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HWK des Saarlandes | Oktober 2024
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Die deutsche Ausbildung im Handwerk ist weltweit bekannt und genießt einen hohes Ansehen. Auch auf dem englischen Markt sind deutsche Handwerker sehr gefragt. (Foto: © Igor Stevanovic /123RF.com)
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Deutsche Handwerker überzeugen dank guter Ausbildung auf dem britischen Markt. Sie profitieren von der Schwäche britischer Handwerker, die über weniger Ausbildungstiefe verfügen. Mit der richtigen Strategie und guter Vorbereitung gibt es in Großbritannien Perspektiven für deutsche Mittelständler.
Die grauen Wolken hängen schwer über Schottlands Süden. Mal wieder regnet es, nur hin und wieder blitzt die Sonne auf dunkle Steinarchitektur. Edinburgh und Glasgow, die größten Städte im Norden Großbritanniens, gleichen sich. Wer die Gebäude um Edinburghs Grassmarket unterhalb des Castles betrachtet, erkennt unschwer den enormen Investitionsbedarf. Die Fensterfarbe blättert, die Häuser kennen keine energetische Gebäudesanierung – der Markt für Handwerker ist groß, nein riesig.
Doch wie stehen die Chancen für deutsche Fachbetriebe? "Schottland ist noch nicht ganz so weit, die Kaufkraft ist wesentlich geringer als im übrigen Großbritannien", weiß Marie-Theres Sobik, Außenwirtschaftsberaterin der Kammer Düsseldorf. Fest steht: Schottland wird bei den ehrgeizigen Klimazielen über kurz oder lang ein Markt für Betriebe vor allem aus Deutschland. In Birmingham oder in den West-Midlands verdienen sie bereits ihr Geld, und zwar gut 30 Prozent über dem Verdienst in Deutschland.
Nach den Benelux-Ländern zählt Großbritannien zu einem beliebten Ziel deutscher Handwerksunternehmen. Sie profitieren von der Schwäche britischer Handwerker, die längst nicht über die Ausbildungstiefe oder Kompetenz verfügen wie etwa deutsche Meister und Gesellen. Ob Restauratoren, die für den National Trust arbeiten, oder Zahntechniker, die britische Gebisse "renovieren", oder deutsche Sanitärfachkräfte, die Badezimmer auf einen angenehmen Wohnstandard bringen – die Aufträge für deutsche Handwerker liegen praktisch auf der Straße.
Das bestätigt auch Thomas Fröhlich, ein Bauexperte für Passivhäuser, der bereits seit einigen Jahren in Schottland lebt: "Wenn der hiesige Handwerker nicht weiß, worauf es beim energieeffizienten Bauen ankommt, dann geht es einfach nicht weiter." Marie-Theres Sobik sieht Perspektiven für deutsche Mittelständler in Großbritannien, wobei eine gute Strategie beim Auslandseinsatz unerlässlich ist. "Ich kann nur jedem Betrieb, der vor hat ins Ausland zu gehen, eine intensive Vorbereitung anraten."
Großbritannien hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von Produktion und Industriegütern hin zu Handel und Dienstleistung verändert. Das Problem: Es fehlen gerade in den gewerblichen Berufen entsprechende Fachkräfte. So hat die schottische Regierung 2004 eine "Fresh Talent Initiative" gestartet, um Fachkräfte "skilled workers" nach Schottland zu holen. Das Programm richtet sich an Arbeitskräfte aus dem Ausland (hier werden besonders polnische Arbeitskräfte erwähnt), Studenten, Rückkehrer, Unternehmer und Arbeitnehmer aus Schottland selbst. Experten schätzen, dass mehrere Hunderttausend polnische Handwerker in ganz Großbritannien im Einsatz sind. Erklärtes Ziel der "Fresh Talent Initiative" ist es, attraktive Rahmenbedingungen für gut ausgebildete Fachkräfte zu schaffen, um Arbeitskräfte in Schottland zu qualifizieren, zu halten oder aus dem Ausland anzuwerben. Damit soll dem demografischen Wandel und dem Wegzug entgegengewirkt werden.
