Warten auf die Auslieferung: Neue, individuell umgebaute Transporter beim Spezialisten Schoon in Wiesmoor.

Warten auf die Auslieferung: Neue, individuell umgebaute Transporter beim Spezialisten Schoon in Wiesmoor. (Foto: © Martin Bärtges)

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Nachschub für den Fuhrpark derzeit ganz genau planen

Kurzarbeit, stillstehende Bänder – in den Werken der Autoindustrie herrscht zum Teil eine beängstigende Stille.

Die Stille herrscht nicht etwa, weil es an der Nachfrage mangelt – sondern an den Bauteilen. Weil die Hersteller bei der Bestellung ihrer Chips die Hausaufgaben nicht gemacht haben, staut sich nun die Nachfrage auf. Von jetzt auf gleich gibt es kaum noch Fahrzeuge – und erst recht nicht, wenn man ganz spezielle Anforderungen an die eigene Mobilität stellen muss. Ein Blick auf die Probleme der Autoindustrie und die Trends und Neuheiten im Markt.

Die Reaktion war bei fast allen Händlern immer gleich. Ein Händeringen und die klare Aussage: "Ich könnte Autos verkaufen ohne Ende!" Dann folgte eine Pause und der Zusatz: "Wenn ich sie denn hätte!" Dieses Dilemma herrscht mittlerweile bei nahezu jeder Marke. Die Nachfrage nach frischer Mobilität ist überall vorhanden, doch das Portfolio der Anbieter ist ausgedünnt: Es fehlt an sofort kurzfristig verfügbaren Modellen. Auch die Bestellung neuester Fahrzeuge gleicht einem Blick in die Glaskugel. Dank der Halbleiterkrise lässt sich kaum die Wartezeit auf das fertig gebaute und gelieferte Auto vorhersagen.

Alle Hersteller sind betroffen

Die Auswirkungen des Chipmangels sind bei allen Herstellern zu beobachten. Die Industrie schickte ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit, strich Schichten oder schloss gleich ganze Bänder in Ermangelung der passenden Bauteile. Dabei ist die Krise größtenteils selbst verschuldet, zum Teil eine indirekte Folge der Corona-Krise. Im Lockdown mussten die Autohäuser schließen, die Kunden kamen ohnehin nicht raus und die Nachfrage sank. Hinzu kamen die Sorgen vieler, dass im Zuge von Kurzarbeit der finanzielle Spielraum enger wurde, Kinder im Homeschooling ihre Aufmerksamkeit brauchten und mangels reichlich zur Verfügung stehender Urlaubsziele die Mobilität und damit der Kauf eines Autos in der Prioritätenliste ziemlich weit nach unten rutschte. Auf diese gesunkene Nachfrage reagierte wiederum die Autoindustrie mit einer Drosselung der Produktion – und einer Zurückhaltung bei der Bestellung neuer Chips.

Das eigentliche Problem: Die Chipindustrie arbeitet in festen Zyklen und liefert schätzungsweise nur rund zehn Prozent ihrer Produktion an die Autoindustrie. Anders formuliert heißt das, dass sie reichlich Abnehmer in anderen Branchen hat, von der IT- bis hin zur Consumerbranche, von Haushaltsgeräteherstellern bis hin zum Maschinenbau, weil die Digitalisierung in allen Bereichen Einzug hält. Die sparsamen Bestellungen schlagen daher auf die Autoindustrie zurück, da die Chipindustrie nicht mal eben auf den erhöhten Bedarf der Hersteller reagieren kann. Nur kommt heute kein Auto mehr ohne Halbleiter aus. Allein in einem Golf stecken bis zu 50 Steuergeräte, die mit bis zu 70 Halbleitern bestückt sind. Kein Wunder also, dass bei einem Halbleitermangel die Bänder zwangsläufig stillstehen.

