Die Preisträger des Innovationspreises Handwerk NRW 2023 mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (7.v.l.) bei der Preisverleihung in der Alten Maschinenhalle Solingen am 1. Dezember 2023.

Die Preisträger des Innovationspreises Handwerk NRW 2023 mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (7.v.l.) bei der Preisverleihung in der Alten Maschinenhalle Solingen am 1. Dezember 2023. (Foto: © WHKT/RG)

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Innovationspreis Handwerk NRW in Solingen verliehen

Handwerkspolitik

In der Alten Maschinenhalle in Solingen wurde nun der Innovationspreis Handwerk NRW 2023 verliehen – drei Unternehmen aus Heek, Havixbeck und Ahaus wurden ausgezeichnet.

Das Ambiente der Verleihungszeremonie des diesjährigen Innovationspreises Handwerk NRW hätte kaum schöner ausgewählt werden können. Die Alte Maschinenhalle in der Klingenstadt Solingen war für diesen Zweck fein herausgeputzt, die Bühne fügte sich wunderbar in die mit historischer Industrie aufgeladenen Atmosphäre ein.

Und auch die Moderatorin des Abends, WDR-Journalistin Michaela Padberg, lobte das Ambiente. "Auch die Alte Maschinenhalle steht für Innovation – damals im 19. Jahrhundert, als sie industriell genutzt wurde, genauso wie heute als Eventlocation", sagte sie. Und natürlich sei Innvovation das wichtige Stichwort des Abends. "Innovation ist heute wichtiger denn je", sagte Michaela Padberg.

Die interdisziplinäre Jury, bestehend aus Mitgliedern des Westdeutschen Handwerkskammertags (WHKT) und des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums NRW, hatte 34 Einsendungen zu sichten. Stellvertretend für die Jury holte Michaela Padberg Dr. Christian Welzbacher, Leiter des Hannoveraner Heinz-Piest-Instituts für Handwerksktechnik, angesiedelt an der Leibniz Universität, auf die Bühne. Er konnte ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern und den fraglos nicht einfachen Entscheidungsprozess erläutern. "Man bekommt eine Entscheidung nur durch eine interdisziplinär besetzte Jury hin", sagte er etwa auf die Frage der Moderatorin, wie man bei dieser Vielzahl von Bewerbungen zu einem Ergebnis kommen könne. "Innovation ist nicht gleich Innovation", sagte er. Und so habe es "sehr inbrünstig geführte Diskussionen" gegeben, was nicht zuletzt auch daran gelegen habe, dass man eben aus ganz unterschiedlichen Perspektiven auf die Bewerbungen blicke. "Wir brauchten am Ende auch mehrere Bewertungsrunden, bis wir zum Endergebnis gekommen sind – es war ein fraglos sehr stark besetztes Feld", lobte er auch die Qualität der Einsendungen.

Impulsvortrag zum Thema "New Work im Handwerk"

Prof. Dr. Friedericke Hardering von der FH Münster bei ihrem Impulsvortrag über das Thema New Work im Handwerk. Foto: © WHKT/RGProf. Dr. Friedericke Hardering von der FH Münster bei ihrem Impulsvortrag über das Thema New Work im Handwerk. Foto: © WHKT/RG

Ehe der Höhepunkt des Nachmittags begann, die Preisverleihung, betrat Prof. Dr. Friedericke Hardering die Bühne, um einen kurzen Impulsvortrag zum Thema "New Work im Handwerk" zu halten. Die Referentin forscht an der Fachhochschule Münster im Fachbereich Sozialwesen auch zu genau diesem Thema. Das übrigens deutlich weiter verbreitet sei, als man vielleicht glaubte. "Wenn wir von 'New Work' reden, dann geht es oft um die Themen 'Remote Office' oder 'Home Office'. Dabei ist 'New Work' auch im Handwerk ein ganz zentraler Begriff", sagte Friedericke Hardering. Denn hinter "New Work" stünden Themen wie Flexibilität, Eigenverantwortung, Sinnhaftigkeit, Engagement und Innovation. "Im Handwerk sind vor allem die Eigenverantwortung und die Sinnhaftigkeit immer schon vertreten", sagte die Referentin. Würde man das Handwerk nach der "Philosophie der Arbeit" bewerten, dann komme dabei die perfekte Arbeit heraus, fuhr Friedericke Hardering fort. "Das Ergebnis der Arbeit – und damit deren Sinn – ist immer schnell und unmittelbar sichtbar", sagte sie. 

