten "Policy Brief" der Monopolkommission zum Thema Zulassungsfreiheit im Handwerk.

Der Hauptgeschäftsführer des ZDB bittet alle Beteiligten um eine differenziertere Betrachtungsweise: Man müsse genau hinschauen, in welchen Gewerken sich die Abschaffung des Meistervorbehalts bewährt habe und wo nicht. "Bei den Fliesen-, Estrich- und Parkettlegern ist die Antwort eindeutig. Hier hat die Zulassungsfreiheit zu einer Explosion von Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit geführt und hat die Tore für die Illegalität auf unseren Baustellen weit geöffnet." Bei anderen Gewerken sehe es ähnlich aus. Es sei daher unbedingt notwendig, die Folgen der Handwerksnovelle für jedes Gewerk zu prüfen und dann im Einzelfall zu entscheiden, ob die Wiedereinführung des Meistervorbehalts sinnvoll sei.

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Als nächstes beschäftigt sich der Bundesrat mit der Wiedereinführung der Meisterpflicht in zulassungsfreien Handwerken. In der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 31. Januar wird über einen Antrag des Freistaates Bayern beraten. 

Ablehnung nicht nachvollziehbar

Auch für die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld ist die ablehnende Einschätzung der Monopolkommission nicht nachvollziehbar. "Die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zulassungsfreien Gewerken bringt mehr Wettbewerbsgerechtigkeit und faire Marktbedingungen", ist der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Wolfgang Borgert überzeugt. Die Monopolkommission räume selbst in ihrer Stellungnahme ein, dass es bei den Betriebsgründungen in den zulassungsfreien Berufen nur eine "geringe Stabilität der Betriebe" gebe. Genau das belegten auch die Erfahrungen der letzten 15 Jahre im OWL-Handwerk, so Borgert. Viele Gründungen in den deregulierten Handwerksberufen, bei denen weder Inhaber noch Leiter eine einschlägige Qualifikation haben, verschwänden schnell wieder vom Markt - im Bereich Bau- und Ausbau oft schon innerhalb der Gewährleistungsfrist.

Der Meisterbrief stehe auch für Verbraucherschutz und Qualitätssicherung. In vielen zulassungsfreien Berufen wie dem Fliesenleger-Handwerk könne Borgert zufolge "derzeit jeder einfach loslegen, auch ohne jegliche Qualifikation". Weil diese nicht ausbilden können und dürfen, gehe auch die Ausbildungsleistung weiter zurück. Das verschärfe den bestehenden Fachkräftemangel im Handwerk. Auch rechtliche Bedenken lässt die Kammer nicht gelten: Die vorliegenden Rechtsgutachten bestätigten, dass eine Rückkehr von Handwerkern in die Meisterpflicht verfassungs- und europarechtlich grundsätzlich möglich sei.

Text: / handwerksblatt.de

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