Reform der EU-Vergaberichtlinien: Losvergabe soll zur Regel werden
Die EU plant eine Reform der EU-Vergaberichtlinien. Für Baugewerbe und Handwerk soll der Zugang zu öffentlichen Aufträgen durch die Losvergabe erleichtert werden. ZDH und ZDB begrüßen die Pläne.
Die EU-Vergaberichtlinien sollen bis Ende 2026 reformiert werden. Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments hat einen entsprechenden Vorschlag angenommen. Unter anderem sollen Ausschreibungen künftig in kleinere Lose aufgeteilt werden. Handwerk und Baubranche reagieren erleichtert, denn das würde den Zugang zu öffentlichen Aufträgen für kleine und mittlere Unternehmen deutlich erleichtern. Der Schwerpunkt bei der Vergabe sollte zudem auf dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis liegen, nicht nur auf dem niedrigsten Preis.
In Deutschland hat die Losvergabe im Vergaberecht bereits Vorrang gegenüber der Gesamtvergabe. Öffentliche Aufträge sollen, wenn möglich, in einzelne Lose (Teil- oder Fachlose) aufgeteilt werden.
Der Berichterstatter des Parlaments, Piotr Müller aus Polen, sagte nach der Abstimmung: "Das neue Vergabeverfahren sollte dazu dienen, Prozesse zu regulieren, nicht alle möglichen politischen Maßnahmen umzusetzen. Deshalb schlagen wir Vereinfachungen, echte Digitalisierung und transparente Regelungen vor. Neue Regelungen müssen auf ihre Auswirkungen auf kleine Unternehmen überprüft werden – wenn sie kleinen Unternehmen die Teilnahme an Ausschreibungen erschweren, müssen sie geändert werden. Andernfalls werden wir ein System haben, das diejenigen ausschließt, die es am dringendsten benötigen."
"Die Losvergabe ist Herzstück eines gesunden Wettbewerbs"
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) spricht von guten Nachrichten aus Brüssel. "Künftig soll die Losvergabe, also die Aufteilung großer Aufträge in kleinere Lose, europaweit zum Regelfall werden. Dieses Prinzip hat sich in Deutschland bewährt und sorgt seit Jahren für fairen Wettbewerb. Die Losvergabe ist Herzstück eines gesunden Wettbewerbs und sorgt für gute Preise für den Steuerzahler."
Bislang sieht das EU-Recht laut ZDB zwar die Möglichkeit vor, Aufträge in Fach- und Teillose zu gliedern. Doch einen echten Vorrang dafür gibt es nicht. Ein Begründungszwang für das Abweichen fehle bisher, berichtet der Baugewerbeverband.
Der Vorschlag des Ausschusses setze hier an: Er stärkt die Losvergabe als zentrales Instrument, damit die mittelständischen Bauunternehmen hierzulande überhaupt am öffentlichen Markt teilnehmen können.
ZDB: Jetzt nicht in Deutschland die Losvergabe schwächen
Pakleppa: "Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich. Mit Blick auf das Infrastrukturpaket darf Deutschland jetzt nicht den Fehler machen, im nationalen Recht gegenzusteuern und die Losvergabe zu schwächen. Es wäre absurd, wenn wir auf europäischer Ebene Fortschritte erzielen und gleichzeitig auf Bundesebene zurückrudern."
Die EU-Kommission müsse bei der geplanten Reform Ende 2026 den Fokus klar auf Vereinfachung und Wettbewerb legen. "Neue Hürden wie eine verpflichtende Tarifbindung würden Behörden und Betriebe nur zusätzlich belasten und das eigentliche Ziel – mehr Chancen für den Mittelstand – konterkarieren", so der ZDB-Chef.
Keinen neuen Mehraufwand einführen
Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), bezeichnet die Losvergabe als Türöffner, damit Handwerksbetriebe öffentliche Aufträge gewinnen können. "Entsprechend positiv ist der im Binnenmarktausschuss angenommene Initiativbericht zu bewerten, der den Zugang kleiner und mittelständischer Handwerksbetriebe zum öffentlichen Markt signifikant stärkt."
Entscheidend sei nun, dass sich die Kommission bei ihrem Reformvorschlag auf Vereinfachungen und die Stärkung des Wettbewerbs konzentriert. Schwannecke: "Kriterien wie eine verpflichtende Tarifbindung würden zu einem erheblichen Mehraufwand bei Vergabestellen und Bietern führen und KMU den Zugang zum öffentlichen Markt erschweren."
Quellen: ZDH; ZDB; Europäisches Parlament
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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