Der Mitarbeiter fiel mehr als zwei Meter tief.

Der Mitarbeiter fiel mehr als zwei Meter tief und zog sich schwere Verletzungen zu. (Foto: © ostill/123RF.com)

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Bau: Generalunternehmer haftet für Unfälle des Nachunternehmers

Baustellen müssen gegen Gefahren abgesichert werden. Doch wer haftet bei Unfällen, wenn mehrere Firmen dort tätig sind? Das OLG Brandenburg entschied, dass der Generalunternehmer die Verantwortung trägt.

Weil Arbeitnehmer oder Besucher sich auf Baustellen schnell verletzen können, müssen Gefahrstellen kontrolliert und gesichert werden. Das Oberlandesgericht Brandenburg urteilte nun: Der Generalunternehmer muss für eine fehlerhafte Sicherung auf der Baustelle geradestehen und bei Unfällen haften – auch für verletzte Mitarbeiter seines Nachunternehmers.

Der Fall

Ein Generalunternehmer (GU) baute ein Wohnhaus. Darin ließ er eine provisorische Holztreppe errichten. Diese war auf zwei gestapelten Holzpaletten angenagelt und ohne Befestigung an die Kante zum ersten Obergeschoss angelehnt. Der Mitarbeiter eines Subunternehmers, der Sanitärarbeiten ausführte, wollte eine Stemmmaschine über die provisorische Treppe transportieren. Dabei rutschte die Maschine von der Holztreppe ab. Der Bauarbeiter fiel mehr als zwei Meter tief und zog sich schwere Verletzungen zu.

Die Berufsgenossenschaft zahlte nach dem Arbeitsunfall 97.589,81 Euro aus und verlangte diese Summe vom Generalunternehmer zurück.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg sprach der Berufsgenossenschaft den vollen Betrag zu. Die Richter nahmen den GU in die Plflicht, weil er seine vertraglichen Pflichten verletzte, indem er die Baustelle nicht richtig abgesichert hatte.

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Der GU hafte nach §§ 836, 837 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowie nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, so das Urteil. Den GU traf eine Pflicht,  wonach das Werk jederzeit dem geltenden Sicherheitsstandard hätte entsprechen müssen. Als Werk zähle hier auch die provisorische Holztreppe, betonte das OLG.

Außerdem hatte der GU die vertragliche Pflicht, alles Zumutbare zu tun, um seinen Vertragspartner bei seinen Arbeiten vor Schaden zu bewahren. Hierzu gehört nach Ansicht der Richter auch, den Arbeitsraum einschließlich der Zugänge und Treppen in einem sicheren Zustand einzurichten und zu unterhalten, um Unfälle der Mitarbeiter der Nachunternehmer zu vermeiden. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Daher müsse der GU für den Unfall des Nachunternehmer-Mitarbeiters geradestehen.

Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 11. Januar 2023, Az.4 U 136/21 

Praxistipp

"Jeder Eigentümer oder Bauherr muss kontrollieren und sicherstellen, dass von seinem Grundstück keine Gefahren für Dritte ausgehen", weiß Stefan Reichert, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis. "Diesen Kontrollpflichten muss er nachkommen. Die Sicherheit einer Baustelle ist zu überwachen. Natürlich reicht der bekannte Hinweis 'Eltern haften für ihre Kinder'  hierfür nicht aus. Gleiches gilt grundsätzlich auch für den (General)Unternehmer im Verhältnis zu seinen eigenen Mitarbeitern, den Mitarbeitern seines Nachunternehmers sowie zu Dritten. Hat er zuvor eine Gefahr selbst geschaffen, wie etwa im Falle eines ungesicherten Grabens (Oberlandesgericht München, Az. 7 U 3118/17) oder eines ungesicherten Treppenauges (Oberlandesgericht Frankfurt, Az. 12 U 293/20), muss er für die Folgen eines Unfalls einstehen.

Setzt ein Generalunternehmer Nachunternehmer ein, hat er eigenständig für den Schutz der Mitarbeiter seiner Nachunternehmer zu sorgen. Er ist aber nicht verpflichtet, die vom Nachunternehmer eingerichteten und ausschließlich von dessen Mitarbeitern genutzten Sicherungsmaßnahmen auf die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften zu kontrollieren", sagt Reichert. "Bauherren und Generalunternehmer können Verkehrssicherheitspflichten grundsätzlich auf einen beauftragten Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo) delegieren und sich durch Abschluss einer Bauhelferunfallversicherung zusätzlich absichern."

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Text: / handwerksblatt.de

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