Wir haben Betriebsinhaber aus den unterschiedlichsten Gewerken und Regionen befragt, wie sie mit der Krise derzeit umgehen.

Wir haben Betriebsinhaber aus den unterschiedlichsten Gewerken und Regionen befragt, wie sie mit der Krise derzeit umgehen. (Foto: © Bartolomiej Pietrzyk/123RF.com)

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Corona-Krise: Stimmen aus dem Handwerk

Die Corona-Krise hat das Handwerk voll erwischt. Wir haben Betriebsinhaber gefragt, wie die Krise ihr Unternehmen trifft und was sie dagegen tun.

Tag für Tag werden die Szenarien bedrohlicher, jede neue Umfrage zeigt neue Rekordwerte, wie viele Unternehmen von der Corona-Krise in Mitleidenschaft gezogen werden. Immerhin: Die Politik hat schnell reagiert, mit Rettungsschirmen hofft sie, das Schlimmste zu verhindern.

Auch die Unternehmer selbst haben eigene Maßnahmen ergriffen, um sich, den Betrieb und vor allem die Mitarbeiter zu schützen. Wir haben Betriebsinhaber aus den unterschiedlichsten Gewerken und Regionen befragt, wie sie mit der Krise derzeit umgehen.

Malermeister Jörg Schmitz, "Der Meisterbetrieb Jörg Schmitz", Düsseldorf

Jörg Schmitz Foto: © Harry VorsteherJörg Schmitz Foto: © Harry Vorsteher

"Wir arbeiten für Privatkunden und haben aus dem gewerblichen Bereich unter anderem Hotels und Altenheime. Das Hotel hat uns bereits am 13. März einen Baustellenstopp geschickt, in das Altenheim dürfen wir ohnehin nicht mehr hinein, um die Damen und Herren nicht zu gefährden. Zudem haben diese Woche schon drei Privatkunden ihre Aufträge telefonisch storniert, was für mich bedeutet, dass sechs weitere Mitarbeiter nicht rausfahren konnten.

Dabei haben wir das Material bereits vorfinanziert, auch die üblichen Kosten von der Miete über die Versicherungen bis hin zum Lohn- und Gehaltszahlungen laufen erst einmal weiter. Diese Aufträge sind zwar nicht weg, aber verschoben – und die Zeit dazwischen muss ich ohne Umsatz überbrücken.

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Fraglich ist zudem, wie sich die Auftragslage nach der Krise entwickelt: Gewerbliche Kunden müssen eigene Umsatzverluste erst einmal kompensieren, Privatkunden fehlt auch etwa durch Kurzarbeit oder Einnahmeverlusten, wenn sie zum Beispiel im gastronomischen Bereich arbeiten, das Geld, um uns zu beauftragen." Homepage "malerplusparkett.de".

Tischlermeister Dirk Fischer, Tischlerei Dirk Fischer, Neustadt

Dirk Fischer Foto: © HwK der PfalzDirk Fischer Foto: © HwK der Pfalz

"Als selbstständiger Handwerker stehe ich - wie viele andere Handwerksbetriebe auch - zur Zeit vor großen Herausforderungen: Neuaufträge bleiben aus, Kunden ziehen Aufträge zurück, Rechnungen werden nicht mehr bezahlt. Kurz, für einige Betriebe geht es momentan schon um alles. Ich selbst habe letzte Woche Kurzarbeitergeld beantragt und warte, hoffe und dränge auf schnelle Auszahlung. Denn auch die Gewerke, die heute die wirtschaftlichen Auswirkungen noch nicht so stark spüren, sollten den worst case im Blick haben und jetzt schon Vorkehrungen treffen.

Wir versuchen momentan mit Hochdruck und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln einen Schutzschirm über die Handwerksbetriebe zu spannen. Fakt ist, wir brauchen schnelle und unbürokratische Hilfen im Handwerk, denn Ende des Monats müssen wir Gehälter, Mieten und Versicherungen zahlen und unsere Familien ernähren.

Als Präsident der Handwerkskammer der Pfalz möchte ich unseren Mitgliedsbetrieben Mut machen; gemeinsam werden wir es schaffen, diese Krise zu überwinden - davon bin ich überzeugt. Wir informieren unsere Betriebe tagesaktuell über alle möglichen Kanäle über den Stand der Dinge und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite." Facebook-Page "Tischlerei Dirk Fischer".

Friseurmeister Hans-Jörg Friese, Friese Haarstudio GmbH, Alzey

Hans-Jörg Friese Foto: © HwK RheinhessenHans-Jörg Friese Foto: © HwK Rheinhessen

"Wir haben schon letzte Woche darauf gedrängt, unseren Salon zu schließen – überall wird gefordert, 1.50 bis zwei Meter Abstand zu halten, das ist bei unserer Arbeit einfach nicht möglich. Die finale Entscheidung, dass die Türen geschlossen bleiben müssen, haben alle mit Erleichterung aufgenommen. Die Gesundheit geht vor, dass wir wissen gerade wir in unserem Beruf.

