Die Zeugnissprache hat ihre eigenen Feinheiten
Sie sind mit der Leistung Ihres Mitarbeiters unzufrieden – aber Sie müssen ihm ein positives Zeugnis schreiben. Retten können Sie sich durch die Formulierung. Mit Leerstellen-, Reihenfolge- oder Ausweichtechnik, lassen sich beispielsweise negative Formulierungen vermeiden, trotzdem aber eine negative Bewertung ausdrücken.
Dieser Artikel gehört zum Themen-Special Arbeitszeugnisse richtig schreiben
Wer bei dem Dreiklang pünktlich, ehrlich und fleißig nur eines weglässt, fällt ein deutliches Urteil – ohne es zu schreiben. Sie können außerdem Ihre Kritik vermitteln, wenn Sie unwichtige Angaben vor wichtige stellen. Schreibt der Chef im Rahmen der Beurteilung des Sozialverhaltens: "Sein Verhalten gegenüber Kollegen, Kunden und Vorgesetzten war einwandfrei", kann dies heißen: Der Arbeitnehmer hatte Probleme mit seinem Chef. Hätte der Chef sich zuerst genannt, wäre alles in Ordnung gewesen.
Keine voreiligen Schlüsse ziehen
Zu negativen Rückschlüssen kann auch das Fehlen der Schlussformel "Wir bedauern das Ausscheiden, danken für die gute Zusammenarbeit und wünschen für den weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg." führen. Gerade am Schlusssatz lässt sich häufig erkennen, ob die Parteien gütlich oder im Streit auseinander gegangen sind.
Voreilige Schlüsse sollten Sie aber keine aus einem Zeugnis ziehen. Oft entscheidet der Zusammenhang, in dem die Aussage steht, über gut oder schlecht. Und längst nicht jeder Zeugnisschreiber ist mit den Feinheiten der Zeugnissprache vertraut.
Keine Infos zu privaten Angelegenheiten
So dürfen Sie Informationen zu privaten Angelegenheiten des Arbeitnehmers wie die Zugehörigkeit zu einer Partei oder einer Gewerkschaft weder erwähnen noch andeuten. Gleiches gilt für Betriebsratsaktivitäten. Etwas anderes ist nur bei besonderem Verlangen des Arbeitnehmers erlaubt. Ähnlich verhält es sich mit dem Beendigungsgrund. Der darf nur enthalten sein, wenn der Zeugnisempfänger das wünscht.
Eindeutig aufführen müssen Sie das Ausstellungsdatum des Zeugnisses. Vor- oder Rückdatierungen sind unzulässig – es sei denn, ein bereits früher ausgestelltes Zeugnis wird nachträglich berichtigt. Auch Streichungen oder Ausbesserungen, unterstrichene, kursiv oder in "Gänsefüßchen" gesetzte Formulierungen sind tabu.
Fehlerfreies Zeugnis
Halten Sie sich nicht daran, kann Ihr Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen ein neues fehlerfreies Zeugnis verlangen. Im Übrigen müssen Sie das Arbeitszeugnis nicht persönlich unterschreiben. Es reicht die Unterschrift Ihres Vertreters – wenn er dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt war.
Das Zeugnis muss auf einem sauberen Firmenbogen stehen, eine Übermittlung des Dokuments per Fax oder E-Mail ist unzulässig. Dabei reicht es, wenn das Zeugnis im Betrieb zum Abholen durch den Arbeitnehmer bereit liegt. Sie haben nicht das Recht, das Schriftstück mit der Begründung zurückzuhalten, Ihr Arbeitnehmer habe noch Arbeitsgeräte oder dergleichen im Besitz.
Schadensersatz bei Weigerung
Verweigern Sie die Ausstellung des Zeugnisses, können Sie sich sogar schadensersatzpflichtig machen: Wenn der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass er wegen des fehlenden oder verspäteten Zeugnisses keine neue oder eine schlechtere Arbeitsstelle gefunden hat.
Text:
Ulrike Lotze /
handwerksblatt.de
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