Nahezu alle Produkte sollen ­während ihres gesamten ­Lebenszyklus haltbarer werden und repariert, wiederverwendet  oder recycelt werden können.

Nahezu alle Produkte sollen ­während ihres gesamten ­Lebenszyklus haltbarer werden und repariert, wiederverwendet oder recycelt werden können. (Foto: © Katarzyna Białasiewicz/123RF.com)

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Das Modell Wegwerfgesellschaft ad acta legen

Die EU-Kommission hat neue Vorschläge für eine Kreislaufwirtschaft vorgelegt. Nachhaltige Produkte sollen damit in der Europäischen Union zur Norm werden.

Die Produkte in Europa sollen nachhaltiger werden. Dazu hat die Europäische Kommission verschiedene Vorschläge vorgelegt. Das Ziel: Fast alle Produkte auf dem europäischen Markt sollen haltbarer werden oder repariert, wiederverwendet oder recycelt werden können.

Konkrete Vorschläge für den Aktionsplan Kreislaufwirtschaft

Gleichzeitig will die Kommission, dass Verbraucher besser über die Nachhaltigkeit von Produkten informiert und vor Greenwashing geschützt werden. "Es ist höchste Zeit, dass wir das Modell der Wegwerfgesellschaft ad acta legen, das für unseren Planeten, unsere Gesundheit und unsere Wirtschaft so schädlich ist. Die heute vorgelegten Vorschläge stellen sicher, dass in Europa nur die nachhaltigsten Produkte angeboten werden", sagt Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans.

Die Kommission hatte im März 2020 einen Aktionsplan Kreislaufwirtschaft mit mehreren geplanten Maßnahmen vorgestellt, um Waren auf dem EU-Markt während ihres gesamten Lebenszyklus umweltfreundlicher, kreislauffähiger und energieeffizienter zu machen. Nun hat sie konkrete Vorschriften vorgeschlagen, um ihre Pläne umzusetzen. Dazu gehören neben den Regeln für die Nachhaltigkeit physischer Waren neue Vorschläge für die Stärkung des Binnenmarkts für Bauprodukte und eine Strategie für Textilien. Dazu kommen die neuen Vorschriften für Informationspflichten gegenüber Verbrauchern.

Energieverbrauch verringern

Die neuen Regeln sollen auch einen Beitrag dazu leisten, Energie- und Ressourcenabhängigkeit der EU von externen Lieferanten zu reduzieren. Sie bauen auf den bestehenden Ökodesign-Vorschriften der EU auf, die der Kommission zufolge zu "einer deutlichen Verringerung des Energieverbrauchs in der EU und zu erheblichen Einsparungen für die Verbraucher" geführt haben. Die Rede ist von Einsparungen in Höhe von 120 Milliarden Euro allein im vergangenen Jahr. Mit den neuen Maßnahmen will die Kommission bis 2030 132 Millionen Tonnen Primärenergie einsparen. Das entspreche fast der kompletten Erdgasmenge, die aus Russland in die EU kommt.

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Die neue Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte sieht neue Anforderungen für Produkte vor, damit sich ihre Lebensdauer verlängert und sie energie- und ressourceneffizienter werden. Sie sollen immer wieder geprüft und angepasst werden können. Umweltauswirkungen sollen klar erkennbar sein. Digitale Produktpässe sollen dafür sorgen, dass die Waren leichter repariert oder recycelt und bedenkliche Stoffe einfacher entlang der Lieferkette zurückverfolgt werden können. Unverkaufte Produkte sollen nicht länger vernichtet werden. Bei öffentlichen Auftragsvergaben sollen Umweltaspekte eine größere Rolle spielen. Bis die neue Verordnung in Kraft tritt, soll ein Arbeitsplan für Ökodesign und Energieverbrauchskennzeichnung bis 2024 übergangsweise gelten, der in erster Linie Verbraucher­elektronik betrifft.

Neue Regeln in der Bauprodukteverordnung

Überarbeitete Regeln in der Bauprodukteverordnung sollen einen harmonisierten Rahmen für die Bewertung der Umwelt- und Klimaleistung von Bauprodukten schaffen. Auch hier sind neue Produktanforderungen vorgesehen, um sie haltbarer zu machen und Reparatur und das Recycling zu erleichtern. Eine Datenbank für Bauprodukte und ein digitaler Produktpass sollen den Verwaltungsaufwand besonders für kleine und mittlere Unternehmen verringern. Zudem will die Kommission mit verbesserten Marktüberwachungskapazitäten und klareren Vorschriften für Wirtschaftsbeteiligte entlang der Lieferkette den freien Warenverkehr im Binnenmarkt stärken.

Die EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien soll sicherstellen, dass in der EU in Verkehr gebrachte Textilerzeugnisse spätestens 2030 haltbarer sind und recycelt werden können. Bei der Herstellung sollen soziale Rechte und der Umweltschutz ein größeres Gewicht erhalten. "In einem wettbewerbsfähigen, widerstandsfähigen und innovativen Textilsektor müssen die Hersteller die Verantwortung für ihre Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zur Entsorgung übernehmen", so die Kommission.

Handwerk übt Kritik

Das Handwerk reagiert zurückhaltend auf die Vorschläge der EU-Kommission. Es kritisiert, dass bei der Ökodesign-Verordnung wesentliche Inhalte erst im Anschluss und außerhalb des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens festgelegt werden sollen. "Der Anwendungsbereich der Verordnung soll sich allgemein auf Produkte, ihre Komponenten und Zwischenprodukte erstrecken", sagt Dirk Palige. "Damit würden auch Handwerksbetriebe grundsätzlich als Hersteller ökodesignpflichtiger Produkte gelten und müssten eine entsprechende Konformitätsbewertung durchführen“, so der Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.

"Welche konkreten Produkte oder Produktgruppen ökodesignpflichtig werden, soll über ein Arbeitsprogramm und anschließend in delegierten Rechtsakten festgelegt werden", erklärt Palige. "Damit werden diese Anforderungen der Kontrolle des eigentlichen Gesetzgebers entzogen. Das gilt auch für die Kriterien des neu eingeführten Instruments eines Produktpasses wie auch für die künftigen Informationspflichten." Den Betrieben drohten damit "erheblichen Lasten", die in der Verordnung vorgesehenen Unterstützungsmaßnahmen reichten nicht aus. Palige fordert, dass das Ökodesign auf High-impact-Produkte begrenzt bleibt.

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Text: / handwerksblatt.de