"Bevor an externe Finanzierungsquellen herangetreten wird, müssen in einem ersten Schritt unternehmensinterne beziehungsweise unternehmenseigene Spardosen geleert werden", sagt Dr. Michael Rheindorf, geschäftsführender Gesellschafter der BauPlus Consulting.

"Bevor an externe Finanzierungsquellen herangetreten wird, müssen in einem ersten Schritt unternehmensinterne beziehungsweise unternehmenseigene Spardosen geleert werden", sagt Dr. Michael Rheindorf, geschäftsführender Gesellschafter der BauPlus Consulting. (Foto: © Andriy Popov/123RF.com)

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Baugewerbe: Wie Unternehmen der Krise trotzen können

Betriebsführung

Der Wohnungsbau ist im Sinkflug und auch andere Baubereiche schwächeln. Daneben gibt es auch hausgemache Probleme in der Baubranche. Was können Unternehmen tun, wenn sich eine Krise abzeichnet?

Der Rückgang der Baukonjunktur setzt sich weiter fort. Nach einem Umsatzminus von 5,3 Prozent im vergangenen Jahr erwartet der Zentralverband des Baugewerbes 2024 ein weiteres Minus von drei Prozent. Verantwort­lich dafür bleibe der Wohnungsbau, der sich weiterhin im Sinkflug befindet.

Für 2024 geht der Verband davon aus, dass nur noch 235.000 Wohneinheiten fertiggestellt werden – minus 13 Prozent gegenüber 2023. Experten erwarten, dass es 2024 mehr Insolvenzen in der Branche geben wird. Auch Kurzarbeit könnte wieder ein Thema werden. Trotzdem war die Mehrzahl der kleinen und mittleren Bauunternehmen Ende 2023 noch optimistisch.

"Die Unternehmer haben nicht vor, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern der Lage zu trotzen", sagt Dr. Michael Rheindorf, geschäftsführender Gesellschafter der BauPlus Consulting gegenüber den Deutschen Handwerksblatt. Die Unternehmensberatung hat für ihr jährliches "StimmungsBAUrometer" gemeinsam mit dem Netzwerk "Berater-Team Bau" und der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen über 100 Firmen unterschiedlicher Größenordnung befragt.

Unternehmen nehmen die Themen ernster als in den Vorjahren

Laut dem StimmungsBAUrometer ist die Lage in den Unternehmen überwiegend noch gut. Die Unternehmen nehmen die Herausforderungen aktiv in Angriff. Foto: © BauPlus GmbH Consulting Laut dem StimmungsBAUrometer ist die Lage in den Unternehmen überwiegend noch gut. Die Unternehmen nehmen die Herausforderungen aktiv in Angriff. Foto: © BauPlus GmbH Consulting

81 Prozent beschrieben ihre Geschäftslage als gut oder eher gut. 61 Prozent gehen nicht davon aus, dass sich die Lage in 2024 verschlechtert. "So schlecht die Lage am Wohnungsbaumarkt im Moment auch ist, unsere Umfrage zeigt, dass die Stimmung in der Gesamtbranche weitgehend positiv ist – geprägt durch Segmente wie den Infrastrukturbau oder den Gewerbe- und Industriebau", sagt Rheindorf.

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Der Fachkräftemangel zählt nach wie vor zu den größten Baustellen. Aber auch der Nachfragerückgang. Davon sind inzwischen 82 Prozent der Unternehmen betroffen; 2022 waren es noch 65 Prozent. Deutlich entspannt haben sich die Verfügbarkeit von Materialien sowie die Lieferzeiten.

Auch die Zinsentwicklung und die Energieversorgung sehen die Unternehmer ­weniger riskant an als im Vorjahr. "Das zeigt, dass die Unternehmen viele Themen ernster nehmen und nehmen müssen als noch im vergangenen Jahr", berichtet Michael Schwinn, Berater bei BauPlus Consulting und Leiter der Studie. "Es zeigt aber auch, dass sie nicht tatenlos zusehen, sondern die Herausforderungen aktiv in Angriff nehmen wollen."

Viele Unternehmen sind zu schnell gewachsen

Neben äußeren Umständen, die zu einer Krise führen können – etwa die Konjunktur im Wohnungsbau oder die Insolvenz eines Stammkunden – beobachten die Berater vielfach hausgemachte Probleme. "Viele Unternehmen sind in den letzten Jahren ­unglaublich schnell gewachsen", sagt Rheindorf. "Sie haben es nicht geschafft, gleichzeitig vernünftige Strukturen und Abläufe aufzubauen." Dadurch sei viel Geld in den Baustellen hängengeblieben, "weil Projekte teilweise schlecht oder gar nicht abgerechnet wurde". Im Einkauf wurde mehr abgerufen als strategisch eingekauft. Materiallieferungen sowie die Maschinen- und Personalplanung wurden nicht effizient umgesetzt.

Ein weiteres Problem für viele Firmen seien die Corona-Kredite, die über die KfW zur Verfügung gestellt wurden und jetzt zurückgezahlt werden müssen. Die Möglichkeiten für die Unternehmen, sich ­Liquidität zu verschaffen, seien momentan schwierig.

