Bäckerei Schüren: Biologisch und klimaneutral
Bio-Getreide, regionale Zutaten, Elektromobilität und eine klimaneutrale Produktion: Die Hildener Bäckerei Schüren überzeugte die Jury des Effizienz-Preises NRW 2017.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special So nachhaltig ist das Handwerk
In vierter Generation führt Roland Schüren die handwerkliche Bäckerei "Ihr Bäcker Schüren" seiner Familie mit 250 Mitarbeitern in Hilden. Qualität und Regionalität sind bis heute das Erfolgsrezept des inzwischen 18 Filialen umfassenden Unternehmens. So wird die benötigte Energie zum größten Teil vor Ort gewonnen, die ökologisch angebauten Getreide kommen von regionalen Bauern und selbst der Strom für die Elektro-Autos entsteht zum größten Teil in der eigenen Solaranlage.
Für ihr Gesamtkonzept zum Thema Nachhaltigkeit bekam die Bäckerei einen Sonderpreis im Rahmen des Effizienz-Preises NRW. Die Auszeichnung wurde auf Zeche Zollverein in Essen überreicht. "Hurra! Welch eine Ehre! Wir haben uns riesig gefreut", so die Reaktion der Bäckerei auf die Auszeichnung.
Mit 21 direkten Ladepunkten der größte öffentliche Ladepark in Deutschland
Der Schlüssel ist für Schüren das eigene, umfassende Energiekonzept, schreibt die Effizienz-Agentur NRW. "Durch Kombination der Biomasse-befeuerten Backöfen mit einer Wärmerückgewinnung und einem wassergekühlten Erdwärme-Kühlsystem sind wir schon sehr energieeffizient", erklärt Roland Schüren, Inhaber der 1905 gegründeten Bäckerei.
"Der Wirtschaftlichkeits-Booster ist jedoch die Photovoltaik-Anlage in Kombination mit Elektromobilität." Während die Backstube den meisten Strom in den Morgenstunden benötigt, lädt die Anlage nachmittags die inzwischen zurückgekehrten Lieferfahrzeuge und die der Kunden. "Wir sind mit 21 direkten Ladepunkten der größte öffentliche Ladepark in Deutschland", sagt Schüren. "Ein Titel, den wir gern abgeben würden."
Ressourcen schon durch ökologische Landwirtschaft
Die klimaneutrale Produktion ist durch das Energiekonzept mit PV-Anlage und Elektromobilität fast schon erreicht. "Für Bäckereien ist das die ideale Verbindung", verrät Schüren. Eine weitere Verringerung der Klimabelastung bringt jetzt die Umstellung der Rohstoffproduktion. "Durch ökologische Landwirtschaft lassen sich – nach der klimaneutralen Backstube – am meisten Ressourcen schonen", sagt Schüren. Seit Jahresbeginn 2018 verarbeiten die Bäcker daher für alle Brote und Brötchen nur noch Bio-Getreide – auch in der so genannten, eher preisbewussten "Klassik"-Linie, die bisher nur teilweise bio-zertifiziert war.
Eine Umstellung mit positiven Auswirkungen: So verursacht ein Brot aus Bio-Weizen rund 25 Prozent weniger Kohlendioxid-Emissionen als eines aus konventionellem Weizen. Das hat die Forschungsanstalt für biologischen Landbau 2010 bei der CO₂-Bilanzierung von Lebensmitteln festgestellt.
CO₂-Emissionen in der Produktion um 91 Prozent reduziert
Holger Schüren bei der Preisverleihung auf Zeche Zollverein in Essen. Foto: © Effizienz-Agentur NRW Mit der "Bio-Erweiterung" ist das Nachhaltigkeitskonzept von "Ihr Bäcker Schüren" nahezu komplett: Die Produktion ist um 50 Prozent ressouceneffizienter als zuvor, der Ersatz fossiler durch regenerative Energieträger durch Pellet-beheizte Backöfen, Photovoltaik (PV)-Anlagen und Grünstrombezug hat die CO₂-Emissionen um 91 Prozent reduziert und bereits 35 Prozent des Strombedarfs deckt die eigene PV-Anlage.
Mit einem intelligenten Wärmetauscher- und -speicherkonzept aus Erdwärme und Abwärme konnte die Bäckerei ihren Energiebedarf weiter deutlich reduzieren. Inzwischen kommen auch vier Filialen ohne Heizung aus. Entsprechend liegt der Anteil der Energiekosten des gesamten Unternehmens jetzt bei 1,7 Prozent, der Durchschnitt der Handwerksbäcker hat noch 5 Prozent
14 Lieferfahrzeugen von Erdgas auf Elektro umgestellt
Zwar ist der Anteil des Ressourcenverbrauchs für die Logistik der Bäckerei verglichen mit dem der Produktion gering, doch für Schüren ist die Kombination mit Elektromobilität ideal. So sind inzwischen sieben von 14 Lieferfahrzeugen von Erdgas auf Elektro umgestellt, dazu gibt es fünf elektrische Pkw und zwei elektrische Renault Twizy für Azubis.
Weil die Backstube den Strom der hauseigenen PV-Anlage vor allem morgens benötigt, kann der Hauptanteil tagsüber den Ladepark für Kunden und eigene Fahrzeuge zur Batterieladung speisen – meist ohne dass dafür das Stadtwerkenetz genutzt werden muss.
Erste Filialbäckerei Deutschlands mit ausschließlich fair gehandeltem Kaffee in Bio-Qualität
Beim Sortiment setzen die Schüren-Bäcker nicht nur auf Bio und Regional, sondern versuchen auch die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. So konnten sie die Retourenquote auf acht Prozent senken – üblich sind laut Bäcker-Innung 20 Prozent. Die Hildener waren auch die erste Filialbäckerei Deutschlands, die ausschließlich fair gehandelten Kaffee in Bio-Qualität anbot.
Darüber hinaus ist die Bäckerei Fördermitglied von Slow Food und produziert nach den traditionsorientierten Qualitätsrichtlinien der Vereinigung "Die freien Bäcker. Zeit für Verantwortung" – nur etwa 23 von rund 12.000 Bäckereien in Deutschland arbeiten so. "Uns hat neben dem ganzheitlichen Ansatz vom Rohstoff bis zum Produkt die konsequente Kundenorientierung und die kommunikative Sensibilisierung der Kunden gefallen – und natürlich die strategische Verknüpfung mit neuen zukunftsfähigen Mobilitätskonzepten", erläutert Ulrike Schell von der Verbraucherzentrale NRW die Entscheidung der Jury.
Text: dhb/Effizienz-Agentur NRW
Der "Effizienz-Preis NRW – Das ressourceneffiziente Produkt" wird von der Effizienz-Agentur NRW verliehen, die im Auftrag des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums arbeitet. Der Preis würdigt innovative Produkte und Dienstleistungen von kleinen und mittleren Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen, die wesentliche Effizienzfaktoren miteinander verbinden. Der Preis ist mit insgesamt 20.000 Euro dotiert.
Die beiden Hauptpreise gingen an die Aquaburg Hochwasserschutz GmbH aus Münster für ihr Hochwasserschutzsystem "AquaWand" und an das Deutsche Textilforschungszentrum Nord-West (DTNW) in Krefeld für ein neuartiges Adsorbertextil.
Text:
Melanie Dorda /
handwerksblatt.de
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