Seit Dezember hätten sich die Preise für Konstruktionsvollholz verdoppelt, berichtet Bernd Süssenberger, Zimmerermeister und Obermeister der Innung Mainz-Bingen.

Seit Dezember hätten sich die Preise für Konstruktionsvollholz verdoppelt, berichtet Bernd Süssenberger, Zimmerermeister und Obermeister der Innung Mainz-Bingen. (Foto: © Oliver Krato)

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Auch Betrieben in Rheinland-Pfalz fehlen Rohstoffe

Preissteigerungen und Lieferengpässe bei Bauholz, Holzprodukten, Dämmstoffen und Metallen: Die Betriebe fürchten Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher und werben um das Verständnis der Kunden.

Die aktuelle Knappheit von Bauholz ist in aller Munde. Auch Baubetriebe im waldreichen Rheinland-Pfalz bleiben davon nicht verschont. Erste Lieferengpässe und Preiserhöhungen beobachteten die Zimmerer und Dachdecker im Land bereits Ende 2020. Inzwischen hat sich die Rohstoffkrise ausgeweitete. Der Mangel macht sich auch bei anderen Holzprodukten, Dämmstoffen und beim Metall bemerkbar.

Auch immer mehr Gewerke sind betroffen. Selbst die Maler berichten von Engpässen beim Dämmmaterial und selbst bei Farben. Mitte April wandte sich die Kreishandwerkerschaft MEHR (Mosel-Eifel-Hunsrück-Region) in einem verzweifelten Schreiben an die Öffentlichkeit. Man bittet die Verbraucher um Verständnis für Verzögerungen und Preiserhöhungen. Die Betriebe hätten keine Wahl, als die Kosten weiterzugeben.

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Preise verdoppelt

Bernd Süssenberger, Zimmerermeister und Obermeister der Innung Mainz-Bingen, kann ein Lied davon singen. Seit Dezember hätten sich die Preise für Konstruktionsvollholz verdoppelt – und sie seien weiter am Steigen. Kurt Krautscheid, Dachdeckermeister mit einem Familienbetrieb in Neustadt und Präsident der Handwerkskammer Koblenz, spricht sogar von Preissteigerungen um den Faktor 2,5. "Und das sind nur die Kosten. Das heißt nicht, dass Sie ihr Material auch schnell bekommen", so Krautscheid.

Selbst in der Hochzeit in den Wochen vor Weihnachten rechnet Süssenberger normalerweise mit Lieferzeiten von acht bis zehn Tagen beim Bauholz. "Jetzt sind es sechs bis acht Wochen", sagt er. Auch bei Holzfaserdämmstoffen, OSB-Platten, Stahlblechen, Kupfer und Aluminium gebe es inzwischen Preissteigerungen, bei Letzteren bis zu 50 Prozent, berichten die beiden Handwerksmeister. Selbst Materialien wie Styropor gingen im Preis nach oben. Safije Agemar, Geschäftsführerin des Fachverbandes Farbe-Gestaltung-Bautenschutz, bestätigt, dass auch die Maler von der aktuellen Marktsituation betroffen sind. "Viele Großhändler haben bereits ihre Preise erhöht, besonders betroffen ist der Bereich Putz und Dämmung. Aber auch bei den Farben stehen Erhöhungen an."

Existenzgefährdende Lage

"Irgendeine Komponente fehlt derzeit immer. Die Lage ist existenzgefährdend", sagt Süssenberger. Mit dem Werben um Verständnis beim Kunden sei es nicht getan. Denn oftmals sei es nicht einmal möglich, die erhöhten Rohstoffpreise weiterzugeben. "Wir arbeiten derzeit noch die Aufträge aus 2020 ab. Auf den Mehrkosten bleiben wir sitzen", erklärt Süssenberger. Die aktuelle Situation koste ihn doppelt Geld. Denn während er auf der einen Seite mehr für den Einkauf ausgeben müsse, habe er auf der anderen Seite Baustellen, die nicht abgeschlossen werden könnten oder die noch gar nicht angefangen wurden.

