Hilfsmittelversorgung: Bürokratieabbau statt Regulierungsfantasien
Das Bündnis "Wir versorgen Deutschland" erteilt Forderungen des GKV-Spitzenverbands nach mehr Regulierung in der Hilfsmittelversorgung eine Absage.
Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) haben Anspruch auf eine mehrkostenfreie Versorgung mit medizinisch notwendigen Hilfsmitteln wie Hörhilfen, Gehhilfen, Prothesen oder Bandagen. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für das medizinisch notwendige und wirtschaftlichste Hilfsmittel. Gesetzlich Krankenversicherte haben sich daran mit einer Zuzahlung von mindestens fünf und höchstens zehn Euro zu beteiligen. Zusätzliche Kosten für Extras, zum Beispiel aus Gründen der Ästhetik oder des Komforts, müssen von den Versicherten selbst gezahlt werden.
Der GKV-Spitzenverband wertet jedes Jahr die Abrechnungsdaten für Hilfsmittel aus und stellt die Ergebnisse in seinem Bericht über die Entwicklung der Mehrkosten bei Versorgungen mit Hilfsmitteln vor. Jetzt liegen die Daten für das vergangene Jahr vor. "80 Prozent der Hilfsmittel erhalten GKV-Versicherte mehrkostenfrei," erklärt Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. "Im Berichtsjahr 2023 zahlten GKV-Versicherte durchschnittlich 149 Euro an Mehrkosten aus der eigenen Tasche. Aber sind diese Mehrkosten auch gerechtfertigt und bringen eine bessere Versorgung?", so ihre Frage.
GKV fordern Meldepflicht
MehrkostenberichtHier finden Sie den Bericht über die Entwicklung der Mehrkosten bei Versorgungen mit Hilfsmitteln des GKV-Spitzenverbands.Sie fordert eine gesetzliche Meldepflicht für Gründe von Mehrkosten: "Erst, wenn die Krankenkassen auch die Gründe dafür kennen, ist es möglich, Versicherte noch besser vor ungerechtfertigten Mehrkosten zu schützen." Laut Spitzenverband gibt es die meisten Fälle mit hohen durchschnittlichen Mehrkosten im gesundheitshandwerklichen Bereich wie Hörakustik oder Orthopädie. Nach Angaben des Verbands machten orthopädische Einlagen den größten Anteil der Mehrkostenfälle aus. Außerdem seienhier die Leistungsausgaben je Versorgungsfall im Mehrjahresverlauf deutlich gestiegen.
Dagegen spielten Mehrkosten in anderen Teilmärkten der Hilfsmittelversorgung eine eher geringe Rolle. Damit Versicherte von Leistungserbringenden nicht "zu teuren, übermäßigen Versorgungen" gedrängt oder unzureichend über ihren Leistungsanspruch beraten werden, sei mehr Transparenz über die Gründe von Mehrkosten erforderlich. Dafür brauche es die geforderte Meldepflicht. "Krankenkassen sollten erfahren, warum Versicherte Hilfsmittel auswählen, die von der Regelversorgung abweichen und somit zu zusätzlichen Kosten führen."
WvD übt heftige Kritik
Das Bündnis "Wir versorgen Deutschland" (WvD), zu dem auch der Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik gehört, übt heftige Kritik an dem Vorschlag des GKV-Spitzenverbands: "Einmal mehr nutzt der GKV-Spitzenverband die Veröffentlichung des Mehrkostenberichts, um mit absurden Forderungen nach weiteren Begründungspflichten für Mehrkostenvereinbarungen Scheinprobleme zu bekämpfen, anstatt sich endlich dem Bürokratieabbau in der Versorgung zu widmen."
Angesichts Zahlen im neuen Mehrkostenbericht des Spitzenverbandes seien die erneuten Forderungen nach einer weiteren Aufblähung der ohnehin überbordenden Bürokratie in der Hilfsmittelversorgung nicht zu verstehen. Der Verband stelle selbst fest, dass 80 Prozent der Hilfsmittelversorgungen ohne Mehrkosten erfolgen und die Quote seit Jahren konstant bleibe. Gleichzeitig lägen die Mehrkosten bei Hilfsmittelversorgungen im Bereich der Sanitätshäuser nahezu durchgehend unter fünf Prozent der Gesamtsumme aller Mehrkosten.
Bürokratieabbau gefordert
Das sei kein Grund, einen über die bestehenden Beratungs- und Dokumentationspflichten hinausgehenden Handlungsbedarf im Bereich der Mehrkosten abzuleiten. Die WvD-Generalsekretäre Kirsten Abel und Patrick Grunau erklären: "Statt sich mit Scheinproblemen und immer neuen Regulierungsfantasien zu beschäftigen, wäre es dringend geboten, dass sich der GKV-Spitzenverband dem Abbau der völlig überbordenden Bürokratie im Hilfsmittelbereich widmet."
In über 1.000 Einzelverträgen in der Hilfsmittelversorgung hätten die Krankenkassen besonders im administrativen Bereich einen "Dschungel an Regelungen" angehäuft, der auf Seiten der Kassen und der Leistungserbringer ohne Mehrwert Versorgungszeit und so das Geld der Versicherten verschwende. "Hier wäre ein lohnendes Feld für Vereinfachungen im Sinne der Versorgung, für das wir dem GKV-Spitzenverband gerne als Ansprechpartner zur Verfügung stehen".
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Text:
Lars Otten /
handwerksblatt.de
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