Autoikone: Der Sambabus wurde auch für Südamerika gebaut. Wahrscheinlich rührt daher der Name für das beliebte Freizeitmobil.

Autoikone: Der Sambabus wurde auch für Südamerika gebaut. Wahrscheinlich rührt daher der Name für das beliebte Freizeitmobil. (Foto: © Volkswagen Aktiengesellschaft)

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Ein Engel für Bullis

Lebensgefühl: Seit 70 Jahren sind VW-Bullis aus sechs Generationen auf den Straßen unterwegs. Damit das so bleibt, schraubt ein KFZ-Meister aus Koblenz mit Hingabe am Seelenleben der rollenden Legende. 

In einer Nebenstraße in Koblenz-Metternich finden Bulli-Fans den Himmel auf Erden. Auf einem Gelände von 4.500 Quadratmetern repariert hier Frank Engel mit einer engelsgleichen Hingabe an dem Traumvehikel der letzten 70 Jahre. Die emotionale Erfolgsgeschichte begann am 8. März 1950. Nach der Idee des niederländischen Volkswagenimporteurs Ben Pon rollte der erste Serientransporter von Volkswagen von den Bändern in Wolfsburg. Seitdem gehört der VW Bulli zum Lebensgefühl aller Generationen. Als Handwerkerauto, Polizeiauto, Campingbus oder Flower-Power-Bus der Hippiebewegung zeigt sich das ausladende Gefährt als wahrer Tausendsassa.

Abenteuerlustig auf zur ersten Tour

Engel auf Rädern: Frank Engel mit Lebensgefährtin Christiane Walter. Die Bulli-Fans sind jeden Tag mit den zwei Hunden und einem Bulli auf Achse. Foto: © privatEngel auf Rädern: Frank Engel mit Lebensgefährtin Christiane Walter. Die Bulli-Fans sind jeden Tag mit den zwei Hunden und einem Bulli auf Achse. Foto: © privat

In den 80ern merkt auch Kfz-Meister Engel gleich, wie erfüllend das Leben mit einem Kastenwagen ist. Der Führerschein ist noch ganz frisch, da bekommt der damals 18-Jährige seinen ersten VW-Bus. Es war der T2ab. Ein Zwittermodel, Baujahr 72. Ganz in weiß gehalten, mit einer Panoramascheibe und einem 50 PS starken Motor, startet Engel abenteuerlustig zur ersten Tour. Der Weg führt ganz runter, bis nach Südspanien.

Die nächste Reise geht noch weiter, bis nach Marokko. "Es ist ein wunderbares Fahrzeug, um von A nach B zu kommen", schwärmt Engel 44 Jahre später mehr denn je. Seitdem ist der Bulli für Engel so was wie ein Familienmitglied. "Wer einmal einen Bulli gefahren hat, der möchte nicht mehr ohne ihn sein", beschreibt er sein Leben mit der Kultkutsche schlicht als traumhaft.

Wie der Name Bulli entstand, ist nicht wirklich klar. Vermutet wird, dass aus den Wörtern Bus und Lieferwagen die Abkürzung entstand. Wie auch immer. Unbestritten ist die Flexibilität des Kleinbusses. Die ruft sogar eine neue Branche ins Leben: den Autoinnenausbau. Auch Frank Engel macht es sich so richtig gemütlich. In seinen T2 baut er kleine Fenster ein und richtet ihn als Camper her. Mal ist er mit einem Freund unterwegs. Mal mit einer Freundin. Engel lacht: "Später wurde sie meine Frau." Ob es wohl alleine die Liebe zu Engel war oder auch ein wenig die Verliebtheit in den Bulli eine Rolle spielte? "Mit Sicherheit", schmunzelt der Bulli-Experte, wenn er an diese tolle Zeit zurückdenkt.

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Er läuft und läuft und läuft

Foto: © Volkswagen AktiengesellschaftFoto: © Volkswagen Aktiengesellschaft

14 Jahre später steigt der Koblenzer auf den T3 um. Auf die Frage, welches sein Lieblingsmodell sei, kommt ganz spontan die Antwort: "Das ist der T2 und der T4 und auch ein bisschen der T3 und auch ein bisschen der T1", gibt es für den Engel aller VW-Busse eigentlich keinen klaren Favoriten.

In die Funktion des Spezialisten, sagt er ,"sei er hineingeschlittert". Als wahrer Engel für alle kaputten VW-Busse spricht sich sein Ruf rasch auch über die Grenzen Deutschlands herum. Regelmäßig kommen Bulli-Fans aus England, Schweden, Dänemark oder Frankreich vorbei. Lassen in der ehemaligen Traktorenwerkstatt ihre Schätzchen checken und reparieren. So, dass sie auch die nächsten dreißig Jahre zur Freude ihrer Besitzer in der Lage sind, das Gefühl von Freiheit und Abenteuer zu vermitteln.

Zwischen 140.000 und 200.000 Kilometer auf dem Buckel

Die Lieblinge seiner Kunden, die in der Spezialitätenwerkstatt VW-Bus Engel landen, haben im Durchschnitt zwischen 140.000 und 200.000 Kilometer auf dem Buckel. Aktuell arbeitet er an einem T2a, einem T5, an drei T3, an einem T4 und der T5 hatte Probleme mit den Injektoren. "Die Halterungen haben nicht mehr gehalten." Jetzt aber, sagt er, "laufen alle Autos wieder wie ein Dilldöppchen." Doch gerade die neueren Modelle stellen den Spezialisten vor neue Herausforderungen.

Die früheren Modelle wurden ohne geplanten Verschleiß gebaut. Was so viel bedeutet, dass auch diese Autos kaputtgingen, aber trotzdem langlebiger waren. "Wir fangen gerade an, den T5 und T6 liebzugewinnen", sagt Engel und meint: "Hier bedarf es aber noch ein wenig Weiterentwicklung von VW, damit wir uns an die Fahrzeuge gewöhnen können." Mit der Technik hat sich Bulli-Fan Engel längst angefreundet. Aber die Reparatur sei viel aufwendiger und für die Kunden teurer geworden.

15 eigene VW-Busse

Am liebsten lädt Frank Engel seine Kunden und die, die es noch werden wollen, zu Beratungsgesprächen in die Werkstatt ein. Nach einem ausführlichen Gespräch weiß er, welches Modell zu wem passt. In Sachen Eigenbedarf zeigt sich Engel mindestens so flexibel wie seine Bullis. 15 eigene VW-Busse stehen auf dem Werkstattgelände. Bis heute ist er mit dem Bulli unterwegs. Jetzt mit einem T4. Einem ganz normalen Multivan. Wie immer von Engel konfiguriert. Sprich für längere Touren bequem hergerichtet. Denn bis heute ist der 62-Jährige mit dem Kleinbus unterwegs. Und wie fast an jedem Abend, fährt er nach Feierabend mit dem T4, seiner Lebensgefährtin und zwei Hunden hoch zur Burg Pyrmont. Von dort geht es zu Fuß bis zum krummen Baum. "Es ist eine schöne Strecke. Wir bleiben bis zum Sonnenuntergang." Danach geht es wieder heim. Zurück in das Paradies für Bullis!

Buchtipp

Foto: © emonsFoto: © emons

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Christian Schlüter
111 Bulli-Stories, die man kennen muss
Emons Verlag
304 Seiten, 25 Euro

Zu bestellen im VH-Buchshop

Text: / handwerksblatt.de

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