Zahl der Firmenpleiten steigt
Im ersten Halbjahr 2023 haben 8.400 Unternehmen Insolvenz angemeldet. Das waren deutlich mehr Firmenpleiten als im ersten Halbjahr 2022. Creditreform rechnet mit steigenden Zahlen im zweiten Halbjahr.
Trendwende bei den Unternehmensinsolvenzen in Deutschland: Nach jahrelang sinkenden Zahlen mussten im ersten Halbjahr 2023 deutlich mehr Firmen Insolvenz anmelden als im Vorjahreszeitraum. Darunter so prominente Großinsolvenzen wie Galeria Karstadt Kaufhof, der Mode-Händler Peek & Cloppenburg, der Schuh-Filialist Reno und der Pflegeheimbetreiber Convivo. Zwischen Januar und Juni gab es 8.400 Unternehmensinsolvenzen. Das sind 16,2 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022 mit 7.230 Fällen, meldet die Creditreform. Eine höhere prozentuale Zunahme habe es zuletzt 2002 gegeben.
Foto: © Creditreform"Die enormen Kostenbelastungen durch zu hohe Energie- und Materialpreise zeigen Wirkung", sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Verschärft habe sich der Gegenwind auch durch das schlechte Konsumklima. "Die Inflation verunsichert Verbraucher und bremst die Kauflaune deutlich", so Hantzsch. Die Rückzahlungen der Corona-Hilfen und verschleppte Anpassungen des Geschäftsmodells würden bei dauerhaft steigenden Zinsen "in die finanzielle und wirtschaftliche Sackgasse führen", so der Experte.
Deutlich gestiegen ist demnach die Zahl an Insolvenzen von mittleren und großen Unternehmen. Die Fallzahlen bei Großunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern lag um rund 67 Prozent über dem Vorjahreswert. Bei Unternehmen mittlerer Größe mit 51 bis 250 Beschäftigten nahmen die Insolvenzen sogar um 133,3 Prozent zu.
Weniger stark gestiegen seien die Insolvenzzahlen im Gegensatz zu früheren Untersuchungen bei Kleinunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden. Anteilsmäßig machten diese aber weiterhin das Gros des Insolvenzgeschehens aus.
Zugenommen hat auch die Zahl jüngerer Unternehmen, die Insolvenz anmelden mussten. Knapp ein Viertel der insolventen Unternehmen war maximal vier Jahre am Markt.
125.000 Beschäftigte betroffen
Foto: © CreditreformCreditreform geht davon aus, dass im ersten Halbjahr 125.000 Beschäftigte von der Insolvenz des Arbeitgebers betroffen waren. Im ersten Halbjahr 2022 waren 68.000 Beschäftigte betroffen.
Creditreform spricht trotz der deutlichen Zunahme bei den Fällen eher von einer Normalisierung als von einer "Insolvenzwelle". Im zweiten Halbjahr erwartet Creditreform einen weiteren Anstieg der Insolvenzzahlen.
Hantzsch: "Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen bleiben durch die Inflation und auch durch die Zinswende sehr angespannt. Die Zahl der Zahlungsausfälle könnte sich in den kommenden Monaten sogar noch beschleunigen."
Problematisch sei die Erhöhung des Zinsniveaus. Zudem würden Erträge und preisbereinigte Umsätze 2023 wohl stagnieren, was die Bewältigung steigender Zinslasten schwierig mache, so Hantzsch.
Viele GmbHs, weniger Einzelunternehmen
Foto: © CreditreformBei den Unternehmen hat sich das Insolvenzgeschehen weg von Einzelunternehmen und Kleingewerbetreibenden hin zu Gesellschaften wie der GmbH entwickelt. So erhöhte sich der
Anteil der GmbH von 37,6 auf 41,8 Prozent. Rückläufig war der Anteil von Einzelunternehmen. Diese machten im ersten Halbjahr 40,3 Prozent aller Insolvenzen aus (44,5 Prozent im Vorjahreszeitraum).
In allen vier Hauptwirtschaftsbereichen hat sich das Insolvenzaufkommen spürbar erhöht.
- Im Verarbeitenden Gewerbe gab es einen Anstieg um 22,6 Prozent,
- im Handel um 18,5 Prozent,
- im Dienstleistungssektor erhöhte sich die Zahl der Insolvenzen um 16,7 Prozent und
- im Baugewerbe lag der Anstieg bei plus 9,0 Prozent und war demnach unterdurchschnittlich. Die Zahl der Insolvenzen im Baugewerbe steigt allerdings.
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Text:
Kirsten Freund /
handwerksblatt.de
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