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Hausgemachte Probleme

Hinzu kommen noch andere Probleme. So haben sich laut dem Branchenblatt bfp Fuhrparkmanagement die deutschen Hersteller in die Abhängigkeit von Chipproduzenten gebracht. 70 Prozent aller Chips auf dem deutschen Automarkt, so schreibt das Branchenblatt, stammen von einem einzigen Werk in Japan. Fällt also eines dieser Werke aus, drohen zusätzliche Engpässe. Das passierte im März 2021, als ein Chipwerk des japanischen Herstellers Renesas in Hitachin-Naka niederbrannte und deren Produktion für vier Wochen ausfiel. Kleine Produktionhallen und fehlende Mitarbeiter, auch Engpässe in der eigenen Lieferkette der Halbleiterproduzenten, waren alles andere als hilfreich.

Das hat alles Auswirkung auf die Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Die Autoindustrie kommt das teuer zu stehen. Die Beratungsfirma Alix Partners hat ermittelt, dass wegen des Chipmangels die Autoproduktion weltweit um 7,7 Millionen Fahrzeuge einknickt. Noch im März war das Unternehmen von "nur" 3,9 Millionen nicht gebauten Fahrzeugen ausgegangen. Der Produktionsausfall ist damit deutlich höher als zunächst prognostiziert und dürfte der Autoindustrie laut Alix Partners weltweit einen Einnahmeverlust von 210 Milliarden Dollar, rund 179 Milliarden Euro, kosten.

Neue Modelle

Für Flottenverantwortliche heißt das aber auch, dass gewünschte Fahrzeuge nicht verfügbar sind und der eigentlich geplante Austausch oft in den Sternen steht. Noch schwieriger ist die Situation für die Betriebsinhaber, die ihre Fahrzeuge nach Bedarf kaufen, was zum Beispiel im Handwerk nicht unüblich ist. Meist handelt es sich um Ersatzbeschaffungen, weil das alte Fahrzeug ausgefallen ist. Haben die Betriebsinhaber spezifische Wünsche an das Nutzfahrzeug, dauert es selbst bei regulären Verhältnissen doch eine ganze Weile. Spezialumbauten von leichten Nutzfahrzeugen etwa als Kipper sind Mangelware, der Markt ist leergefegt. Welche Ausmaße der Mangel annehmen kann, hat zuletzt der Suzuki Jimny gezeigt, den die Japaner nur noch als Nutzfahrzeug auf dem deutschen Markt anbieten. Auf den sonst rund 22.000 Euro teuren Allradler kommen schnell ein paar Tausender drauf – wenn ihn die Käufer sofort mitnehmen wollen.

Immerhin kommt eine ganze Reihe von neuen, leichten Nutzfahrzeugen auf den Markt, die vor allem den Wunsch nach einem emissionsfreien Antrieb erfüllen. Das Stellantis-Triumvirat Citroën Berlingo, Opel Combo und Peugeot Partner kommt noch dieses Jahr als Strom-Transporter auf den Markt. Konkurrenz dazu gibt es kaum, der neue Renault Kangoo rollt in seiner Stromversion erst nächstes Jahr auf die Straße ebenso wie dessen baugleiche Pendants Mercedes Citan und Nissan Townstar. Auch bei den größeren Baureihen gibt es Modernisierungsmaßnahmen, etwa beim Fiat Ducato, VW liefert seinen neuen Multivan an die Kunden aus. Und im Pkw-Bereich kommen zahlreiche neue Stromer auf den Markt, die mit exzellenter Reichweite und kürzeren Ladezeiten glänzen. Aber da stehen viele Fragezeichen hinter dem Liefertermin. Derzeit verzögert sich die Lieferung neuer Fahrzeuge je nach Modell um vier bis 18 Monate – und nicht immer lassen Leasinggeber mit sich reden, um die Wartezeit zu überbrücken. Hier kommt eine noch relativ neue Variante ins Spiel, die sogenannten Abomodelle. Sie eignen sich nicht nur für eine Überbrückungszeit, sondern könnten auch langfristig eine interessante Alternative zum Leasing sein.

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Text: / handwerksblatt.de

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