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Diskutierten über die Bedeutung von Innovation im Handwerk (v.l.): NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Referentin Prof. Dr. Friedericke Hardering, Preisträger von 2019 Heinrich Jürgens, WHKT-Präsident Berthold Schröder und Moderatorin Michaela Padberg bei der Preisverleihung zum Innovationspreis Handwerk NRW 2023 in der Alten Maschinenhalle in Solingen. Foto: © WHKT/RGDiskutierten über die Bedeutung von Innovation im Handwerk (v.l.): NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Referentin Prof. Dr. Friedericke Hardering, Preisträger von 2019 Heinrich Jürgens, WHKT-Präsident Berthold Schröder und Moderatorin Michaela Padberg bei der Preisverleihung zum Innovationspreis Handwerk NRW 2023 in der Alten Maschinenhalle in Solingen. Foto: © WHKT/RG

Aber auch die "neue New Work" sei bereits im Handwerk angekommen. "Dabei geht es etwa um neue Arbeitszeitmodelle – etwa die Vier-Tage-Woche, die aber nur eines von vielen Modellen ist", sagte Friedericke Hardering. Als Praxisbeispiel führte sie hier einen Betrieb aus dem Münsterland an, in dem dieses Modell nach dem drohenden Burnout des Inhabers erfolgreich eingeführt wurde. Auch die Digitalisierung ist im Handwerk nicht mehr wegzudenken. "Auch hier ein Beispiel aus der Praxis – ein Labor für Zahntechnik nutzt heute digitale Scanner und 3D-Drucker für die Erstellung der Abdrücke. Die Zeiten von Abdrücken mit einer Mischung aus Zahncreme und Zement sind lange vorbei. Man ist hier auf der Höhe der Zeit – und hat auch ein Selbstverständnis exzellenter Arbeit", betonte die Referentin. Wichtig sei nun vor allem, die Innovationskraft im Handwerk zu nutzen – auch durch Austausch, Dialog und Kommunikation auf Augenhöhe, Eigenverantwortung der Mitarbeitenden, faires Gehalt und Arbeitsplatzsicherheit. "Das sind Faktoren, mit denen man 'New Work im Handwerk' fördern kann", sagte sie. 

Stimmen aus der Diskussionsrunde

Michaela Padberg bat anschließend Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, WHKT-Präsident Berthold Schröder und Heinrich Jürgens, Preisträger der Innovationspreises Handwerk 2019, zu Friedericke Hardering zu einer kleinen Diskussionsrunde auf die Bühne.

  • Mona Neubaur betonte direkt, wie wichtig ihr persönlich das Handwerk sei. "Das Handwerk ist aber auch wichtig für NRW – etwa auch als Ort für die Integration. Dort leistet das Handwerk wichtige Arbeit – wie kein zweiter Wirtschaftsbereich", sagte sie. Auch die Nachhaltigkeit sei dem Handwerk immanent. "Damit unsere Welt auf enkeltaugliche Beine gestellt wird. Aber auch für sich selbst – wenn man etwa sieht, dass bestenfalls die Urenkelin irgendwann den Betrieb übernimmt", sagte Mona Neubaur. Sie betonte weiter: "Handwerk geht ohne Innovation nicht. Der Schlüssel zum Wandel und zur Mitgestaltung der Transfromation sind Innovationen."
  • Berthold Schröder sah das genauso. "Innovation ist ein wichtiger Baustein, um den Herausforderungen der Transformation zu begegnen und die Zukunftsfähigkeit zu sichern", sagte der WHKT-Präsident. Innovation im Handwerk funktioniere indes anders als in der Industrie – "nämlich sehr kleinteilig, sehr kundenorientiert, interativ und experimentierend in Richtung Kundenwunsch." Dazu brauche man die Handwerkskammern als Beraterinnen und Ansprechpartnerinnen für die Betriebe. Berthold Schröder sprach auch das Thema der Teil-Qualifikation an, dem man sich sicherlich künftig nähern müsse. "Die Zustimmung ist heute deutlich höher als noch vor einigen Jahren", sagte er. Nicht zuletzt warf der WHKT-Präsident einen Blick auf das leidige Thema Bürokratie: "Das Handwerk braucht Freiraum, keine Formulare!"
  • Friedericke Hardering betonte noch einmal die Bedeutung der Zusammenarbeit. "Der Dialog mit den Hochschulen ist ein wichtiger Bereich", sagte die FH-Professorin. Und ergänzte: "Wir müssen die unterschiedlichen Akteure zusammenbringen, um Netzwerke zu stärken – und dazu gehören eben die Diversität und das Gefühl von Zugehörigkeit. Die Frage ist: Wie schaffen wir Rahmenbedingungen, damit es ein gutes Klima des Ausstauschs gibt?", sagte Friedericke Hardering. 
  • Heinrich Jürgens, Inhaber und Geschäftsführer von Jüke-Systemtechnik aus Altenberge, konnte dann den künftigen Preisträgern aus der eigenen Erfahrung mitteilen, welche positiven Auswirkungen Innovationsfreude auf  Betriebe haben kann. "Wir sind dadurch international geworden – wir bedienen einen Automatisierungsbereich in der Pharmaindustrie, mit dessen Hilfe die Dosierung von Medikamenten mit Hilfe von Robotik vereinfacht wird", sagte er. Dafür war sein Unternehmen 2019 mit dem Innovationspreis Handwerk NRW ausgezeichnet worden. Und heute würden international tätige Firmen wie Pfizer oder Roche die Innovation aus Altenberge nutzen. "Man sollte vor der Innovation keine Angst haben", betonte der Unternehmer. 

