Existiert keine Rechtsgrundlage, dürfen Arbeitgeber die Kurzarbeit nicht einseitig anordnen, da sie anderenfalls  kein Kurzarbeitergeld bekommen und außerdem den vollen Lohn an ihre Arbeitnehmer zahlen müssen.

Arbeitgeber dürfen Kurzarbeit nur dann einseitig anordnen, wenn dies entweder im Arbeitsvertrag vereinbart wurde oder sich aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergibt. (Foto: © gajus/123RF.com)

Vorlesen:

Kurzarbeit ist keine Einbahnstraße

Ordnet der Chef Kurzarbeit einseitig ohne Rechtsgrundlage an, bekommt der Betrieb kein Kurzarbeitergeld. Außerdem schuldet er seinen Arbeitnehmern den vollen Lohn.

Arbeitgeber dürfen Kurzarbeit nur dann einseitig anordnen, wenn dies entweder im Arbeitsvertrag individuell vereinbart wurde oder aber wenn sich das Anordnungsrecht aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergibt. Ordnet der Chef Kurzarbeit ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage einseitig an, besteht erstens kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Zweitens haben die Mitarbeiter Anspruch auf ihren vollen Lohn, da sich der Arbeitgeber wegen der unbefugten Anordnung von Kurzarbeit in Annahmeverzug der (vollen) Arbeitsleistung befindet. Das hat das Arbeitsgericht Siegburg entschieden.

Was ist passiert?

Der Arbeitgeber hatte im März 2020 in verschiedenen Bereichen seines Betriebes einseitig Kurzarbeit angeordnet und entsprechend weniger Gehalt an die Mitarbeiter aus diesen Bereichen gezahlt. In den Abrechnungen nannte der Chef die Zahlungen "Kurzarbeitergeld". Ein betroffener Arbeitnehmer klagte nun auf Zahlung der restlichen Vergütung. Er erhielt normalerweise, das heißt ohne Anordnung von Kurzarbeit, 2.100 Euro brutto und verlangte nun die Differenz. Einen Betriebsrat hatte das Unternehmen nicht und es wurden auch keine sonstigen Vereinbarungen über Kurzarbeit getroffen.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Siegburg (Az. 4 Ca 1240/20) gab dem Mitarbeiter recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung der Differenz.

Der Anspruch ergibt sich nach Ansicht des Gerichts aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit §§ 611 a Abs. 2, 615 Bürgerliches Gesetzbuch. Die Richter erklärten, der Arbeitgeber habe sich in Annahmeverzug hinsichtlich eines Teils der Arbeitsleistung befunden, da die Kurzarbeit nicht wirksam vereinbart worden sei. Denn Arbeitgeber dürfen Kurzarbeit nur dann einseitig anordnen, wenn dies im Arbeitsvertrag bestimmt ist, eine entsprechende Betriebsvereinbarung besteht oder ein Tarifvertrag die einseitige Anordnung von Kurzarbeit zulässt. Da keine der drei Möglichkeiten hier vorlag, war die Anordnung durch den Chef im März 2020 unwirksam.

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Infolgedessen hat der Unternehmer keinen Anspruch auf Zahlung von Kurzarbeitergeld und die Mitarbeiter behalten auch ihren vollen Gehaltsanspruch. Achtung: Gibt es einen Betriebsrat, muss bei der Anordnung von Kurzarbeit immer auch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz beachtet werden!

Fazit:

Arbeitgeber sollten vor der Einführung von Kurzarbeit immer erst prüfen, ob dies im Arbeitsvertrag vereinbart wurde oder ob eine dahingehende Betriebsvereinbarung oder eine einschlägige Bestimmung im Tarifvertrag besteht. Existiert keine der genannten Rechtsgrundlagen, dürfen sie nicht einseitig Kurzarbeit anordnen, da sie anderenfalls in Annahmeverzug kommen und den vollen Lohn an ihre Arbeitnehmer zahlen müssen.

Anna Rehfeldt, LL.M., ist Rechtsanwältin und Datenschutzbeauftragte  

Kurzarbeit vereinbaren Musterdokumente für Arbeitgeber finden Sie hier:
> Musterformular für eine einzelvertragliche Vereinbarung von Kurzarbeit
> Musterformular für eine Betriebsvereinbarung von Kurzarbeit

Text: / handwerksblatt.de

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