Ausbildungsbegleiterin Verena Pfeifer steht Dachdeckermeister Michael Hube und seinem Azubi Gideon Nelles in allen Phasen der Lehre mit Rat und Tat zur Seite; Foto: Monika Nonnenmacher

Ausbildungsbegleiterin Verena Pfeifer steht Dachdeckermeister Michael Hube und seinem Azubi Gideon Nelles in allen Phasen der Lehre mit Rat und Tat zur Seite; Foto: Monika Nonnenmacher

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Unterstützung für Chefs und Azubis

Bei der assistierten Ausbildung kümmern sich geschulte Fachkräfte von Anfang an darum, dass Jugendliche mit Startschwierigkeiten ihre Lehre und den Übergang ins Berufsleben meistern.

Aus langjähriger Erfahrung in der Berufsvorbereitung weiß Christoph Strehle: "Die Betriebe brauchen Auszubildende, die sich voll auf die Ausbildung konzentrieren können." Jugendliche, die er und seine Mitarbeiter beim Institut für schulische und berufliche Bildung (isbb) in Köln betreuen, gehören oft nicht dazu. Diese sind schulisch oft eher schwach, haben teils private Probleme, sind beruflich noch nicht ausreichend orientiert und tun sich daher schwer, eine Lehrstelle zu finden. Um sie in den Ausbildungsmarkt zu bringen, wurde im vergangenen Jahr die assistierte Ausbildung (AsA) geschaffen. Die Agenturen für Arbeit oder Jobcenter beauftragen dabei Bildungsträger wie das isbb damit, sozial benachteiligte und lernbeeinträchtigte Jugendliche bis 25 Jahren vor, während und nach der Lehre zu begleiten und die Betriebe zu entlasten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der intensiven Betreuung. Strehle: "Ein pädagogischer Mitarbeiter in AsA kümmert sich um 13 Jugendliche. Verglichen mit der Schulsozialarbeit ist das gigantisch gut."

Die assistierte Ausbildung besteht aus drei Teilen. Phase 1 startet im März. Der Träger kann die Teilnehmer bis zu einem halben Jahr auf eine Ausbildung vorbereiten. Zum Programm zählen unter anderem Berufsorientierung, Bewerbungstraining und Praktika. In erster Linie wird den Jugendlichen aber vermittelt, dass die Betriebe pünktliche, zuverlässige und belastbare Auszubildende brauchen. In der ersten Phase der assistierten Ausbildung werden die Teilnehmer 39 Stunden pro Woche betreut. 1,5 Tage davon sind sie am Berufskolleg. "Dort besuchen die Jugendlichen die Klasse für Schülerinnen und Schüler ohne Berufsausbildung. Ab diesem Sommer wird es vier zusätzliche solcher KSOB-Klassen in Köln geben", sagt isbb-Geschäftsführer Christoph Strehle.

Wer in der Phase 1 eine Ausbildungsstelle findet, wechselt in die zweite AsA-Phase, die betriebliche Ausbildungsphase mit fortlaufender pädagogischer Unterstützung. Rechtlich gibt es für den Jugendlichen und seinen Ausbilder nichts Neues. Sie schließen einen Ausbildungsvertrag miteinander ab. Der Betrieb übernimmt die regulären Kosten (beispielsweise die Ausbildungsvergütung). In einer Kooperationsvereinbarung legen der Träger und der Ausbildungsbetrieb fest, was das Unterstützungsangebot umfasst. So wird neben der Berufsschule etwa zusätzlicher Unterricht angeboten – vier bis neun Stunden pro Woche. Die fortwährende Betreuung durch Sozialpädagogen, Ausbildungsbegleiter und Lehrkräfte zahlt die Agentur für Arbeit. In der dritten Phase sollen die ausgebildeten Gesellen nach ihrer Übernahme im Betrieb noch drei Monate vom Bildungsträger begleitet werden.

Bis zu 10.000 assistierte Ausbildungsplätze sollten bundesweit für das Ausbildungsjahr 2015/2016 geschaffen werden. Doch nur etwas mehr als die Hälfte davon konnte besetzt werden . Der Grund: Da der Bundestag die Regelungen des Sozialgesetzbuches (SGB) erst Ende Februar geändert hat, blieb den Agenturen für Arbeit und Jobcentern kaum Zeit, das neue Angebot in ihre Planungen einzubeziehen. "Die Phase 1 konnte im vergangenen Jahr erst im August starten und war damit stark verkürzt", erklärt Sabrina Reichler, Bereichsleiterin bei der Agentur für Arbeit Köln. Zudem ist vielen Arbeitgebern das Instrument der assistierten Ausbildung noch nicht bekannt. Oft wird daher auf die weniger intensiven ausbildungsbegleitenden Hilfen zurückgegriffen.