Die Krise trifft seinen Betrieb also auch auf der Einnahmeseite. Hinzukomme der Mehraufwand im Büro. "Ich weiß nicht, wie man in Zukunft eine Baustelle vernünftig Planen soll", sagt Krautscheid. Preis und Lieferzeitpunkt seien zu große Unsicherheitsfaktoren. Süssenberger macht derzeit Angebote ohne Preisbindung. Das bedeutet aber auch, dass der Preis später nachverhandelt werden muss. Das kostet Zeit.

Kleine Betriebe trifft es besonders schwer

"Je kleiner der Betrieb ist, desto schwerer trifft es ihn", glaubt Süssenberger. Denn die Beziehung zum Handel und zu den Sägewerken spiele derzeit eine große Rolle. Kurt Krautscheid erinnert daran, dass auch große Unternehmen in Bedrängnis geraten können, wenn sie von großen Aufträgen abhängig sind, für die im Moment schlicht das Material fehle. Der eigene Familienbetrieb, den er von seinem Vater übernommen hat, habe zum Glück einen Bestand von 3.500 Kunden. Da gebe es immer eine Kleinigkeit zu tun und für eine Garage oder eine Laube reichten die Lagerbestände.

"Damit kann ich aber keine zehn Mann beschäftigen", so Krautscheid. Er selbst ist sich sicher, dass die Zeit kommen wird, in der die Betriebe anfangen müssen, Überstunden abzubauen und sogar in Kurzarbeit zu gehen – und das trotz voller Auftragsbücher. "Das tut schon weh. Wir können seit Jahren endlich wieder Preise verlangen, mit denen wir wirtschaften und von denen wir unsere Mitarbeiter gut bezahlen können. Und jetzt fehlt uns ausgerechnet im Sommer das Material."

Verschiedene Ursachen für Lieferengpässe

Auf die Frage nach den Ursachen der Lieferengpässe gibt es unterschiedliche Antworten. Einigkeit scheint darüber zu bestehen, das beim Bauholz der US-amerikanische Markt eine große Rolle spielt. Aufgrund des harten Winters sei in Kanada weniger Holz geschlagen worden, gleichzeitig erhole sich die US-amerikanische Bauwirtschaft und der Do-It-Yourself-Markt in den USA erlebe einen Boom.

"Die Nachfrage in Amerika ist explodiert", berichtet Krautscheid, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Dachdeckereinkaufsgenossenschaft ist. Gleichzeitig, so Krautscheid, beobachte er auch im Inland eine erhöhte Nachfrage nach Material – sowohl seitens des Handwerks als auch seitens der privaten Käufer und Baumärkte. Das, so Krautscheid, sei wohl ein Effekt der Coronakrise, die viele Menschen dafür genutzt hätten, in das eigene Haus oder die Wohnung zu investieren.

Es gibt Zeichen der Solidarität

Hinzu komme das, was Krautscheid den "Toilettenpapiereffekt" nennt. Es sei wichtig, das über den Rohstoffengpass seriös berichtet werde, damit bei den Kunden Verständnis für die Situation der Betriebe entstehe, ist er überzeugt. Gleichzeit, glaubt Krautscheid, führe die Diskussion zu einer weiteren Verschärfung der Situation.

"Betriebe mit großen Lagern kaufen heute schon Material, dass sie erst in einigen Monaten benötigen, wenn sie denn können", so Krautscheid. "Das ist zwar verständlich, macht die Situation aber nicht besser". Es gibt aber auch Zeichen der Solidarität. In der Zimmerer-Innung Mainz-Bingen habe man angefangen, sich formlos und unkompliziert mit Material auszuhelfen, wie Bernd Süssenberger berichtet.

Text: / handwerksblatt.de

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