Diebstahl: Das Risiko trägt der Unternehmer
Wird auf einer Baustelle Material geklaut, trägt der Bauunternehmer das Risiko, wenn er noch keine Abnahme durchgeführt hat.
Langfinger stahlen das Material in einem Neubau: Pech für den Unternehmer, denn die Abnahme für das Werk stand noch aus.
Der Fall
Ein Bauunternehmer hatte für seinen Auftraggeber ein Einfamilienhaus gebaut. Da noch Ausbauarbeiten im Inneren zu erledigen waren, nahm der Hausbesitzer den Neubau noch nicht ab (= bestätigte ihn noch nicht als einwandfrei gebaut). Trotzdem übergab der Unternehmer dem Bauherrn schon mal die Schlüssel. Einige Tage später wurde in den Neubau eingebrochen, obwohl er abgeschlossen war. Die Einbrecher stahlen Baumaterial, das dort für den Innenausbau lagerte. Der Bauherr bestellte es auf eigene Kosten beim Lieferanten des Bauunternehmers nach. Was er für das Ersatzmaterial zahlte, wollte er am Ende mit dem Werklohn verrechnen. Damit war allerdings der Bauunternehmer nicht einverstanden und klagte auf Zahlung des gesamten Werklohns.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht stellte sich auf die Seite des Bauherrn: Vor der Abnahme eines Werks trage der Auftragnehmer das Risiko, wenn seine Arbeit beschädigt oder zerstört werde – das sage Paragraf 644 BGB. Das gelte auch für Material, Werkzeuge, Maschinen etc., die der Auftragnehmer für die Arbeit benötige, und für den Fall eines Diebstahls. Deshalb hätte er eigentlich das verschwundene Material auf seine Kosten ersetzen müssen. Diese Verteilung des Risikos werde der Situation auf einer Baustelle gerecht: Solange die Arbeiten andauerten, sei es Sache des Bauunternehmers, wie er sein Material vor Diebstahl schütze. Erscheine ihm das unbewohnte Haus zu unsicher, könne er Baumaterial und Werkzeuge in seinem Betrieb aufbewahren.
Dass der Bauherr den Schlüssel an sich genommen habe, sei nicht als Abnahme des Bauwerks zu bewerten – schließlich sei der Innenausbau noch nicht fertig gewesen. Also gehe der Verlust auf Kosten des Unternehmers. Da der Unternhemer die Innenarbeiten durchführen sollte, habe der Kunde auch in dessen Interesse gehandelt, als er für ihn das Ersatzmaterial bestellte – zu den gleichen Konditionen, die der Lieferant auch dem Unternehmer einräumte.
Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 3. Dezember 2014, Az.: 1 U 49/14
Text:
Anne Kieserling /
handwerksblatt.de
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