Betriebe, die einen Praktikums- und/oder Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen möchten, können sich an den Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit wenden. Zu erreichen ist er an über 600 Standorten oder über die kostenfreie Rufnummer 08 00/4 55 55 20.
Anlaufprobleme gibt es zurzeit noch bei der Akquise von Praktikums- und Ausbildungsplätzen. Die Betriebe stellen sie eher zögerlich bereit. Einige scheinen zu befürchten, dass ihnen der Träger oder die Arbeitsagentur zu sehr hineinreden. Diesen Eindruck will Johann Löwen entkräften. "Niemand möchte den Ausbildungsbetrieben etwas vorschreiben", stellt der Teamleiter des Kölner Arbeitgeber-Service klar. Besonders das Handwerk könne vom neuen Förderinstrument profitieren. Viele Jugendliche tun sich schwer mit einer Ausbildung im Handwerk. Durch die Praktika in der ersten Phase können sie den einen oder anderen Beruf kennenlernen und später ihre Ausbildung in einem der Betriebe machen.

Guter Start in die Ausbildung

Nichts im Briefkasten. Auch das elektronische Postfach bleibt leer. "Bei uns bewirbt sich schon lange kein Schulabgänger mehr auf eine Lehrstelle als Dachdecker", erklärt Michael Hube. Dabei braucht der Betriebsinhaber aus Köln frische junge Fachkräfte. Nachschub liefern ihm seit einigen Jahren die Agentur für Arbeit und der Internationale Bund. Rund ein Dutzend Azubis hat Hube bislang über sie bekommen. Doch ein Drittel davon konnte die Ausbildung nicht beenden. "Meistens hapert es in der Fachtheorie. Wir können uns aber nicht auch noch am Wochenende hinsetzen und Nachhilfe geben, um diese Defizite zu beheben", sagt der Geschäftsführer eines florierenden Zwölf-Mann-Betriebs. Mit Unterstützung aus dem Elternhaus sei ebenfalls nicht zu rechnen. "Sehr schwierige Bedingungen", fasst er knapp zusammen.

Hier setzt die assistierte Ausbildung an. Den Betrieben und Azubis wird von Beginn an professionelle Hilfe zur Seite gestellt. "Mir ist wichtig, dass ich während der gesamten Ausbildung einen festen Ansprechpartner habe, von dem ich schnell eine verlässliche Rückmeldung bekomme", erklärt Hube. In Köln ist es das Institut für schulische und berufliche Bildung (isbb). Die dort beschäftigten Ausbildungsbegleiter und Sozialpädagogen sollen junge Menschen mit Startschwierigkeiten in eine betriebliche Ausbildung bringen, sie dort halten und auf deren Übernahme hinarbeiten.

Vorigen Sommer hat das isbb Gideon Nelles an Michael Hube vermittelt. Nach einem dreiwöchigen Praktikum, das der Dachdeckermeister inzwischen bei jedem Lehrstellenbewerber vorschaltet, stand fest: Der 17-Jährige kann anfangen. "Neben den persönlichen Hilfestellungen, die Gideon anfangs noch brauchte, kümmern wir uns vor allem um die schulischen Defizite, die er aus der Hauptschule mitgebracht hat", begründet Ausbildungsbegleiterin Verena Pfeifer die Teilnahme am Förderprogramm. Nach der Berufsschule bekommt er zusätzlichen Unterricht beim isbb. Zwischen vier und neun Stunden sind wöchentlich vorgesehen. "Gideon ist zurzeit vier Stunden bei uns. Vor Klassenarbeiten sind es auch schon mal mehr", erklärt Verena Pfeifer.

Michael Hube ist bislang sehr zufrieden. "Die Berufsschule hat noch nicht bei uns angerufen. Da scheint es also gut zu funktionieren. Aus den Lehrgängen der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung hat Gideon vor allem Zweien und Dreien mitgebracht." Eines ist dem Betriebsinhaber aber ganz besonders wichtig: Obwohl sein Schützling frühmorgens mit Bus und Bahn zur Arbeit fahren muss, sei er noch keinen Tag zu spät gekommen. Hubes Fazit fällt nach einem halben Jahr assistierter Ausbildung positiv aus: "Wenn es weiterhin so gut läuft und Gideon noch den Führerschein macht, könnte ich mir gut vorstellen, ihn als Gesellen zu übernehmen."

Foto: Monika Nonnenmacher

Text: / handwerksblatt.de

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