Handwerk fordert Korrekturen am Tariftreuegesetz
Das Handwerk kritisiert den Entwurf für ein Tariftreuegesetz, der im Bundeskabinett verabschiedet werden soll. Es befürchtet eine bürokratische Überfrachtung der Vergabeverfahren. Außerdem sei eine Stärkung der Tarifbindung mit dem vorliegenden Entwurf nicht zu erreichen.
Die Bundesregierung will die Tarifautonomie stärken. Das Bundeswirtschafts- und das Bundesarbeitsministerium haben dazu einen Entwurf für das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelegt.
"Wer künftig öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen will, muss den dafür eingesetzten Beschäftigten bestimmte branchenspezifische, tarifliche Arbeitsbedingungen gewähren – und sicherstellen, dass dies auch mögliche Subunternehmen tun. Geregelt werden soll dies durch die Schaffung eines Bundestariftreuegesetzes", so das Arbeitsministerium.
Viele Handwerker beteiligen sich nicht mehr
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben, in dem er vor einer bürokratischen Überfrachtung der Vergabeverfahren warnt. Bereits aktuell schreckten immer mehr Handwerksbetriebe davor zurück, sich an Auftragsvergaben der öffentlichen Hand zu beteiligen. Das gelte besonders für kleine und mittlere Betriebe mit begrenzten personellen Ressourcen.
Die Vergabeverfahren seien oft zu komplex, dauerten unverhältnismäßig lange und wegen der Verpflichtung zur Einhaltung vergabefremder Kriterien zu bürokratisch. Mittelständische Unternehmen seien auf bürokratiearme, transparente und leicht umsetzbare Regelungen angewiesen. Den handwerksspezifischen Anforderungen werde der vorliegende Entwurf kaum gerecht.
Zusätzliche Hürden und Kosten
Es sei davon auszugehen, dass mit dem Referentenentwurf viele redliche Wettbewerber von der öffentlichen Bundesvergabe ausgeschlossen werden, so die Prognose des ZDH. "Die grundsätzliche Annahme des Gesetzgebers, dass gute Arbeitsbedingungen nur durch eine Tarifbindung gewährleistet werden kann, schließt Betriebe aus dem Wettbewerb aus, die in legaler Weise von ihrem Recht auf negative Koalitionsfreiheit Gebrauch machen."
Das in dem Gesetzentwurf vorgesehene Regelwerk bedeute für die Handwerksunternehmen erhebliche zusätzliche bürokratische Hürden und Kosten und führe nicht zu einer Steigerung der originären Tarifbindung. Dies zeigten auch die Erfahrungen mit vergleichbaren Landesgesetzen. Korrekturen seien nötig, um einen zusätzlichen Bürokratieaufbau zu verhindern.
Keine optimale Grundlage
Auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) bewertet den Gesetzentwurf kritisch. Er sein keine optimale Grundlage für die Stärkung der Tarifbindung. "Tariftreue Unternehmen brauchen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge eine faire Chance und nicht mehr Bürokratie", erklärt ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa.
Die nur punktuelle Anwendung einzelner Tarifbestandteile auf ausgewählte Beschäftigte während der Auftragsausführung werde nicht dazu führen, dass Unternehmen sich künftig umfassend tariflich binden oder die geltenden Branchentarifverträge insgesamt anwenden. "Damit entstehen in Hinblick auf die Personalkosten keine gleichen Ausgangsbedingungen zwischen tarifgebundenen und nicht-tarifgebundenen Unternehmen."
"Es muss nachgebessert werden"
Es müsse bei dem Grundsatz bleiben, dass die obligatorische Anwendung tariflicher Regelungen für eine ganze Branche nur auf gemeinsamen Antrag aller Tarifvertragsparteien der Branche beschlossen werden dürfen. Anders als bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen nach dem Tarifvertragsgesetz und dem Arbeitnehmerendsendegesetz sehe der aktuelle Entwurf aber diesen Beteiligungsmechanismus noch nicht vor.
"Hier muss nachgebessert werden", fordert Pakleppa. "Auch ist eine Kurskorrektur Richtung Bürokratievermeidung dringend erforderlich. Für tariftreue Unternehmen dürfen keinesfalls weitere bürokratische Belastungen entstehen. Die geplanten erweiterten Prüf- und Nachweispflichten müssen deshalb für tarifgebundene Betriebe unkompliziert über den bereits etablierten Präqualifikationsnachweis erfüllt werden können."
ZDB fordert einheitliches System
Das Bundestariftreuegesetz trete neben 14 Landestariftreueregelungen. Pakleppa: "Statt zusätzlicher, paralleler Vorschriften auf Bundes- und Landesebene brauchen wir ein einheitliches und praxistaugliches System, das die bestehenden Tariftreueregelungen harmonisiert. Die aktuelle Vielzahl unterschiedlicher Regelungen sorgt für Rechtsunsicherheit und erschwert eine einheitliche Umsetzung."
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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