Brandschutzschalter: Verträge richtig gestalten
Nach einer hitzigen Debatte zum Thema Brandschutzschalter wird derzeit die Norm überarbeitet. Der ZDB erklärt, wie man Verträge rechtssicher gestaltet und eine Risikoeinschätzung vornehmen kann.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Hitzige Debatte um Brandschutzschalter
Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen – oder AFDD, umgangssprachlich auch Brandschutzschalter genannt – sind nicht mehr zwingend vorgeschrieben, sondern nur noch empfohlen. Das sagt eine wesentliche Änderung der DIN VDE 0100-420, der Entwurf befindet sich im Einspruchsverfahren.
Fragen eines Lesers
Im Anschluss an unsere Berichterstattung erreichten uns die folgenden Fragen eines Lesers: "Welche rechtliche Relevanz hat die neuerliche Empfehlung zum Einbau von AFDDs für die ausführende Elektrofachkraft?
In der DIN VDE 0100-420 ist außerdem von einer Risiko- und Sicherheitsbeurteilung die Rede. Wie kann eine solche aussehen?"
Antwort des ZDB
Dazu hat der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) die folgende Antwort geschickt:
Derzeit ist die Fassung der DIN 0100-420:2016/02 gültig, somit ist nach dem vom DIN VDE eingeführten Text der Norm nach noch immer eine Verpflichtung zum Einbau von Fehlerlichtbogenschutzeinrichtungen bei bestimmten Einbausituationen gefordert. Zusätzlich ist aber derzeit vom DIN VDE ein Entwurf mit dem Stand 0100-420:2018-12 veröffentlicht, der diese Schalter in den Einbausituationen nur noch empfiehlt.
Keine gesetzliche Pflicht
Bauordnungsrechtlich gibt es in keinem Bundesland eine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau der Schalter. Siehe hierzu beispielhaft die Entscheidungshilfen der obersten Bauaufsicht Berlin (EHB) auf Seite 16. Dort wird darauf hingewiesen, dass der Fehler, der durch einen seriellen Fehlerlichtbogen entstehen kann, ein "normales" Brandrisiko ist und per Gesetz nicht zusätzlich durch einen AFDD abgesichert werden muss.
Möchte man auf einen Einsatz der Schalter verzichten, so ist es ratsam, den Bauherren umfassend über die theoretisch möglichen Auswirkungen und Folgen beim Einbauverzicht zu informieren und dabei auch den derzeitigen Entwurf der DIN VDE 0100-420-1:2018-02 schriftlich zu vereinbaren. Hierzu dient beispielsweise das Informationsblatt für Bauherren des ZDB zu Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen mit der letzten aktualisierten Ausgabe von März 2019, die in Kürze vom ZDB seinen Mitgliedsbetrieben in dieser Fassung zur Verfügung gestellt wird. (Im Folgenden lesen Sie einenTextauszug.)
Verträge richtig gestalten
Angesichts der Unsicherheit, ob die derzeit (noch) gültige DIN VDE 0100-420:2016-02 als anerkannte Regel der Technik anzusehen ist, empfiehlt es sich, in diesem Punkt Klarheit durch eine entsprechende vertragliche Regelung zu schaffen.
Hierzu ergeben sich zwei Alternativen:
1. Sie vereinbaren im Bauvertrag die Anwendung der derzeitig gültigen DIN VDE 0100-420:2016-02. Dann müssen Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen in den unter Abschnitt 1 genannten Situationen eingebaut werden. Die hierdurch bedingten Mehrkosten müssen in diesem Fall einkalkuliert werden.
oder
2. Sie vereinbaren im Bauvertrag, dass Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen nicht eingebaut werden müssen und schließen den Abschnitt 421.7 der zurzeit gültigen DIN VDE 0100-420:2016-02, der die Pflicht zum Einbau von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen vorsieht, ausdrücklich aus und vereinbaren anstelle dessen den Abschnitt 421.7 aus dem Entwurf der DIN VDE 0100- 420-1:2018-12.
(Quelle: ZDB, Informationsblatt für Bauherren zu Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen).
Risiko- und Sicherheitsanalyse
Zur Frage nach einer möglichen Risiko- und Sicherheitsanalyse enthält laut ZDB die Entscheidungshilfe der obersten Bauaufsicht Berlin einen Hinweis:
"In Kindertagesstätten, Senioreneinrichtungen, Museen, Galerien, Archiven und Baudenkmälern sind AFDD dann vorzusehen, wenn dies aufgrund einer einzelfallbezogenen Gefährdungsanalyse erforderlich ist. Dazu ist eine Beurteilung und Einstufung der elektrischen Anlage (Risikoeinschätzung) unter Hinzuziehung einer geeigneten Person, die für ihre Aufgabe über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügt, vorzunehmen.
Dabei ist die Starkstromanlage, die jeweiligen baulichen Gegebenheiten, das Vorhandensein von ggf. weiteren brandschutztechnischen Anlagen (wie Brandmeldeanlagen) sowie die Anwesenheit von Aufsichtspersonen und deren Wirken auch im Gefahrenfall als Gesamtheit zu bewerten. Diese Gefährdungsanalyse ist im Rahmen der Planung und Errichtung schriftlich zu fixieren und zu den Bauunterlagen zu nehmen.
Dazu kann die Risiko-/Sicherheitsbewertung gemäß der Empfehlung Nr. 133 des AMEV – Fehlerlichtbogen- Schutzeinrichtung (AFDDs), Ausgabe 2017 , Ergänzung zur EltAnlagen 2015, Stand: 23.06.2017 – nach Anhang 8.3 Risiko-/Sicherheitsbewertung zum Einsatz von AFDDs – durchgeführt werden. Auf das hierzu dort vorliegende Excel-Hilfstool wird hingewiesen."
Im Vorfeld der geänderten DIN gab es heftige Diskussionen. Die Elektroverbände wollten einen neuen Brandschutzschalter etablieren, Baubehörden und Bauverbände lehnten ihn ab. → Lesen Sie hier mehr zu den Hintergründen!
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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