Rechtzeitig die Krise erkennen, um gegenzusteuern

Dr. Michael Rheindorf (3. v. l.) und das Führungsteam der BauPlus GmbH Consulting. Foto: © Bauplus GmbH ConsultingDr. Michael Rheindorf (3. v. l.) und das Führungsteam der BauPlus GmbH Consulting. Foto: © Bauplus GmbH Consulting

Was also tun? "Das Entscheidende ist, dass der Unternehmer rechtzeitig erkennt, dass er in eine Krise hineinläuft", betont Rheindorf. Und dass er die Krise akzeptiert und bereit ist, gegenzusteuern. "Wenn man nach dem Motto verfährt, das wird schon gutgehen, kommt man schnell in eine Situation, in der Löhne und Gehälter, Sozialversicherungsbeiträge und das Finanzamt nicht mehr bezahlt werden können." Reagiert der Unternehmer aber rechtzeitig, kann er das Ruder rumreißen, betont Rheindorf.

"Zunächst muss geklärt werden, wie hoch der finanzielle Bedarf ist, damit das Unternehmen überlebt und nachhaltig wieder aufgebaut werden kann. Das bedeutet, bevor an externe Finanzierungsquellen herangetreten wird, müssen in einem ersten Schritt unternehmensinterne beziehungsweise unternehmenseigene Spardosen geleert werden." Sprich, über effektives Forderungsmanagement und andere Maßnahmen muss schnell Liquidität generiert werden.

"Eine Liquiditätsenge ist der größte Feind"

Eine Liquiditätsenge sei der größte Feind des Unternehmers. "Wenn sich die Firmenchefs nur noch mit Liquidität beschäftigen, bleiben strategisch wichtige Dinge liegen. Dann verliert man Personal, führt keine vernünftigen Verhandlungen auf der Baustelle mehr und kann keine Netzwerke aufbauen." Gleichzeitig muss man nach den Ursachen der Krise suchen.

Manchmal habe die Lösung des Problems einen Strategiewechsel zur Folge. Wer zum Beispiel im Einfamilienhausbau tätig ist, könnte prüfen, ob das vorhandene Know-How sowie die Strukturen des Unternehmens geeignet sind, Aufträge im Bereich der Gebäudesanierung abzuwickeln. Zudem könnte er nach Zielgruppen suchen, für die der Einfamilienhausbau weiterhin attraktiv sein kann.

Wichtig sei zudem, dass man sich als Firmenlenker in schwierigen Zeiten Freiräume schafft für die Gespräche mit Beratern, den Banken, mit Creditreform und Bürgschaftsgebern. Dr. Michael Rheindorf ist überzeugt, dass jede Krise aber auch eine Chance und ein produk­tiver Zustand sein kann. Viele Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, mache man später nicht mehr. "Es gibt immer eine Chance. Der Unternehmer muss aber bereit sein, sich zu ­verändern."

Kirsten Freund

Checkliste: Strategien in der Krise

Liquidität verbessern

✓ Kümmern Sie sich um ausstehende Forderungen und ­lösen Sie Sicherungseinbehalte durch entsprechende Bürgschaften ab

✓ Sie ggf., ob die Nutzung von Vorauszahlungsbürgschaften möglich ist

✓ Prüfen Sie, ob alle erbrachten Leistungen abgerechnet wurden

✓ Prüfen Sie, ob Sie Anspruch auf Nachträge haben

✓ Vermeiden Sie alle nicht betriebsnotwendigen Ausgaben

✓ Kümmern Sie sich um eine laufende Ein- und ­Auszahlungsplanung inkl. Kontrolle

✓ Sprechen Sie mit der Hausbank über eine Erweiterung der Kreditlinie. Prüfen Sie den Kontakt zu weiteren Banken.

✓ Holen Sie einen Berater der Handwerkskammer, den Steuerberater und/oder einen externen Unternehmensberater ins Boot

✓ Verkaufen Sie ggf. nicht genutzte Maschinen

Optimierung des Zahlungsmanagements

✓ Sorgen Sie für eine zeitnahe Rechnungsstellung

Mahnen Sie säumige Zahler konsequent an

✓ Nutzen Sie An- und Abschlagszahlungen

✓ Nutzen Sie Lieferantenskonto

✓ Beschleunigen Sie den Zahlungseingang, indem Sie Skonto gewähren

✓ Verzichten Sie auf Kunden, die für ihre schlechte ­Zahlungsmoral bekannt sind

✓ Überprüfen Sie die Bonität der Kunden

Besprechen Sie mögliche Maßnahmen mit ­Ihrer ­Handwerkskammer und /oder externen Beratern

Erfolgssituation verbessern

✓ Suchen Sie nach Einsparmöglichkeiten im Einkauf

✓ Kümmern Sie sich um möglichst lukrative Aufträge (ggf. neue ­Kundengruppen und Tätigkeitsbereiche)

✓ Reduzieren Sie Lagerbestände

✓ Führen Sie regelmäßig Nachkalkulationen durch

✓ Sorgen Sie mit Hilfe von Qualitätssicherungsmaß­nahmen für eine stets mängelfreie Arbeit

✓ Kümmern Sie sich um Reklamationen sofort

✓ Passen Sie Privatentnahmen der Gewinnsituation an

✓ Implementieren Sie eine nachhaltige Arbeitsvorbereitung mit allen Projektbeteiligten

✓ Implementieren Sie eine intensive und ergebnisorientierte Projektsteuerung 

Unsere Quellen für die Checkliste: Ludwig-Fröhler-Institut für Handwerkswissenschaften; BauPlus GmbH Consulting; DHB

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Text: / handwerksblatt.de

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