Mindestens ein gutes Jahr braucht es an Planungszeit, um sich mit den Besonderheiten des Marktes vertraut zu machen. Mit beliebigen Angeboten kann kein Unternehmer jenseits des Kanals landen. Das besondere Know-how deutscher Betriebe muss zur Geltung kommen. Dabei gilt es, zum Beispiel bei der Herstellung von Werbematerialien auf solche Kleinigkeiten wie eine britische Telefonnummer zu achten, wenn auch nur als Rufumleitung auf das deutsche Handwerkerhandy. Betriebe, die in Irland, Schottland oder England arbeiten, wissen: Eine Kooperation mit britischen Kollegen erleichtert vieles.
Solche Kontakte können Handwerker auf Fachmessen in Großbritannien herstellen. Auf der größten Baumesse der Insel, der Ecobuild, können Unternehmen jedes Jahr gute Kontakte knüpfen. "Wir helfen bei solchen Anbahnungen und bieten regelmäßig Unternehmerreisen, Matchings und Unterstützung bei Messeauftritten an. Dabei erleichtert auch die NRW International als Außenwirtschaftsförderung des Landes NRW den Start in Großbritannien", berichtet Marie-Theres Sobik.
Christian Kohnen, Inhaber einer Schreinerei mit sechs Mitarbeitern, hat auf der Insel schon einige Auslandseinsätze absolviert. 2008 hat er nördlich von London gearbeitet. "Der deutsche Qualitätsstandard ist viel höher. Nur die Kunden kennen uns nicht." Nach der Arbeit waren die Briten angetan. "Jetzt sind wir nicht mehr die kleinen Handwerker. Auch die Banker haben uns auf Augenhöhe behandelt." Die Zahlen sprechen für sich. Seinen Umsatz hat er in Großbritannien mittlerweile verdreifacht. Kohnen ist bereit, andere Handwerker als Kooperationspartner mitzunehmen. "Das lohnt sich, auch schon bei kleineren Aufträgen."
Georg Haaß arbeitet mit seiner Haustechnik-Firma seit Mitte 2006 in Großbritannien. Sicher seien die Briten von der Finanzkrise betroffen, der gigantische Bauboom sei erst einmal vorbei. Aber: Den Fachkräftemangel gebe es nach wie vor, und der Bedarf bei der Haussanierung sei vorhanden. Haaß arbeitet vornehmlich in Ein- und Zwei-Familienhäusern und empfiehlt allen Kollegen, nur gegen Vorkasse zu arbeiten, auch wenn die Zahlungsmoral in Großbritannien keineswegs schlecht ist. Haaß weiß, dass gute Vorbereitung unerlässlich ist. Der Sanitärunternehmer hat in der Planungsphase Kurse bei der Handwerkskammer belegt. "Mit den Grundzügen der Sprache kommt man schon klar. Für das Business-Englisch sollte man allerdings einen Kurs belegen.
"Bürokratie ist auch jenseits des Kanals ein Thema: Um einige Zertifikate kommen die deutschen Unternehmer nicht herum. Wer Gasanlagen installieren will, muss sich beim Gas Safe Register anmelden und einen einwöchigen Kurs absolvieren. Ausführliche Informationen dazu gibt es bei der Gewebeförderung des Handwerks (LGH), die die Ländermerkblätter "Arbeiten in Großbritannien" und "Gesundheits- und Arbeitsschutz auf britischen Baustellen" herausgegeben hat.
Eigentlich wollte Falko Burkert, der unverkennbare Schwabe, nur Freunde in Großbritannien besuchen. Doch er verliebte sich in Schottlands Schönheit. Zwölf Jahre ist das her. Heute betreibt der junge Konditor ein Café in Edinburgh und im schottischen Küstenort Gullan.
Falko Burkert startete in der Gastronomie, zunächst in Hotels – bis er schließlich einen Stand auf Edinburghs Farmers Market bezog und Backwaren anbot. "Die Leute fragten uns, wo wir denn Brot und Kuchen verkaufen, wenn wir nicht auf dem Markt sind", erzählt Burkert und schiebt selbstsicher hinterher: "Denn hier gibt's sonst kein vernünftiges Brot."