Das sind die drei Gewinner

Im Anschluss daran wurden die drei Gewinnerbetriebe für ihre jeweilige Innovation ausgezeichnet. 

Preisträger in der Kategorie A, Bear-Maschines GmbH aus Heek mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (r.). Foto: © WHKT/RGPreisträger in der Kategorie A, Bear-Maschines GmbH aus Heek mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (r.). Foto: © WHKT/RG

Aus Heek kommt das Unternehmen Bear-Machines GmbH, das den Innovationspreis Handwerk NRW in der Kategorie A – weniger als zehn Mitarbeitende – bekommen hat. Die Jury würdigte die Entwicklung der halbautomatischen Maschine "Bear-Cut", mit der das Nachschneiden von Fahrzeugreifen schnell und einfach ermöglicht wird. Das, was sonst mühsam von Hand nachprofiliert werden musste, geht nun automatisch. Dadurch werden die Lebensdauer der Reifen erhöht und der Kraftstoffverbrauch gesenkt – Kosten werden gespart, die Umwelt geschont.

Preisträger in der Kategorie B, Zauberzeug GmbH aus Havixbeck mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (r.). Foto: © WHKT/RGPreisträger in der Kategorie B, Zauberzeug GmbH aus Havixbeck mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (r.). Foto: © WHKT/RGIn der Kategorie B – mehr als zehn Mitarbeitende – wurde die Zauberzeug GmbH aus Havixbeck für die Entwicklung autonomer KI-gestützter Mini-Feldroboter ausgezeichnet. Die Innovation hat ihren Ursprung in einer Kooperation von Handwerk und Landwirtschaft. Der Mini-Roboter kann unterschiedliche bestückt werden – je nach Bedarf können Präzisionswerkzeuge zum Jäten, Säen, Untersuchen oder Ernten integriert werden. Sowohl Personal wird hier gespart, aber auch der Einsatz von Pestiziden verringert – Umweltschutz durch innovatives Unkrautmanagement. Durch die eingesetzte KI lernt der Roboter und ist für den Einsatz auf kleinteiligen Sonderkulturflächen ausgerichtet.

Die Sonderpreisträger, Bäckerei Verweyen aus Ahaus mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (r.). Foto: © WHKT/RGDie Sonderpreisträger, Bäckerei Verweyen aus Ahaus mit WHKT-Präsident Berthold Schröder (l.) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (r.). Foto: © WHKT/RGDen erstmals in diesem Jahr verliehen Sonderpreis für Innovationen in den Bereichen Energieeinsparung und Klimaschutz bekam die Bäckerei Verweyen aus Ahaus verliehen. Die Bäckerei setzt auf nachhaltige und regionale Lieferketten "ums Eck" – mit selbst angebautem Weizen aus der Region, der in einer nahen Kornmühle weiterverarbeitet wird. Die Jury würdigte hier, dass die Wertschöpfungskette direkt vor Ort angesiedelt sei – vom Anbau über die Verarbeitung bis zur Direktverwertung. Die Bäckerei stelle somit täglich hochwertige Brot- und Backwaren her, spare dabei CO2 und leiste so einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz.

 

Hintergrund: Innovationspreis Handwerk NRW 2023 Wettbewerb Der Innovationspreis Handwerk NRW wurde 2023 zum dritten Mal verliehen, er wird alle zwei Jahre ausgeschrieben, erstmals im Jahr 2019. Der  mit insgesamt 30.000 Euro dotierte Preis wird vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW gestiftet, organisiert wird die Preisverleihung vom Westdeutschen Handwerkskammertag (WHKT).

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Text: / handwerksblatt.de

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