Dabei habe ich auch eine große Solidarität von meinen Mitarbeitern – wir haben 13 Beschäftigte in drei Betrieben – erfahren, auch im Handwerk generell. Die Bereitschaft, zusammenzustehen und die Krise gemeinsam zu bewältigen, ist beeindruckend. Für meinen Betrieb habe ich sofort Kurzarbeit beantragt und Mitarbeiter waren sofort bereit, bis zur Auszahlung, was sechs bis acht Wochen dauern kann, zu warten, wohl wissend um die persönlichen wirtschaftlichen Konsequenzen. Parallel habe ich Darlehen als Risikopuffer beantragt – für die Zeit nach der Krise, wobei keiner sagen kann, wie lange sie andauert, um mehr Sicherheit zu bekommen.

Positiv hat sich neben der Solidaritätswelle gezeigt, wie schnell sich manche Vorhaben entwickeln. In meiner Eigenschaft als Handwerkskammerpräsident (der Handwerkskammer Rheinhessen, Anm. der Redaktion) gingen auf einmal Videokonferenzen und schneller E-Mail-Austausch, was vorher in dem Maß nicht möglich gewesen wäre. Hier neue Entscheidungswege anzustoßen, die auch in rechtssichere Beschlüsse münden, ist nur eine Herausforderung, der wir uns stellen sollten. Das hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich untereinander zu vernetzen – und da sehe ich auch wichtige Chancen für die Ausbildung, wenn sich Betriebe und Berufsschule etwa in der Lehrlingsausbildung vernetzen." Homepage "Friese Haarstudio GmbH".

Kosmetikerin Silke Danecker, Kosmetik Institut Silke Danecker, Düsseldorf:

Silke Danecker Foto: © Alex FalkSilke Danecker Foto: © Alex Falk

"Für mich als Solo-Selbstständige und Einzelkämpferin mit eigenem Studio ist den Kopf in den Sand stecken keine Alternative. Noch bevor die offizielle Anordnung kam, dass Kosmetik-Studios nicht mehr öffnen dürfen, habe ich mein Geschäft schon vier Tage vorher trotz echter Existenzängste geschlossen. Die Kunden konnten noch Waren abholen, aber bekamen keine Behandlung mehr – und das haben alle ausnahmslos positiv und verständnisvoll aufgenommen.

Fest steht, dass ich keinen weiteren Kredit aufnehmen werde, um mein Studio zu retten: Ich bin zwölf Jahre selbstständig, hätte nächstes Jahr meine laufenden Kredite komplett getilgt, ein Weitermachen mit Neuverschuldung kommt für mich nicht in Frage. Sobald klar ist, mit welchem Formular ich Zuschüsse beantragen kann, werde ich das tun. Ich habe stets einen Auftragsbestand von acht Wochen und kann daher genau beziffern, wie hoch mein Umsatzverlust ausfällt. Meinen Plan, eine Mitarbeiterin im Herbst einzustellen, musste ich leider erst einmal auf Eis legen.

In der Zwischenzeit bin ich in den Sozialen Medien aktiv, halte Kontakt mit Kunden über die bekannten Social-Media- und die heute üblichen Kommunikationskanäle. Derzeit plane ich einen Livestream via Social Media und biete online und telefonisch eine umfassende, kostenlose Haut- und Pflegeberatung an. Anschließend liefere ich meine Waren schön verpackt, mit Goodies und persönlichen Grüßen aus, um Erlöse zu erzielen – was gut angenommen wird." Homepage "Kosmetik Institut Silke Danecker".  

Stahl- und Betonbaumeister Peter Hagdorn, Fliesenlegermeister Tim Dunkerbeck (l.), StoneTec GmbH, Bocholt

Foto: © StoneTec GmbHFoto: © StoneTec GmbH

"In unserer Ausstellungshalle kamen Kunden nur noch vereinzelt, hinzu kamen erste Anrufe von Privatkunden, doch erst einmal den Auftrag in der Wohnung, aber auch bei Neubauten zu stoppen. Das ist kein Problem, die Aufträge bekommen wir noch geschoben. Seit auch die Berufsschulen geschlossen haben, startet unser Team von 29 Mitarbeitern morgens von unserem Betrieb aus.

Derzeit sind drei Szenarien realistisch. Erstens: Wir dürfen nicht mehr arbeiten, weil  wir auf einmal – was Gottseidank nicht der Fall ist – einen Corona-Fall in unseren eigenen Reihen haben und wir wegen Quarantäne nicht mehr arbeiten dürfen. Zweitens: Wir können nicht mehr arbeiten, weil ein Baustellenstopp kommt oder, drittens, weil uns das Material ausgeht. Wir beziehen Fliesen aus Italien, dort ist die Produktion auf Eis gelegt und noch reicht unser Bestand aus.

Es gibt allerdings auch einen Vorzieheffekt. Wir sollten ursprünglich einen Alttrakt eines finanziell gut aufgestellten Hotels im Sommer sanieren. Weil dessen Kunden aber ihre Zimmer storniert hatten, ist der Flügel gästefrei und der Inhaber erkundigte sich bei uns, ob wir Kapazitäten hätten, den Auftrag vorzuziehen." Homepage "StoneTec GmbH".

Text: / handwerksblatt.de

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