In Großbritannien futtert die Bevölkerung dem Toastbrot ähnliche Scheiben, natürlich industriell gefertigt. Falko Burkert hat nun seit vielen Jahren einen richtigen Laden am Bruntsfields Place, mittlerweile auch eine ordentliche Backstube in Gullan. Dahin musste er sich Schritt für Schritt vortasten.
Zunächst arbeitete er auf 20 Quadrametern ganz bescheiden, die Gewerbeaufsicht machte ihm Stress, weil er kein besonderes Handwaschbecken hatte, die Backstube räumte er sonntags, um überhaupt Caféplätze anzubieten. Und die Schotten sowie die zahlreichen Deutschen, die im Norden der Insel leben, wollten vor allem sein Brot und seinen Kuchen. Sogar die jüdische Gemeinde ordert koscheres Brot bei Falko Burkert. Ein Handwerksmeister ist eben flexibel.
Das Geschäft wächst, 18 Stunden dauert sein normaler Tag und gutes Personal sucht er immer. "Häufig kommen Leute aus Deutschland, weil sie einfach besser ausgebildet sind." Burkert ist sozusagen der Exporteur des dualen Berufausbildungssystems. Worüber hierzulande gerne fabuliert wird, erlebt er in der täglichen Praxis. Es gibt keinen Ausbildungsberuf zum Konditor oder Bäcker.
Burkert kann ein Lied davon singen, wie schwierig die Arbeit mit britischen Handwerkern und Dienstleistern ist. Falko hat dem "British Cake of Horror" den Kampf angesagt. Alles sei schnell zusammengeklatscht, viel zu fett und viel zu süß. Seine Lehrlinge lernen von der Pike auf. Handgemachte Backwaren eben. Die jungen Leute präsentieren sich selbstverständlich im ordentlichen Konditorendress. Das muss sein, das ist seine Arbeitsphilosophie und Handwerkstradition.
Nun gibt's Brezeln, Erdbeer- und Schwarzwälder Kirschtorten, Roggenbrot und, und, und. Mehl kauft er nicht auf der Insel, weil es nicht die nötige Qualität hat, sondern in Deutschland, auch Mandeln besorgt er sich nicht in schottischen Läden.Wer es nicht glaubt, dass auch ein solcher Arbeitstag Spaß machen kann, der sollte bei Falko Burkert vorbeischauen. Die beste Werbung fürs Handwerk!
Über den Wolken ist die Freiheit wohl grenzenlos. Nicht nur Reinhard Mey, sondern auch Norbert Schwarz kann davon ein Lied singen. Der Dachdeckermeister und Chef eines Zehn-Mann-Betriebs ist mit seinem Unternehmen auf dem britischen Markt aktiv – in England, Schottland und Irland. Zu den Baustellen fliegt er mit seinem eigenen Flugzeug.
"Ich bin ein Perfektionist und will so unabhängig sein wie möglich", versichert Schwarz. Er sitzt im Außenbereich eines Restaurants am Flughafen Mönchengladbach. Dort und in Dinslaken ist sein Flieger stationiert. Bei Kaffee und Zigarette berichtet er von seinen Erfahrungen. "Ursprünglich wollte ich in den USA aktiv werden und dort eine Niederlassung gründen", sagt er. Das hat aber nicht geklappt. Später sei er vom Außenwirtschaftsberater der Handwerkskammer Düsseldorf zu einer Unternehmerreise nach Großbritannien eingeladen worden. Das war der Startschuss für sein dortiges Engagement.
In England achtete er dann bewusst auf die Dächer. "Da dachte ich mir, verdammt noch mal, du brauchst gar nicht in die USA; hier ist auch genug zu tun." Sofort knüpfte er erste Kontakte. Zu Beginn aber müsse man dort "kleine Brötchen backen" und das Vertrauen der Menschen gewinnen, eine gewisse Basis schaffen, mit der man sich identitifizieren kann. Das hat er geschafft. Mit Höhen und Tiefen ist er seit vier Jahren in dem Königreich tätig. "2008 hatte ich dort nicht einen Auftrag. Ich war aber immer wieder da, habe mich immer wieder gezeigt, habe weiter Kontakte geknüpft – jetzt fruchtet das." Nach dem großen Einbruch während der Wirtschaftskrise gehe es jetzt wieder aufwärts.
"Ohne Flugzeug hätte ich das Geschäft nicht so vorangetrieben, wie ich das tue", verrät er. Der Flieger ist für ihn auch ein willkommenes Lockmittel für potenzielle Auftraggeber. Wenn er sie in dem Flugzeug zu Baubesprechungen bringe, sei das schon ein Anreiz, Schwarz den Auftrag auch zu erteilen.
"Die Fliegerei ist wie eine Sucht; da passt es gut, dass ich das auch beruflich machen kann." Dabei schaut er einem startenden Fliegern hinterher und schweift ab, um eine Anekdote über den Piloten zu erzählen, der da gerade abhebt. Er selbst besitzt den Flugschein schon seit 1998 – also schon lange bevor er auf dem britischen Markt aktiv wurde. Für dieses Engagement hat er sich eigens eine größere und schnellere Maschine angeschafft. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von 350 Kilometern pro Stunde braucht er zwei Stunden bis Mittelengland. "Außerdem hat es die passende Ausstattung, um bei jedem Wetter fliegen zu können."
Wenn es in der Nähe der jeweiligen Baustelle keinen großen Flughafen gibt, kann er so seine Mitarbeiter schnell zu ihrem Einsatzort bringen. "Es geht ja darum, wie schnell sie produktiv werden und Geld für mich verdienen." Bei längeren Einsätzen hole er seine Jungs mit dem Flieger auch schon mal für ein Wochenende nach Hause. Das steigere die Motivation.
Um auf den Baustellen so effizient wie möglich arbeiten zu können, transportiert er alle Materialien mit dem eigenen Sattelschlepper. "Ich habe extra eine Sattelzugmaschine angeschafft, auf die verschiedene Trailer passen – damit bin ich flexibler." So ist immer alles da, was gebracht wird, und er spart zusätzlich Geld. Eine Spedition würde für den Transport bis zu 2.400 Euro nehmen – für einen Weg. "Wenn ich selber fahre, kostet das nur 1.000 Euro." Er arbeitet nun daran, die Sach- und Fachkundeprüfung für den Güterverkehr abzulegen. So kann er auf dem Rückweg Ladung von Speditionen aufnehmen und damit zusätzlich Geld verdienen.
Zudem ist auf dem Hänger eine mobile Klempnerei installiert. "So können wir vor Ort alles passgenau fertigstellen." Das sei im Ausland auch ein echter Hingucker. Viele Menschen würden unvermittelt stehen bleiben und seinen Leuten bei der Arbeit zusehen. Und sollte auf der Baustelle nicht alles so schnell gehen, wie Schwarz sich das vorstellt, fliegt er kurzerhand mit seinem Vorarbeiter, mit dem er seit über 14 Jahren zusammenarbeitet, über den Kanal, um noch mal "richtig Gas zu geben".
Er selbst würde sich als superehrgeizig bezeichnen, seine Frau nennt ihn einen Workaholic. "Für das, was ich alles mache, braucht man schon die richtige Frau." Und die hat er. Familiäre Probleme habe er durch sein großes berufliches Engagement keine. Gut so, denn er hat noch viel vor: Noch in diesem Jahr möchte er in England eine Niederlassung gründen und auch noch andere Märkte wie die in Frankreich, Spanien oder Dänemark erobern.
Jenseits unserer Grenzen wird das Können deutscher Handwerker oft überaus geschätzt. Wer den Sprung ins Ausland wagt, hat deshalb gar nicht so selten wirtschaftlichen Erfolg. Ein Beispiel ist der deutsche Konditor Gerhard Jenne in London. Das Straßenschild an der Roupell Street ist verblasst, daneben prangt ein schickes neues. Die Straßenzeichen sind Sinnbild für den Wandel der Londoner Southbank. Früher sei hier totes Gelände gewesen, eine Riesenbaustelle um die Waterloo-Station. "Die Leute haben mich für wahnsinnig erklärt, hier zu investieren", erzählt Gerhard Jenne, deutscher Erfolgs-Konditor in der britischen Metropole. 20 Jahre ist es jetzt her, dass der heute 53-Jährige aus dem badischen Bahlingen den Schritt in die Selbstständigkeit wagte.
Geh zu weiblichen Bankberatern, die haben mehr Ahnung von deinem Metier, rieten Freunde. Und sie behielten Recht und Jenne bekam das Geld geliehen. 110.000 Pfund Umsatz machte die Vorgängerbäckerei, dabei aber 50.000 Miese, das Terrain war keineswegs bestellt. Doch Jenne zeigte Mut und hat den Umsatz bis heute verzehnfacht. Mit Magic Cakes, Curly Whirly, Brownies startet der Konditormeister durch. Immer kreativ, immer neue Dinge entwickelnd. Heute besitzt er sechs Läden, erwirtschaftet mit Kuchen und Torten, Mittagstisch und Abverkauf von Getränken einen Umsatz von 4,5 Millionen Euro. Etwa 90 Mitarbeiter zählen zu seinem Konditor & Cook. Jeder Laden hat eine eigene Backstube.
Im Gherkin, dem gurkenähnlichen Bürohaus in der Londoner City, kann der Besucher in Konditor & Cook auch Platz nehmen und den Bankern bei einer Tasse Kaffee zuschauen, wie sie durch die Straßen hetzen. Läuft hier das große Geschäft? Der Konditor schüttelt den Kopf. Nein, sein Laden Waterloo an der Roupell Street ist der umsatzstärkste. Und so ganz sein Ding sind die Leute der City nicht. Ein bisschen langweilig sind die, möchte man seinen Worten entnehmen. Kein Wunder, Jenne zählte seinerzeit zu den jungen aufbegehrenden Typen der 80er. Er lief mit Punkmähne rum, hatte die Haare gefärbt, und ein Teil des Geldes, das er als junger Geselle in der Nachtbackstube des Swiss-Center verdiente, landete in den Clubs und coolen Restaurants der Stadt. Seine Ausbildung hatte er noch in Deutschland gemacht, bei der Konditorei Kreuzkamm und bei Café Macher.
"Dann habe ich mich gefragt, wo ich was machen kann. Ich wollte schon immer raus von zu Hause." Die Frage, ob er den elterlichen Weinbaubetrieb übernehmen wolle, stellte sich erst gar nicht. Nach einem kurzen Zwischenspiel in der Bäckerei seines Schwagers, der Konditorenlehre und der Arbeit im Londoner Swiss-Center landete er schließlich beim Delikatessenhändler Justin de Blank. "Es war schon unglaublich, bei Café Macher habe ich mit hochtechnologischen Geräten gearbeitet und bei Justin einfach mit der Küchenrolle und einem Miniofen." Dort gab es keine Firmenstrategie für die Backstube, Jenne konnte ausprobieren, im wahrsten Sinne des Wortes.
Justin de Blank war angesagt. Diana und Fergie kauften Kuchen, die Stones schickten ihre Einkäufer und Ringo Starr arbeitete gleich nebenan. Klar, dass Ringo mal eben durch die Backküche spazierte und hin und wieder mit dem Konditorenteam plauschte. Eines Tages kommt der Beatles-Musiker vorbei, während Gerhard Jenne mal wieder eine Torte verfeinert, genauer die Geburtstagstorte für die Tochter des Stones-Schlagzeugers Charlie Watts. "Ich habe Ringo gefragt, ob er nicht mit der Zuckergussspritze einen Gruß schreiben wolle.... Und er hat es gemacht."
Jenne ist kein Promibäcker und will es auch nicht sein. Aber es ist schon ein dickes Lob, wenn Al Pacino sich für seinen Schoko-Kuchen anstellt. Der deutsche Handwerker hat es geschafft, auch dank seiner Fortbildung zum Konditormeister in München. Dafür ist er eigens nach Deutschland zurückgekehrt. "In London habe ich dann wieder bei Justin gearbeitet und bin richtig durchgestartet. Der Meister war gut und wichtig!" Er habe es geschafft, das deutsche Know-how und den englischen Geschmack zu vereinen. "Die Briten stehen eben nicht auf Sahnetorten."
Heute ist das Geschäft nicht immer "easy", aber er ist fest überzeugt, dass gute Leute auch heute noch riesige Chancen in Großbritannien haben – egal ob Konditor oder Sanitärhandwerker. Jennes Konzept stimmt. Er beliefert nicht nur Museen und Firmen, sondern denkt sich immer neue Dinge aus. Die Backschule etwa, die rege Nachfrage findet, oder das Onlineangebot, das immerhin schon einen Umsatz von 8.000 Pfund die Woche bringt. Seine weitere Perspektive: Erst mal keinen neuen Laden mehr aufmachen. "Nein, vor zehn Jahren haben wir gesagt, bald setzen wir uns als Chefs zu Ruhe, aber das Gegenteil passiert. Abends sitzen wir am Rechner und kalkulieren." Der Ruhestand muss noch warten, sagt Jenne und grinst. Traurig sieht er dabei nicht aus.
Aufregende Städte oder tolle Küstenregionen. In Großbritannien ist für jeden Geschmack etwas dabei, damit wirbt die britische Tourismuszentrale Visit Britain. Eine gelungene Mischung aus historischem Hintergrund, aktuellen Angeboten und Touristentipps auf den britischen Inseln. Wie wollen Sie hinfahren? Mit Bus, Fähre, durch den Tunnel oder per Flugzeug - alle Varianten werden vorgestellt. Tickets können bequem online gebucht werden.
Wer in Flats oder Appartements unterkommen möchte, kann sich beim Online-Vermittlungsdienst wimdu ausgiebig informieren.
Die britische Hauptstadt entpuppt sich für Besucher als Metropole voller Gegensätze. Ob im Gourmet-Bezirk Clerkenwell, dem Literatenviertel Bloomsbury oder im kreativen East End, überall trifft Innovation auf Tradition. Nur wenige Minuten von der Londoner City entfernt liegt ein Stadtviertel, das sich zum Szenetreff mausert. Coole Bars, eine der größten Discos der Stadt, die Fabric, und – wie man hört – residieren die besten Köche der Metropole im Stadtbezirk Clerkenwell. Am Exmouth Market, im oberen Teil des Viertels, finden sich eine Reihe von feinen Restaurants, Konditoreien und typischen Pubs.
Die Patisserie Sweet Desserts, das britische Restaurant Moro oder das Caravan. In der St. John Street, die bergab zum Schlachthof Smithfield führt, entdeckt man weitere gute Restaurants wie den Vietnamesen Pho, das französische Bistro du Vin oder das Portal. Von dort fußläufig entfernt raten Insider, The Modern Pantry oder das schicke Bistro Bruno Loubet zu besuchen. Hier sitzen Leute, die auch mal gerne ein paar Pfund mehr für gutes Essen zahlen. Wer es handfester mag, dem sei der Bratwurstimbiss Kurz and Lang angeraten. Der deutsche Ex-Banker Valentin von Ambsberg brät dort deutsche Bratwurst und Currywurst aus handwerklicher Schlachtung, made in Westerwald.
Wer sich in Clerkenwell umschaut, sieht viele Ziegelsteinfassaden. In den früheren Speicherräumen für Backsteine liegen die heute modernen und gut restaurierten Restaurants, Lofts und Wohnungen, von denen der London-Besucher gut mit Bus, Metro oder auch zu Fuß ins Herz der Stadt gelangen kann: Das Literatenviertel Bloomsbury im Umfeld der Londoner Hochschulen, das Britische Museum, das frühere Rotlichtviertel Soho, die exotische Chinatown oder die legendären Plätze Piccadilly und Trafalgar Square. Westminister Abbey und die Houses of Parliament sowie der Buckingham Palace sind etwas weiter entfernt. Wer gut zu Fuß ist, schafft auch das.
London überrascht einen immer wieder. Hier zeigt sich eine Stadt der Gegensätze: Die Immobilien sind sehr schick, aber auch sehr teuer. Selbst in den früher extrem armen Stadtteilen des East End sind mittlerweile die Preise heftig angezogen. Sozialwohnungen gibt es noch, sie werden aber zunehmend von den betuchten Angestellten aus dem Bankenviertel aufgekauft. Es entsteht eine innovative, kreative Szene, die nicht allen alten Bewohnern des Londoner Ostens gefällt.
HandwerkFür den Touristen ist der Besuch dieser Stadtteile hochspannend. Einwohner aus Bangladesch, Indien und Angestellte aus der Finanzbranche mischen sich. Die rasanteste Wandlung haben tatsächlich die früheren Hafengebiete vollzogen. Die Docklands zeigen eindrucksvoll die Seite eines neuen London. Die Geschäftswelt der Commercial Road, die direkt in das alte Hafengelände führt, wird zwar noch beherrscht von Großhändlern aus Bangladesch und Indien. Fast wie vor 20 Jahren, als es noch keine schickeren Läden im East-End gab. Heute findet der Besucher neben den asiatischen Läden aber auch Möbelanbieter wie Ligne Roset.
Geblieben ist der Charakter des berühmten Brick Lane Markts. "Hier kaufen die armen Leute Londons", sagt ein Kenner der Szene. Ein lebendiger Markt, auf dem fast alles feilgeboten wird. Neben den coolen Graffiti in den Seitenstraßen der Hauptstraße Brick Lane stehen Lederhändler neben Bücherverkäufern und Food-Anbietern. Straßenmusiker spielen gekonnt auf. Die Bewohner des East End und Besucher des Marktes haben die von Margaret Thatcher in den 80er Jahren vorangetriebene Turboentwicklung des alten Londoner Hafens mit Argwohn betrachtet. Das neue, schicke London mit Anlegestegen für die Wohlhabenden war den einfachen Menschen suspekt. Die Einwohnerzahl hat sich in den Docklands mittlerweile verdoppelt, bis 1981 wohnten etwa 30.000 Menschen hier. 83 Prozent in Sozialwohnungen. Die übrigen in Eigentum. Heute haben sich die Zahlen verkehrt.
Wohnungs- und Zimmervermittlungen gibt es einige für London. Sie bieten eine gute Alternative zum Hotelaufenthalt. Ideal für Selbstversorger, die sich mehr Platz und Komfort für ihre Städtereise wünschen. Je nach Geldbeutel lässt sich das Wohnniveau beliebig nach oben steigern. Das Angebot des Onlinevermittlers wimdu.de bietet einen guten Überblick, in der Regel ordentliche Fotos und Beschreibungen der Wohneinheiten. Kaution und Reinigungsgebühren sind obligatorisch. Die Schlüsselübergabe wird je nach Uhrzeit mit oder ohne Zusatzgebühr individuell mit den Besuchern vereinbart. Wer allgemeine Infos über Großbritannien benötigt, kann sie auf visitbritain.com nachlesen.
Dreht man den modernen Bauten um die Canary Wharf, dem ersten Hochhaus im neuen Areal, den Rücken zu, und fährt zurück Richtung City, landet man im alten East End. Hier läuft der Besucher die Brick Lane runter bis zur Columbia Road, unwillkürlich sieht man eine Vielzahl kleiner Antiquitätengeschäfte und anderer Szeneläden. Nicht zu vergessen der einzigartige Blumenmarkt, der sonntags Besucher aus allen Ecken der Stadt anzieht und mit Tüten voller Pflanzen wieder entlässt.
Das ist das eine London, ganz anders als das West End um Portobello Road oder die edle Einkaufsmeile Kings Road in Chelsea mit ihren schicken weißen Häuserreihen - mit Säulen und eindrucksvollen Portalen. Die Stadt pulsiert in ihrer Gegensätzlichkeit. Sie spiegelt das Commonwealth mit seinen vielen Nationen, mit einer kaum vergleichbaren Tradition und Hinwendung zu den Überseeregionen. London steht auch ein gutes Stück für die Distanz zum Kontinent. Das ist britisch, völlig normal und gewollt. Das Welcome für Touristen jenseits des Kanals ist dennoch selbstverständlich. Und es sei jedem Besucher der Hauptstadt angeraten, mal abwärts der ausgetrampelten Touristenpfade den Londoner Osten zu entdecken.
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